Die Sicht des Raiffeisen-Chefökonomen: Macht der Drogen

Die Sicht des Raiffeisen-Chefökonomen: Macht der Drogen
von Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff. (Foto: Raiffeisen)

St. Gallen – In meiner Kindheit waren Drogen nicht sehr verbreitet, wenn man einmal von der Volksdroge Alkohol absieht, die in unserer Gesellschaft von jeher geduldet wird. In der Jugend war das dann schon anders, jede Menge Flower Power und so, aber alles eher im Verborgenen. Wer heute durch Zürich geht, egal wohin und wann, oder in der Lenzerheide oder Davos Ski fährt oder bordet, atmet unweigerlich einmal den süssen Duft von Marihuana ein. Die Schweiz ist ein Land, das nicht nur recht liberal mit Kiffern umgeht, sondern auch den schwer Heroinabhängigen Auffanghilfe gewährt, auch in Form staatlich kontrollierter Abgabe von Drogen.

Drogenelend weg
Wer sich noch an die Zeiten von Platzspitz in den späten Achtziger- oder Letten in den frühen Neunzigerjahren in Zürich erinnert und einmal gesehen hat, wie es dort zuging, weiss, dass eine zu laxe Handhabung von Drogenrepression zu unkontrollierbaren Auswüchsen führt. Herumirrende Dealer, Prostituierte und Junkies verunsicherten ganze Stadtviertel. Heroin war nie so billig, wie in dieser Zeit und auch Kokain kostete einen Bruchteil dessen, was die Kinder vom Bahnhof Zoo noch dafür aufbringen mussten. Mittlerweile sieht man kaum mehr Junkies in den Städten der Schweiz herumirren. Höchstens in der Nähe der Drogenabgabestellen kommt es mal zu kleineren Ansammlungen. Die Politik der Prävention und gezielten Abgabe war schon rein optisch betrachtet ein Erfolg. Auch die Beschaffungskriminalität ist mit ihr fast gänzlich hinfällig geworden.

Kiffer hoffen auf Bundesrat
Nun titelte der Tagesanzeiger diese Woche, die Hoffnungen der Schweizer Kiffer ruhten auf dem Favoriten der FDP für den Bundesrat Ignazio Cassis. Denn der hat eingeräumt, schon gekifft zu haben, weshalb der Tagesanzeiger folgert, als Bundesrat könnte Cassis Hanf allenfalls legalisieren oder wenigstens gänzlich entkriminalisieren. Letzteres ist gut, erstes nicht. Eine Legalisierung würde einen Wettbewerb in einem lukrativen Markt schaffen, der letztendlich dazu führen müsste, dass die Konsumenten mit immer billigerem und erst noch besserem Stoff versorgt würden. Gegen eine Entkriminalisierung des Konsums spricht hingegen nichts bis wenig, je nach dem wo man die Grenze bei der Menge zieht. Die heutige Problematik liegt darin, dass die Grenzen unklar sind und die Auslegung bestehenden Rechts von Stadt zu Stadt bzw. Kanton zu Kanton variiert.

Joints müssen teuer sein
Fest steht, wir kriegen die Drogen nicht aus unserer Gesellschaft weg. Und der Weltmarkt für Drogen wächst unaufhaltsam, er ist heute schon riesig. Wohl eher vorsichtige Schätzungen gehen von deutlich über 300 Milliarden USD jährlich aus, die mit Drogen umgesetzt werden. Solche Schätzungen beruhen oft auf Hochrechnungen von Beschlagnahmungen oder Drogenfallzahlen von Polizei oder Justiz. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen. Diesen Markt darf man nicht der Illegalität überlassen, denn dann werden die Gewinne von Kartellen abgeschöpft und die Verluste, die das Drogenelend schafft, der Gesellschaft aufgebürdet.

Wenn der Staat hingegen den Drogenmarkt reguliert, kann er die Steuern, die er den Drogenkonsumenten aufbürdet, dazu verwenden, die negativen Lasten auszugleichen. Es spricht viel dafür, die Steuern prohibitiv hoch anzusetzen. Kiffen soll schliesslich nur straffrei und nicht attraktiv gemacht werden. Sucht wird es immer geben, denn nicht alle können das «die Dosis macht das Gift» leben. Und auch wenn jeder Junkie seine Drogenkarriere vielleicht einmal mit einem Joint begann, gibt es viel mehr Leute, die es bei letzterem beliessen. Kein Grund also Cannabis zu verbieten. Aber es muss kosten, der Preis schärft letztlich den haushälterischen Umgang.

Martin Neff, Chefökonom Raiffeisen

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