M&G: „Wie war Ihr Februar?“ – Was haben wir aus den jüngsten Kursbewegungen gelernt?
Zürich – Es ist immer beunruhigend, wenn Anleger über die Performance von Fondsmanagern über sehr kurze Zeiträume nachfragen. Die Wertentwicklung von wenigen Wochen sagt wahrscheinlich kaum etwas über die Fähigkeiten eines Fondsmanagers aus.
Kurze Zeiträume können jedoch eventuell Aufschluss über das vorherrschende Umfeld geben, ebenso wie darüber, welche Strategien für das jeweilige Umfeld potenziell geeignet sind. Der Februar war in diesem Zusammenhang sicherlich interessant. Zwei Beobachtungen sind hier erwähnenswert:
Volatilitätsschocks
Verstärkte die Besessenheit einer Branche von Volatilität die Aktienbewegungen, die man im Februar beobachten konnte? Die von mir gestellte Frage umfasst zwei Elemente:
- Die unmittelbaren Auswirkungen dessen, dass Volatilität für sich selbst genommen zu einem handelbaren Asset geworden ist
- Die weitverbreitete Verschmelzung von Volatilität und Risiko
Der erste Punkt ist ein relativ junges Thema und bezieht sich auf Schlagzeilen hinsichtlich der möglichen Rolle, die die gezwungene Liquidation von Short-Volatility-Produkten bei umfangreicheren Marktbewegungen spielte. In der Realität ist das Ausmass, in dem solche Produkte die zugrunde liegenden Aktien tatsächlich beeinflussen, schwer zu ermitteln.
Der zweite Punkt ist zwar nicht neu, dafür scheinbar aber noch wichtiger.
Die menschliche Tendenz, kurze Zeiträume zu stark hervorzuheben, ist so alt wie die Märkte selbst. Wie Eric jedoch vor wenigen Wochen bereits schrieb wird diese menschliche Neigung durch die gemeinsame Vorstellung von Volatilität im Sinne von Risiko verstärkt, was zu einem korrelierten Anlegerverhalten führt: die Aufstockung von Positionen ausschliesslich basierend auf der Tatsache einer niedrigen Volatilität oder der Verkauf von Anlagen aufgrund einer hohen Volatilität.
Hoffentlich ist den meisten von uns mittlerweile bewusst, dass Volatilität nicht gleich Risiko bedeutet, auch wenn viele Bereiche der Finanzbranche diese beiden Aspekte weiterhin vermischen. Tatsächlich ist unser Team der Überzeugung, dass Volatilität häufig der Ursprung von Chancen ist: Episoden entstehen oft deshalb, weil der Mensch kurzsichtig wird.
Für aktive, langfristige Strategien sollte es ermutigend sein, wenn diese Art von verhaltensbezogenem Fehler fest in die quantitativen Risikomodelle und passiven Anlagestrukturen integriert wird. Im Gegensatz dazu sind Strategien mit Beschränkungen im Rahmen standardisierter Risikomodelle oder Stop-Losses womöglich nicht in der Lage, solche aufkommenden Chancen auszunutzen.
Absicherung von Konjunkturrisiken versus Absicherung von Bewertungsrisiken
Wenn Volatilität kein wirkliches Risiko ist, was ist dann ein reales Risiko? Sehr vereinfacht ausgedrückt ist das Anlagerisiko die Wahrscheinlichkeit, dass das Ertragsziel bei Auflösung der Investition nicht erreicht wird. Und die treibenden Kräfte dahinter haben sich nicht verändert.
Entweder:
- Die Kapitalströme, die von der Investition erwartet werden, können nicht eingehalten werden (beispielsweise im Fall von Gewinnrückgängen, Insolvenzen oder Ausfällen),
- es kam zu einer Fehleinschätzung, wie viel man mit diesen Kapitalströmen und/oder der ursprünglichen Investition tatsächlich kaufen kann (Inflation) oder
- bei Verkauf der Anlage ist der Erlös – auch effektiv – nicht so hoch wie gehofft.
