UZH: Vom Computer massgeschneiderte regenerative Herzklappen
Zürich – Herzfehler behandeln mit Prothesen, die wachsen und sich regenerieren – das ist das Ziel des kardiovaskulären Tissue Engineering. Gemeinsam haben nun Forschende der Universität Zürich, der Technischen Universität Eindhoven und der Charité Berlin zum ersten Mal erfolgreich regenerative Herzklappen bei Schafen eingesetzt, die mithilfe von Computersimulationen designt wurden.
Lebende Gewebe oder Organe im Labor auf der Basis menschlicher Zellen herzustellen, ist eines der zentralen Forschungsgebiete der Regenerativen Medizin. Der Weg dorthin führt über das Tissue Engineering, die Züchtung von «Ersatzteilen im Reagenzglas». Damit sollen die defekten Zellen und Gewebe im Körper ersetzt und ihre normale Funktion wiederhergestellt werden. Im Vergleich zu den heute verwendeten künstlichen Implantaten haben ihre biologischen Pendants gewichtige Vorteile: Sie lösen keine Abwehrreaktion des Körpers aus, sie können wachsen und sich regenerieren.
Herzklappen am Computer designen
Auf dem Weg, Herzpatienten mit neuen Herzklappen zu behandeln, die aus menschlichen Zellen gewonnen werden, hat nun ein internationales Konsortium unter der Leitung von UZH-Professor Simon P. Hoerstrup einen Meilenstein erreicht: Im Rahmen des durch die EU geförderten Projekts «LifeValve» ist es erstmals gelungen, mithilfe von Computersimulationen individuell vorherzusagen, wie gut gezüchtete Herzklappen im Grosstiermodell – bei Schafen – wachsen, sich regenerieren und funktionieren. «Dank den Simulationen können wir das Design und die Zusammensetzung der regenerativen Herzklappen optimieren und massgeschneiderte Implantate für die Therapie entwickeln», sagt Hoerstrup vom Institut für Regenerative Medizin der UZH.
Wichtiger Schritt hin zur klinischen Anwendung
Insbesondere lassen sich die Veränderungen in der Struktur der Herzklappe, die im Körper während des dynamischen Regenerationsprozesses auftreten, durch die Computersimulation vorhersagen und im Design entsprechend antizipieren. Diese nun im Journal «Science Translational Medicine» publizierten Resultate stellen einen wichtigen Schritt dar, um die in Zürich entwickelten Tissue Engineering-Technologie zukünftig routinemässig anzuwenden. Darüber hinaus liefert die Arbeit einen grundlegenden konzeptionellen Beitrag, um Bioengineering-Technologien in der Regenerativen Medizin erfolgreich in die klinische Anwendung zu überführen.
Heutige Prothesen müssen regelmässig ersetzt werden
Herzklappenfehler sind weltweit eine der Hauptursachen für Morbidität und Sterblichkeit. Die heute verfügbaren, künstlichen Herzklappen sind insbesondere für Kinder mit angeborenen Herzfehlern eine unbefriedigende Lösung. Defekte Herzklappen oder Blutgefässe müssen häufig operativ durch Prothesen ersetzt werden, die mit dem kindlichen Körper nicht mitwachsen können. Die Folge sind wiederholte Operationen mit steigenden Mortalitätsrisiken, die für die jungen Patienten und ihre Familien mit einer grossen psychosozialen Belastung verbunden sind. Auch Prothesen tierischen Ursprungs – z.B. vom Schwein oder vom Rind – versagen mit der Zeit und müssen ausgetauscht werden. Somit würden auch erwachsene Patienten von regenerativen Herzklappen und Blutgefässen profitieren.
One-fits-all-Lösungen gibt es nicht
Obwohl es bereits vielversprechende Forschungsresultate und erste klinische Anwendungen mit Herzklappen und Blutgefässen gibt, die mit Tissue Engineering gezüchtet wurden, gilt es noch einige Hürden zu meistern, bis die Technologie ein klinisches Routineverfahren sein wird. «Eine der grössten Herausforderungen bei komplexen Implantaten wie Herzklappen besteht darin, dass jeder Patient ein individuelles Regenerationspotential besitzt. Es gibt daher keine ‹One fits all›-Lösungen», betont Hoerstrup, dessen Forschungsteam seit mehr als 20 Jahren zu den Pionieren des kardiovaskulären Tissue Engineering gehört.
Aktuell wird am Universitäts-Kinderspital Zürich eine Studie vorbereitet, um erstmals Kinder mit angeborenen Herzfehlern mit Blutgefässen zu behandeln, die im Rahmen des Projektes «LifeMatrix» von Wyss Zurich entwickelt wurden. Wyss Zurich ist ein gemeinsames Zentrum von Universität Zürich und ETH Zürich, das die Umsetzung von Innovationen in die klinische Anwendung in den Bereichen Regenerative Medizin und Robotik fördert. (UZH/mc/pg)