SGKB investment views: Das Gold glänzt nur matt
St. Gallen – Die Unsicherheit an den Aktienmärkten hat im Oktober spürbar zugenommen. Aktien, die innert kurzer Zeit 10% oder mehr verlieren, häufen sich. Die Angst vor einer Abschwächung der Weltwirtschaft geht um, verstärkt durch die politischen Risiken in Europa und den USA. Das ist das Umfeld, von dem der Goldpreis profitiert, müsste man meinen. Dem ist bisher aber nicht so. Der Goldpreis ist im Oktober um 3% gestiegen, liegt aber immer noch 10% unter dem Wert des Frühjahrs.
Der Goldmarkt umfasst pro Jahr rund 4’500 Tonnen und ist ein recht stabiles Gebilde. 75% davon werden durch die Goldminen aus ihrer Produktion auf den Markt gebracht. Der Rest stammt aus dem Recycling von Altgold. Auf der Nachfrageseite ist der Schmuck der wichtigste Faktor. 2’200 Tonnen Gold und damit rund 50% des Goldangebots werden zu Schmuck verarbeitet. Davon geht rund die Hälfte nach China und Indien, die dominierenden Nachfrager nach Goldschmuck. 1’250 Tonnen werden in Form von Goldbarren und Goldmünzen als Investment gekauft. Die Nachfrage nach Barren und Münzen ist über die Zeit konstant und hängt nur wenig von der Stimmung an den Finanzmärkten ab. 300 Tonnen Gold werden jährlich industriell verarbeitet, insbesondere in der Elektronikindustrie. Seit ein paar Jahren gehören auch die Zentralbanken wieder zu den Nettokäufern. 2017 haben sie 375 Tonnen zusätzlich in ihre Schatullen gelegt.
Gold ETFs als Zünglein an der Waage
Das Angebot und die Nachfrage der erwähnten Akteure im Goldmarkt verändern sich über die Zeit nur wenig und halten den Markt im Gleichgewicht. Das Zünglein an der Waage, ob der Goldpreis im Trend steigt oder fällt, sind die bisher noch nicht erwähnten Zu- und Abflüsse durch die kurzfristig orientierten Investoren in den Gold-ETF. Zwischen 2012 und 2015, als der Goldpreis von 1800 Dollar pro Unze auf 1050 Dollar gefallen ist, haben die Gold-ETF über 1000 Tonnen an Volumen verloren. Entsprechend haben diese Fonds 1000 Tonnen Gold zusätzlich auf den Markt geworfen. 2016 sind ihnen wieder 550 Tonnen zugeflossen, was den Goldpreis auf 1350 Dollar angehoben hat. Seither sind die Bewegungen in den Gold-ETF vergleichsweise klein. Im Oktober haben die Investoren in diesen Fonds netto 40 Tonnen dazugekauft, was keine aussergewöhnliche Bewegung ist. Eine Flucht der Anleger in den sicheren Hafen des Goldes ist das nicht.
Gold-Euphorie nicht in Sicht
Die Argumente für eine anhaltende Gold-Hausse stechen nicht. Die Entwertung nominaler Anlagen durch eine hohe Inflation muss nicht befürchtet werden. Die Welt strotzt zwar vor Krisenherden. Eine grosse weltumfassende Krise wie die Finanzkrise 2008 ist aber nicht zu erkennen. Und zuletzt steigen die Zinsen in den USA. Das stärkt den Dollar und ein starker Dollar ist Gift für das gelbe Metall. Warum das so ist, ist ökonomisch schwer zu erklären und gehört zu den Eigenheiten, die an den Finanzmärkten einfach vorkommen. Die Phantasie für das Gold ist für die nächsten Monate somit gering. Ich gehe davon aus, dass der Goldpreis im Bereich zwischen 1200 und 1300 Dollar pro Unze pendelt und erst im Verlaufe des nächsten Jahres leicht höher tendieren könnte. Das heisst nicht, dass man Gold als Anleger nicht halten soll. Ein Anteil an Gold von 5% bis 10% des Portfolios macht Sinn. Dieser Posten wird kurzfristig kaum Erträge abwerfen und muss als Vorsorge gegen schlechtere Zeiten betrachtet werden.
Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 35 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von 7,5 Milliarden Franken. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreseren.