Martin Rohner, CEO Alternative Bank Schweiz
Martin Rohner, CEO Alternative Bank Schweiz. (Foto: ABS)
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Rohner, die Alternative Bank Schweiz blickt auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2014 zurück. Der Reingewinn konnte auf 1,1 Mio Franken gesteigert werden, die Bilanzsumme wuchs um 14,5 % auf 1,59 Mrd Franken. Wie werten Sie das Resultat?
Martin Rohner: Wir haben ein gutes Jahr hinter uns und freuen uns über dieses Resultat. Diesen wirtschaftlichen Erfolg sehe ich als Zuspruch an die Alternative Bank Schweiz. Inmitten der vielen Veränderungen, die die Finanzwirtschaft in Atem halten, sind wir mit unserem konsequent nachhaltigen Geschäftsmodell als Alternative anerkannt.
Die ABS hat im vergangenen Jahr erstmals über 1 Mrd Franken Kredite vergeben. In welche Art Projekte und Unternehmen sind diese geflossen?
83 Prozent der Kredite haben wir an Projekte und Unternehmen vergeben, die einen sozialen und ökologischen Mehrwert bringen. Das sind beispielsweise grosse Wohnbaugenossenschaften, die erschwinglichen Wohnraum anbieten, Projekte im Bereich erneuerbare Energie oder biologische Landwirtschaft.
Könnten Sie uns dies an einem konkreten Beispiel aufzeigen?
2014 haben wir beispielsweise die Baugenossenschaft Schönheim mit einem grossen Kredit unterstützt. Sie erstellt im Zürcher Quartier Albisrieden 90 Wohnungen und saniert 63 bereits bestehende. Die Genossenschaft schafft damit verdichteten Wohnraum und wird diesen zudem zu erschwinglichen Preisen vermieten.
«Zahlreiche Projekte im Bereich erneuerbare Energie hätten ohne die ABS nicht oder nur in geringerem Umfang realisiert werden können.»
Martin Rohner, CEO Alternative Bank Schweiz
Sie haben die Wirkung der ABS als Bank im Bereich der Erneuerbaren Energien untersuchen lassen. Welche Resultate zeigt die Studie auf?
Die Studie zeigt, dass zahlreiche Projekte im Bereich erneuerbare Energie ohne die ABS nicht oder nur in geringerem Umfang hätten realisiert werden können – trotz des heutigen Tiefzinsumfelds. Das hat mich überrascht und gefreut. Weiter belegt die Studie, dass die Wirkung, welche die ABS erzielt, bei Nischenprojekten mit potenziell höheren Finanzierungsrisiken am grössten ist. Das sind beispielsweise Biogas-Anlagen oder Geothermie-Projekte.
Welches sind die Mindestanforderungen der ABS bei der Kreditvergabe?
Natürlich müssen bei uns alle Projekte den regulatorischen Mindestanforderungen für eine Finanzierung genügen. Hinzu kommen unsere eigenen sozialen und ökologischen Kriterien: Ein Projekt darf beispielsweise nichts mit Rüstungsindustrie zu tun haben, keine Menschenrechte verletzen und nicht zur Zersiedelung beitragen.
Wie hat sich das höhere Kreditvolumen auf die Zinserträge ausgewirkt?
Dank dem höheren Kreditvolumen konnten wir die Zinserträge in diesem Jahr wieder steigern. Sie haben Ende 2014 rund 20,3 Mio. Franken betragen. Das sind 828 000 Franken mehr als im Vorjahr.
Wie gross ist die Nachfrage nach den im Mai 2014 neu lancierten Vermögensverwaltungsmandaten?
Die Nachfrage ist gross und hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen. 135 Kundinnen und Kunden haben sich für eines der Vermögensverwaltungsmandate entschieden. Total haben sie uns rund 54 Millionen Franken anvertraut.
«Bei der ABS setzt sich das Anlageuniversum aus wenigeren, dafür konsequent nach sozial-ethischen und ökologischen Kriterien ausgewählten Unternehmen zusammen.»
Wie herausfordernd ist es für eine Bank, verantwortungsbewusst Geld anzulegen?
