Südostbahn betreibt ab 2020 zwei Linien für die SBB
Bern – Die Schweizerische Südostbahn (SOB) soll ab Dezember 2020 für die SBB zwei Linien betreiben, darunter die Gotthard-Bergstrecke. Die betriebliche Verantwortung liegt bei der SOB, die aber unter dem Dach einer einheitlichen SBB-Fernverkehrskonzession fährt.
Dieser langfristigen Kooperation, deren Verträge am Freitag unterzeichnet wurden, gingen in den vergangenen vier Monaten intensive Gespräche voraus. «Beide Seiten haben Schritte aufeinander zu gemacht, sich geöffnet und Vorurteile über Bord geworfen», sagte SOB-CEO Thomas Küchler in Zürich vor den Medien. SBB-CEO Andreas Meyer sprach von einer «Win-Win-Situation», bei der der direkte Nutzen für die Bahnkunden im Vordergrund stand. «Wir sind uns nun einig, was wir dem Bundesamt für Verkehr vorschlagen werden», sagte er.
Ihr Vorschlag: Die SOB soll ab Ende 2020 die Linie Zürich-Zug-Arth-Goldau-Gotthard-Panoramastrecke-Bellinzona-Locarno/Lugano beziehungsweise Basel-Olten-Luzern-Gotthard-Panoramastrecke-Bellinzona-Locarno/Luganosowie die Linie Bern-Burgdorf-Langenthal-Olten-Zürich-Pfäffikon-Ziegelbrücke-Sargans-Chur mit eigenem Rollmaterial betreiben und im sogenannten Co-Branding SOB-SBB vermarkten. Dafür wird sie von der SBB abgegolten.
«Die SOB steht damit vor einem Quantensprung», sagte Küchler und sprach von einer Verdoppelung der Kapazitätsleistung. Sich einfach nur auf den Regionalverkehr zu fokussieren, stand für die SOB nicht zur Debatte. «Wir sind Unternehmer und wir wollen den ÖV weiterbringen. Deshalb springen wir über unseren Schatten.»
Lugano oder Locarno noch offen
Noch ist offen, ob der Zug bis nach Lugano oder Locarno fährt. Die Bahnunternehmen werden mit ihrem Konzept an den Kanton Tessin gelangen und seine Bedürfnisse klären. Bis im Herbst sollte die Frage beantwortet sein. Gemäss Meyer hat man das Bundesamt für Verkehr (BAV) informiert. Dieses begrüsse die Lösung dem Vernehmen nach. «Das BAV hat uns ganz zu Beginn aufgefordert, Kooperationen zu suchen. Dem sind wir nun teilweise nachgekommen», ergänzte Küchler.
Die Konzessionsgesuche müssen bis Anfang September beim BAV eingereicht werden. Dieses dürfte Ende Jahr die Konzessionen neu vergeben. Noch hat die SBB das Gesuch nicht eingereicht, wie das BAV der Nachrichtenagentur sda sagte.
Mehr Platz für Fahrräder
Die Kooperation mit durchgängigen Verbindungen von Basel und Zürich über die Gotthard-Bergstrecke ohne Umsteigen in Erstfeld und die direkte IR-Verbindung von Bern nach Chur sollen gemäss SBB und SOB für die Kundschaft ein besseres Angebot und mehr Komfort bringen.
Einerseits ist eine stündliche Direktverbindung ab Arth-Goldau ins Tessin sowie alle zwei Stunden je eine direkte von Basel respektive Zürich aus geplant, und die Direktverbindung Chur – Bern soll ebenfalls stündlich befahren werden. Andererseits will die SOB neues Rollmaterial einsetzen. Es handelt sich dabei um die Züge des Typs FLIRT III, die die SOB bereits für Ende 2019 für den Voralpen-Express bestellt hat. Für ihren Einsatz im Fernverkehr werden die Fahrzeuge mit zusätzlichen Komfortmerkmalen ausgestattet. Dazu gehören beispielsweise die 2:1-Bestuhlung in der 1. Klasse, grosse und kleine Bistros, ein Familienwagen und ein grosszügiges Platzangebot für Velos und Sportgeräte.
Beide Seiten versprechen sich von der engen Zusammenarbeit aber auch wirtschaftliche Synergien und eine bessere Auslastung der Züge. «Wir haben bewusst optimiert, um Kosten rauszunehmen und den Kundennutzen zu erhöhen», sagte Küchler.
Kein Stellenabbau
Stellen sollen aufgrund der Kooperation keine abgebaut werden. Es stünden in den nächsten Jahren viele Angebotsausbauten an, sagte Jeannine Pilloud, Leiterin SBB Personenverkehr. «Deshalb wird es definitiv zu keinem Abbau kommen.» Allfällige Personalübertritte sollen im Rahmen der bestehenden Gesamtarbeitsverträge der beiden Unternehmen geplant und mit den Mitarbeitenden besprochen werden.
Hintergrund der Zusammenarbeit von SBB und SOB ist die Neuvergabe der Konzessionen für den Fernverkehr, die grösstenteils Ende 2017 auslaufen. Neben der SOB, die bereits Interesse am Betrieb der Gotthard-Bergstrecke angemeldet hatte, liebäugelte auch die BLS damit, das Monopol der SBB auf den Fernverkehrslinien zu knacken.
Gespräche zwischen SBB und BLS
Sie präsentierte im Frühling ein entsprechendes Konzept für drei Flughafen-Linien. Konkret möchte die BLS das Wallis und das Berner Oberland mit dem Flughafen Zürich-Kloten verbinden und die Strecke Interlaken-Basel übernehmen. Ein Konzessionsgesuch hat die BLS beim BAV aber noch nicht eingereicht, wie BLS-Sprecher Matthias Abplanalp am Freitag der Nachrichtenagentur sda mitteilte. Man verhandle nach wie vor mit der SBB. SBB-CEO Meyer bestätigte am Freitag vor den Medien die Gespräche. (awp/mc/pg)