Leonteq-VR stellt CEO Jan Schoch kalt
Zürich – Bei Leonteq ist Jan Schoch nicht mehr Teil der Geschäftsleitung. Seinen Posten als CEO übernimmt interimistisch Finanzchef Marco Amato. Firmengründer Schoch erhält den Posten eines «Senior Advisor Strategic Growth Initiatives». Als neuer Verwaltungsratspräsident ist Christopher Chambers nominiert worden.
Anfang September war dem langjährigen Leonteq-CEO Jan Schoch vom Verwaltungsrat Marco Amato als Stellvertreter zur Seite gestellt worden. Mit dieser Funktion wurde dem Finanzchef insbesondere auch die Verantwortung für die Einhaltung der Budgets und für die Kontrollmechanismen übertragen. Als dauerhaft hat sich die personelle Änderung in der Geschäftsleitung, die offiziell per 1. Oktober in Kraft trat, allerdings nicht erwiesen: Nun ist Amato vom Verwaltungsrat per sofort zum interimistischen CEO benannt, wie Leonteq am Freitag mitteilte. Gleichzeitig ist die Suche nach einem neuen permanenten CEO eingeleitet worden.
Damit scheidet Jan Schoch aus der Geschäftsleitung des Derivatespezialisten aus. Er werde das Management in seiner neuen Funktion aber bei der Weiterentwicklung von Leonteq aktiv unterstützen und sein internationales Netzwerk nutzen, um strategische Partnerschaften voranzutreiben, wie das Unternehmen schreibt.
Über Veränderungen im obersten Management wurde aufgrund anhaltender Schwierigkeiten bei Leonteq in den letzten Monaten immer wieder spekuliert. Ende 2015 wurde überraschend eine wichtige Kooperation aufgekündigt, im Jahr darauf kam es zu einem Gewinneinbruch. Ausserdem zog die Finanzmarktaufsicht (Finma) im Zusammenhang mit dem Vorwurf von Marktmanipulation Gewinne von Leonteq ein. Vom seinem Hoch im Sommer 2015 von über 230 CHF sank der Aktienkurs von Leonteq auf unter 26 CHF im März 2017. Im zweiten Halbjahr 2016 rutschte der auf strukturierte Produkte spezialisierte Finanzdienstleister zudem in die roten Zahlen, worauf das Unternehmen ein Kostensenkungsprogramm lancierte.
Christopher Chambers als VRP nominiert
Parallel zur Ablösung von Schoch auf dem CEO-Posten hat der Leonteq-Verwaltungsrat Christopher Chambers als neuen Verwaltungsratspräsidenten vorgeschlagen. Chambers soll als unabhängiges Mitglied im obersten Führungs- und Aufsichtsgremium von Leonteq Einsitz nehmen. Sein Posten hat derzeit noch Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz inne, der im Sommer seinen Rücktritt angekündigt hat. Die Wahl Chambers soll an der am 22. November geplanten ausserordentlichen Generalversammlung erfolgen.
Chambers ist derzeit unter anderem auch Verwaltungsrat bei der Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site und der Berenberg Bank (Schweiz). Früher war er zudem Vizepräsident der Cembra Money Bank und Präsident der Jelmoli Holding. Bei Beobachtern wird auf die Verbindung von Chambers zu Rainer-Marc Frey hingewiesen, der diesen Frühling als Grossaktionär bei Leonteq eingestiegen ist. Chambers war einst CEO von MAN Investments und Verwaltungsrat der MAN Group, die 2002 für rund 1,3 Mrd CHF Freys Hedgefonds RFM kaufte.
Zusammen mit Chambers sollen neu auch Paulo Brügger und Thomas Meier in den Verwaltungsrat gewählt werden. Brügger wird als Vertreter von Raiffeisen vorgeschlagen. Bei Raiffeisen ist er Leiter des Departements Zentralbank und Mitglied der Geschäftsleitung. Im Leonteq-VR übernimmt er den Posten von Raiffeisen-CEO Patrik Gisel, der seinen Rücktritt gleichzeitig mit Vincenz im Sommer angekündigt hat. Meier schliesslich ist Head Corporate Sustainability von Julius Bär und wird als unabhängiges Mitglied des Verwaltungsrates zur Wahl vorgeschlagen.
Kostenziel bestätigt
Operationell wie auch finanziell ist Leonteq gemäss Mitteilung vom Freitag nach einem profitablen dritten Quartal solide unterwegs. Das Kostenziel von 192 Mio CHF für das Gesamtjahr 2017 – einmalige Restrukturierungskosten von 15 Mio CHF inklusive – wurde bestätigt.
An der Börse entwickelte sich der Kurs der Leonteq-Aktie nach den Ankündigungen positiv. Zum Schluss notierten die Papiere in einem leicht schwächeren Gesamtmarkt um 7,3% höher bei 65,40 CHF. Analysten zeigten sich vom Chefwechsel eher überrascht. Bei der ZKB wertet man den personelle Wechsel als Zeichen dafür, dass Leonteq weiterhin kämpfen muss, um auf einen «kontrollierten Wachstumspfad» zu finden. Bei der Neuen Helvetischen Bank spricht man dagegen von einer «Befreiung», einer «richtungsweisenden Entscheidung» und einem «Aufbruch zu neuen Ufern». (awp/mc/ps)