Union Investment: Paradigmenwechsel in der nachhaltigen Kapitalanlage

Union Investment: Paradigmenwechsel in der nachhaltigen Kapitalanlage
Von Alexander Schindler, Vorstandsmitglied Union Investment. (Foto: Union Investment)

Frankfurt – Die Geldanlage nach Kriterien der Nachhaltigkeit erfährt einen Bedeutungswandel. Waren sogenannte ESG-Investments bisher eher die Kür, so werden sie für Investoren zunehmend zur Pflicht. Auslöser hierfür ist eine Entwicklung, in der die ökonomische Perspektive der nachhaltigen Kapitalanlage zunehmend in den Vordergrund gerückt ist.

Für die aktuelle Nachhaltigkeitsstudie von Union Investment wurden mehr als 200 institutionelle Investoren befragt. Die Studie führte unter anderem zu folgendem bemerkenswerten Ergebnis: Die grosse Mehrheit der Investoren verbindet nachhaltige Kapitalanlagen vor allem mit ökonomischen Aspekten. Ökologische, soziale sowie Kriterien der Governance spielen nach wie vor eine wichtige Rolle, wurden aber von den Anlegern deutlich weniger oft benannt. Hingegen sehen 75 Prozent der befragten Investoren nachhaltige Investments vor allem in einem wirtschaftlich bezogenen Kontext. Im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 64 Prozent. Wie lässt sich ein solcher Befund erklären?

Der Weg zur ökonomischen Perspektive
Die nachhaltige Kapitalanlage ist kein neues Thema. Seit gut 20 Jahren beschäftigt es professionelle Geldanleger. Zunächst waren es kirchliche Einrichtungen und Stiftungen, die sich diese Art der Geldanlage vor allem aus moralischen Gründen auf ihre Fahnen geschrieben hatten. Sukzessive drang das Thema danach auch bei anderen Investorengruppen durch. Mit Gründung der UN PRI vor rund zehn Jahren erhielt Nachhaltigkeit dann erstmals eine systematische Verankerung im Asset Management. Die Principles for Responsible Investment (PRI) sind eine Investoreninitiative, die mit dem Ziel ins Leben gerufen wurde, Grundsätze für die verantwortungsbewusste Kapitalanlage zu entwickeln. Diese Prinzipien spiegelten die zunehmende Bedeutung der Bereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung für Investitionsentscheidungen wider. Gleichzeitig nahmen sie erstmals auf global-institutionalisierter Ebene Anleger in die Verantwortung, durch die entsprechende Lenkung von Kapitalströmen einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Heute verfügt die Initiative weltweit über 1800 Unterzeichner, die sich den Prinzipien des verantwortungsvollen Investierens verpflichtet fühlen.

Eine weitere Zäsur im Verständnis der nachhaltigen Kapitalanlage stellen ohne Zweifel der Klimawandel und die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft dar, diesen aufzuhalten. Denn die Diskussion über die Folgen des Klimawandels rückt die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit verstärkt in den Vordergrund, auch für Investoren. Es ist davon auszugehen, dass die globale Erwärmung zu gravierenden volkswirtschaftlichen Schäden führen wird, die sich leicht auf mehrere Billionen US-Dollar belaufen können. Die Verödung von Landstrichen, Hitzewellen, Sturm- und Flutschäden sowie der Anstieg des Meeres gefährden Produktionsanlagen und Infrastruktur ebenso wie die Landwirtschaft. Sie verursachen immense soziale und wirtschaftliche Kosten.

Tragfähigkeit von Geschäftsmodellen
Unabhängig von den makroökonomischen Auswirkungen entfaltet die Klimaerwärmung für Investoren eine ganz konkrete Wirkung. Denn sie stehen vor der Herausforderung, ihre Portfolioallokation auf mögliche Folgen der Transformation hin zu einer klimafreundlicheren Wirtschaft abzuklopfen. Eines nämlich ist sicher: Im Zuge dieser Entwicklung verändern sich Märkte und Geschäftsmodelle. Aus Investorensicht entstehen damit sowohl neue Risiken als auch neue Chancen. Stichworte wie „Divestment“ oder „Stranded Assets“ zeigen, dass die Risikoabschätzung längst Teil der Debatte geworden ist. Demgegenüber kommt die Beleuchtung der Chancen derzeit möglicherweise noch etwas zu kurz. Dabei scheint unbestritten, dass der an den Zielen der nachhaltigen Entwicklung ausgerichtete Umbau der Wirtschaft auch Investmentchancen eröffnet.

Wer sich mit Nachhaltigkeitskriterien auseinandersetzt, bekommt ein besseres Gefühl für die Tragfähigkeit von Geschäftsmodellen. So erlauben beispielsweise fundierte Kenntnisse künftiger Emissionsstandards eine Einschätzung, welche Unternehmen etwa im Transportsektor diesbezüglich führend sein werden. Profitieren können die Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen geeignet sind, die Klimaerwärmung aktiv zu bekämpfen. Ideenreichtum und Potenzial in diesem Bereich sind hoch. Darüber hinaus haben die Vereinten Nationen Nachhaltigkeit als Lösungsansatz für aktuelle Herausforderungen erklärt und 17 nachhaltige Entwicklungsziele definiert, auch als Sustainable Development Goals (SDG) bezeichnet. Kapital wird zunehmend auf die Unternehmen allokiert werden, die das Erreichen dieser Ziele fördern. Diese Unternehmen dürften zukünftig ein überdurchschnittliches Wachstum zeigen.

EU-Aktionsplan als Treiber
Der Umbau der Wirtschaft hat begonnen und ist nicht mehr aufzuhalten. Davon zeugen unter anderem auch die jüngsten Aktivitäten der EU-Kommission. Im März hat diese mit ihrem Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums einen substanziellen Schritt hin zu einem großen Ziel gemacht: der Einbeziehung des Finanzsystems in die nachhaltige Transformation der Wirtschaft. Damit privates Kapital in nachhaltigere Investitionen umgelenkt werden kann, soll das Finanzsystem umfassend umgestaltet werden. Der EU-Aktionsplan sieht insgesamt zehn Maßnahmen vor, die nun zügig umgesetzt werden sollen. Einige von ihnen beziehen sich direkt auf institutionelle Anleger und Vermögensverwalter. So will die Kommission Investoren verpflichten, ESG-Kriterien stärker zu beachten und über ihre entsprechenden Aktivitäten zu berichten. Nachhaltigkeit soll zudem stärker in das Risikomanagement eingebunden werden.

Die Klarstellung der Nachhaltigkeitspflichten institutioneller Investoren ist ein richtiger Schritt. Auch wenn die regulatorische Verpflichtung nicht der Königsweg sein kann, geht vom Aktionsplan dennoch eine Signalwirkung aus. In Deutschland werden Nachhaltigkeitskriterien noch nicht flächendeckend berücksichtigt. Aus Sicht von Union Investment ist es vor allem wichtig, das traditionelle Investmentdreieck von Rendite, Sicherheit und Liquidität um den Aspekt der Nachhaltigkeit zu ergänzen. Denn im Risikomanagement bringt die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten erhebliche Vorteile. Die klassische Fundamentalanalyse kann durch die Berücksichtigung von ESG-Kriterien sinnvoll ergänzt werden, um alle Risiken im Portfolio mess- und steuerbar zu machen. Vorsicht ist allerdings bei der Ausgestaltung der treuhänderischen Pflichten von Fondsgesellschaften geboten. ESG-Vorgaben für Anlagestrategien sollten nicht ins regulatorische Pflichtenheft geschrieben werden. Denn der Vermögensverwalter ist als Treuhänder zunächst dem Anleger verpflichtet. Anleger müssen weiterhin frei entscheiden dürfen, ob und in welchem Umfang sie Nachhaltigkeitsgesichtspunkte berücksichtigen wollen.

Nachhaltigkeit ist Pflicht von Vermögensverwaltern
Dennoch gehört Nachhaltigkeit zweifellos zum Aufgabenspektrum eines verantwortungsvollen Asset Managers. Erst recht, wenn er sich zu den Grundsätzen der PRI bekennt. Dort heißt es unter anderem: „Wir werden ESG-Themen in die Analyse- und Entscheidungsprozesse im Investmentbereich einbeziehen“ und „Wir werden die Akzeptanz und die Umsetzung der Prinzipien in der Investmentbranche vorantreiben“. Von diesen Grundsätzen lässt sich Union Investment leiten. Zum einen, um Investoren ein entsprechendes Angebot unterbreiten zu können. Und zum anderen, um so einen aktiven Beitrag zur Förderung eines Investmentansatzes zu leisten, von dem wir in einem umfassenden Sinne überzeugt sind.

Union Investment praktiziert die ESG-Integration daher im gesamten Portfoliomanagement. Grundlage aller entsprechenden Aktivitäten ist SIRIS. Dieses Sustainable Investment Research System ist seit 2013 im Einsatz und wird vom Team Nachhaltigkeit & Engagement gesteuert. Es enthält Daten zu 59.000 Wertpapieren aus 95 Staaten und fünf Assetklassen. Mit SIRIS lassen sich gezielt und je nach Kundenwunsch unterschiedliche ESG-Auswertungen vornehmen. Diese bilden die Grundlage für die ESG-Bewertung von Unternehmen, die dann gegebenenfalls aus dem Portfolio ausgeschlossen, geringer gewichtet oder im Sinne eines Best-in-Class-Ansatzes aufgenommen werden können.

Dies ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Um die Nachhaltigkeit bei Unternehmen zu fördern, verfolgen wir zusätzlich eine Engagement-Strategie, um so aktiven Einfluss auf die Unternehmen auszuüben. Ziel ist es, eine nachhaltige Wertsteigerung der uns anvertrauten Vermögenswerte zu erzielen. Im Mittelpunkt unserer Rolle als aktiver Aktionär steht der konstruktive Unternehmensdialog. Wir begleiten Unternehmen langfristig und geben durch Unternehmensbesuche, Wortbeiträge und Abstimmungsverhalten auf Hauptversammlungen wichtige Impulse. Neben rein wirtschaftlichen Aspekten werden dabei insbesondere ökologische, soziale und Governance-Themen angesprochen. Nicht zuletzt aufgrund dieses Ansatzes sind wir heute in der Lage, unserem genossenschaftlichen Anspruch als verantwortungsvoller Investor gerecht zu werden. (Union Investment/mc/ps)

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