Artenreiche Wälder speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie Monokulturen

Artenreiche Wälder speichern doppelt so viel Kohlenstoff wie Monokulturen
Jede Parzelle zu je 670 Quadratmetern wurde mit unterschiedlichen Mischungen an Baumarten bestückt. (Bild UZH)

Zürich – Subtropische Wälder mit grosser Artenvielfalt nehmen im Durchschnitt doppelt so viel Kohlenstoff auf wie Monokulturen. Ein internationales Forscherteam mit Beteiligung der Universität Zürich hat Daten von eigens angelegten Wäldern in China mit über 150’000 Bäumen ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass Wiederaufforstungen mit vielen verschiedenen Bäumen auch dem Arten- und Klimaschutz nützen.

Im Jahr 2009 startete in China ein einmaliges Waldexperiment, an dem auch die Universität Zürich beteiligt ist. Das gross angelegte Biodiversitätsprojekt untersuchte die Bedeutung der Artenvielfalt in Wäldern. Es wurden Baummischungen mit verschiedener Anzahl an Arten angepflanzt – von der Monokultur bis zum artenreichen Wald mit 16 verschiedenen Baumarten pro 670 Quadratmeter.

Nach acht Jahren speicherte ein solcher Wald in seiner oberirdischen Biomasse durchschnittlich 32 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar. Eine durchschnittliche Monokultur brachte es dagegen nur auf 12 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar – also nicht einmal die Hälfte. Bei der Fotosynthese nehmen die Pflanzen Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf und setzen den Kohlstoff zu Biomasse um. Speichert ein Wald mehr Kohlenstoff, verbessert dies die Produktivität des Waldes und hilft gleichzeitig, Treibhausgase zu reduzieren.

Wald mit Artenvielfalt ist produktiver
Dass mit der Artenvielfalt die Produktivität steigt, war zuvor bereits durch Experimente in Wiesen-Ökosystemen in den USA und Europa gezeigt worden. Für den Wald wurde dagegen ein geringerer oder kein Effekt der Biodiversität vermutet, da man annahm, dass alle Baumarten ähnliche ökologische Nischen hätten. Offenbar war diese Vermutung falsch: «Im Waldexperiment in China nahm die Biomasse ebenso schnell zu wie im Grasland. Dadurch gab es bereits nach vier Jahren deutliche Unterschiede zwischen der Monokultur und dem artenreichen Wald», erklärt Prof. Dr. Helge Bruelheide von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), die mitverantwortlich für die Feldexperimente waren. Diese Unterschiede wurden über weitere vier Messjahre beständig grösser.

«Diese Ergebnisse haben grosse ökologische und ökonomische Bedeutung», unterstreicht Prof. Bernhard Schmid von der Universität Zürich, der Letztautor im über 60-köpfigen Autorenteam der aktuellen Publikation in Science. Eine vorangegangene Studie hatte bereits einen positiven Zusammenhang zwischen Artenvielfalt und Kohlenstoffspeicherung aufgezeigt. Allerdings beruhte sie auf reinen Beobachtungen in natürlich gewachsenen Wäldern in China. «Es war daher nicht möglich, eindeutig nachzuweisen, dass die höhere Artenvielfalt der Grund für die höhere Produktivität war. Nun kommen wir jedoch mit einem Experiment unter kontrollierten Bedingungen zum selben Ergebnis: Ein Wald mit vielen verschiedenen Baumarten ist produktiver als eine Monokultur», ergänzt Prof. Dr. Keping Ma vom Institute of Botany der Chinese Academy of Sciences in Peking und Co-Leiter des Projekts.

Höhere Produktivität und besserer Klimaschutz
Weltweit gibt es Pläne für grosse Wiederaufforstungsprogramme, um mit neuen Wäldern Klimaschutz zu betreiben. Allein in China wurden zwischen 2010 und 2015 pro Jahr 1,5 Millionen Hektar Wald neu angepflanzt – allerdings hauptsächlich mit schnell wachsenden Monokulturen. «Unsere neuen Untersuchungen zeigen, dass Wald nicht gleich Wald ist, wenn es um den Klimaschutz geht: mit einer Monokultur wird nicht einmal die Hälfte der angestrebten Ökosystemdienstleistung erreicht, erst mit Artenmischungen kann die volle Leistung erreicht werden. Zudem könnte mit dem Anpflanzen von artenreichen Wäldern gleichzeitig die Biodiversität geschützt werden», gibt Bernhard Schmid zu bedenken. «Leider herrscht auch bei uns noch immer die Falschmeinung vor, Produktivität und Biodiversität würden sich gegenseitig ausschliessen – das Gegenteil ist aber der Fall.» Artenreiche Wälder sind auch weniger empfindlich gegenüber Krankheiten oder extremen Wettereignissen, die durch den Klimawandel immer häufiger werden.

Rechnet man die im Experiment beobachteten Effekte auf die weltweit vorhandenen Wälder hoch, ergibt sich, dass ein Rückgang der Baumarten um zehn Prozent zu Produktionsverlusten von 20 Milliarden US-Dollar weltweit pro Jahr führen würde. Dieses Ergebnis zeige, dass es sich bei Aufforstungen auch wirtschaftlich bezahlt macht, Mischkulturen zu verwenden, so die Forschenden. (Universität Zürich/mc/ps)

Literatur:
Yuanyuan Huang et al: Impacts of species richness on productivity in a large-scale subtropical forest experiment, Science, 5. Oktober 2018. DOI: 10.1126/science.aat6405

BEF-China: grösstes Experiment seiner Art weltweit
Im Projekt «BEF-China» untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Bedeutung der Artenvielfalt von Bäumen und Sträuchern in Wäldern in China. «BEF» steht dabei für «Biodiversity-Ecosystem Functioning», also den Zusammenhang zwischen biologischer Vielfalt und dem Funktionieren von Ökosystemen. Das Projekt BEF-China ist das erste Waldexperiment zur biologischen Vielfalt, das in den aussergewöhnlich artenreichen Subtropen etabliert wurde.

Beim Experiment BEF-China wurden 2009 und 2010 über 30 Hektar Wald in einem Berggebiet 400 Kilometer westlich von Shanghai neu angepflanzt. Die über 500 Parzellen zu je 670 Quadratmetern wurden mit unterschiedlichen Mischungen an Baumarten bestückt, um diese später miteinander vergleichen zu können. Das macht BEF-China zum grössten Experiment seiner Art weltweit. Dadurch wird es möglich, zahlreiche Ökosystemfunktionen zu messen, besonders auch solche, von denen wir Menschen profitieren wie Kohlenstoffspeicherung oder Holzproduktion aber auch Erosionsvermeidung.

Am Projekt beteiligt sind über 20 Chinesische, Deutsche und Schweizer Universitäten und Institute. Gefördert wurden die Untersuchungen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Chinese Academy of Sciences, der National Natural Science Foundation of China (NSFC), vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNSF) und von der EU. http://www.bef-china.de

Universität Zürich

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