Beinahe alle Investitionsrisiken sind eine Kombination dieser drei Punkte. Die ersten beiden Risiken könnte man als „fundamentale“ oder „konjunkturabhängige“ Risiken bezeichnen. Sie stehen in Verbindung mit dem Zustand der Wirtschaft, des Staates oder des Unternehmens, in das man investiert. Das dritte Risiko, der Preis, zu dem verkauft werden kann, ist üblicherweise der wichtigste Aspekt (vor allem dann, wenn der Anlagezeitraum kürzer wird) und oft abhängig von den ersten beiden fundamentalen Faktoren.
Es ist jedoch auch möglich, dem dritten Risiko ausgesetzt zu sein, ohne dass Ertragslage, Ausfälle oder Inflationsrisiken eine Rolle spielen. Manchmal wurde der Vermögenswert vielleicht einfach zu einem falschen Preis gekauft. Hierbei handelt es sich um das „Bewertungsrisiko“.
Ein Bewertungsrisiko kann auftreten, wenn andere Investitionsmöglichkeiten als attraktiver angesehen werden. Nach einem Zinsanstieg ist es unter Umständen möglich, eine Staatsanleihe zu kaufen, die eine Realrendite in gleicher Höhe bietet wie der gehaltene Vermögenswert. Eine solche Dynamik kann bedeuten, dass die Absicherung des Bewertungsrisikos einen ganz anderen Ansatz erfordert als die Absicherung anderer Risiken.
Entscheidender Moment
In den letzten zehn Jahren bestand das Hauptanliegen der Anleger in der Absicherung von „fundamentalen Risiken“, insbesondere Wachstum. Staatsanleihen aus Industrieländern können eine gute Absicherung gegen diese Risiken darstellen, da sie weniger sensibel auf Wachstumsdynamiken reagieren sollten.
Derzeit sorgen die jüngsten Daten für eine höhere Zufriedenheit mit der Lage der Weltwirtschaft (obgleich die Übereinstimmung dahingehend steigt, dass wir uns in einer „späten Zyklusphase“ befinden). Im Februar schienen Anleger aufgrund der Vorstellung, dass wir uns dem Ende der „Everything-Bubble“ nähern, eher über das Bewertungsrisiko besorgt zu sein.
Das ist einer der Gründe, weshalb steigende Zinsen einmal mehr der Auslöser von Volatilität sind. In den letzten zwanzig Jahren wurde ein Anstieg der Volatilität mit kräftigen Erträgen von US-amerikanischen Staatsanleihen in Verbindung gebracht (siehe Abbildung 1). Im Februar war diese traditionelle Diversifizierungsquelle jedoch nicht verfügbar, da die Erwartung an steigende Zinsen der Ursprung der Volatilität war.
Die beste Vorgehensweise, um das Bewertungsrisiko über längere Zeiträume abzusichern, ist eindeutig der Kauf von Vermögenswerten, die der eigenen Einschätzung nach an sich attraktiv sind und die eine Sicherheitsmarge bieten. Wenn allerdings der langfristige risikofreie Zinssatz, von dem alle Vermögenswerte abhängig sind, unklar ist, dann sind für die Steuerung der kurzfristigen Volatilität womöglich nicht-traditionelle Diversifizierungsquellen notwendig.
Tony schrieb Anfang letzten Jahres darüber, dass Multi-Asset-Strategien in der Zukunft aktiver sein müssen. Der Februar machte nicht nur deutlich, dass einige traditionelle Diversifizierungsquellen zukünftig niedrige Renditen bieten werden, sondern dass sie in manchen Situationen sogar potenziell das Risiko in den Portfolios erhöhen können.
Im Zuge steigender Renditen auf US-amerikanische Staatsanleihen können diese traditionellen Quellen auch wieder zu einer überzeugenden Absicherungsmöglichkeit für das Wachstumsrisiko werden. Aber in Phasen, in denen die Märkte vom Bewertungsrisiko getrieben werden, könnte es zunehmend wichtig werden, jene Bereiche zu vermeiden (oder zu shorten), die deutlich auf ein Umfeld mit fallenden Zinsen ausgerichtet sind und stattdessen eine Diversifizierung nach Sektor, Region und aktivem Währungsmanagement anzustreben. (M&G/mc)