Wirklich sozial und ökologisch und damit verantwortungsbewusst anzulegen ist eine grosse Herausforderung. Die beginnt beispielsweise schon bei der Wahl der Titel in die investiert werden soll: Wer einfach die besten zehn Prozent aus einer an sich fragwürdigen Branche ins Titeluniversum aufnimmt, betreibt lediglich Schadensbegrenzung. Bei der ABS setzt sich das Anlageuniversum darum aus wenigeren, dafür konsequent nach sozial-ethischen und ökologischen Kriterien ausgewählten Unternehmen zusammen. Eine weitere Herausforderung besteht bei der Wirkung der Geldanlagen: Wer nachhaltig anlegt, will eine positive Wirkung auf Umwelt und Gesellschaft erzielen und das möglichst direkt. Fakt ist aber: Bei Aktien, die über die Börse gehandelt werden, fliesst das Geld zum vorherigen Besitzer und nicht in die Firma, die man gerne unterstützen möchte. Die Wirkung ist also indirekt. Die ABS kann sich diesem Mechanismus nicht entziehen. Dafür weist sie bei allen Vermögensverwaltungsmandaten den Anteil an Titeln mit indirekter Wirkung aus und legt fest, wie viel Geld in Anlagen mit direkter Wirkung fliessen soll.
Können Sie uns auch hier ein praktisches Beispiel aus dem Anlageuniversum der ABS geben?
In unserem Anlageuniversum ist zum Beispiel die Gamesa Corporación mit Sitz in Spanien. Das Unternehmen ist auf die Produktion von Windenergieanlagen spezialisiert. Allein im Geschäftsjahr 2013 wurden mit diesen Anlagen rund 6,2 Millionen Tonnen an Treibhausgasen eingespart. Gamesa erzielt aber nicht nur mit dem Vertrieb von Windrädern eine positive ökologische Wirkung: Auch bei der Produktion selbst setzt das Unternehmen auf Nachhaltigkeit.
Die ABS ist Partner der Crowdfunding-Plattform 100-days.net und unterstützt auch dort Projekte. Nach welchen Kriterien?
Bis im Herbst 2015 unterstützen wir jeden Monat ein Projekt auf der Crowdfunding Plattform 100-days.net mit 1000 Franken. Die Projekte müssen einen Mehrwert für die Gesellschaft als Ganzes anpeilen und im Kern sozial und ökologisch sein. Zudem sollen sie neuartig sein und entwickelt und ausgebaut werden können.
Crowdfunding könnte längerfristig zu einer Konkurrenz für Banken werden. Ist dies der Grund, warum die ABS in diesem Bereich aktiv geworden ist?
Crowdfunding ist ein spannender Trend, der vom Grundgedanken her sehr gut zu unserem Geschäftsmodell passt: Im Zentrum steht die Solidarität zwischen Geldgebenden und Geldnehmenden und nicht der Profit. Unser Engagement gibt uns einen wertvollen Einblick in die neue Entwicklung.
«Wurde die ABS bei Ihrer Gründung noch belächelt, ist sie heute in der Schweizer Bankenlandschaft fest etabliert.»
Die ABS feiert dieses Jahr ihr 25jähriges Bestehen. Welche Bilanz ziehen Sie anlässlich des Jubiläums?
Wir sind stolz auf das, was wir erreicht haben. Wurde die ABS bei Ihrer Gründung noch belächelt, ist sie heute in der Schweizer Bankenlandschaft fest etabliert. Wir bieten inzwischen von der Hypothekarfinanzierung bis zur Vermögensverwaltung nahezu alle Bankdienstleistungen an, die man sich als Kundin oder Kunde von einer Bank wünscht. Äusserlich hat sich also viel verändert in den letzten 25 Jahren. Die Ziele und die Mission, die uns die Gründerinnen und Gründer der Bank mit auf den Weg gegeben haben, haben wir aber nicht preisgegeben. Heute sind wir deshalb eine echte Alternative sowohl was die Ausrichtung der Bank anbelangt, als auch mit unserem Angebot.
Wie sehen Sie die Entwicklung der ABS in den kommenden Jahren?
Ich bin zuversichtlich, dass unser zukunftsweisendes Modell noch viele Menschen in der Schweiz begeistern wird!
Herr Rohner, besten Dank für das Interview.
Zur Person
Martin Rohner ist seit Januar 2012 der Vorsitzende der Geschäftsleitung der Alternativen Bank Schweiz. Er hat an der Universität St. Gallen Ökonomie studiert und hat ein Masterdiplom der Universität Cambridge in Umwelt und Entwicklung. In seiner bisherigen beruflichen Laufbahn war er beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), bei der Weltbank und bei der Interamerikanischen Entwicklungsbank tätig. Als Geschäftsleiter der Max Havelaar Stiftung (Schweiz) hat er während sechs Jahren die Entwicklung des fairen Handels in der Schweiz massgeblich geprägt.