Diskussion über Pflicht zu Lohnanalysen geht nun ins Parlament
Bern – Wie angekündigt hält der Bundesrat an seinem Plan fest, gesetzlich gegen Lohndiskriminierung vorzugehen. Trotz Kritik in der Vernehmlassung will er grössere Unternehmen verpflichten, regelmässig die Löhne zu analysieren. Nun ist der Gesetzgeber am Zug. Am Mittwoch hat der Bundesrat seine Botschaft an das Parlament mit der entsprechenden Änderung des Gleichstellungsgesetzes verabschiedet. In den wesentlichen Punkten ist die Regierung bei ihren ursprünglichen Vorschlägen geblieben.
Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden sollen demnach verpflichtet werden, alle vier Jahre eine Lohnanalyse durchzuführen. Diese Pflicht soll sowohl für den privaten als auch für den öffentlichen Sektor gelten. Betroffen wären zwar nur 2% aller Unternehmen – dafür 54% der Angestellten in der Schweiz.
Für die Analyse will der Bund ein Standard-Analysemodell sowie ein kostenloses Instrument zur Verfügung stellen. Die Unternehmen können aber auch eine andere Methode verwenden. Voraussetzung ist, das sie wissenschaftlich anerkannt und rechtskonform ist. Die Analyse muss danach extern überprüft werden. Die Kontrolle können die Unternehmen wahlweise einem Revisionsunternehmen, anerkannten Lohngleichheitsexperten oder den Sozialpartnern übertragen. In der Vernehmlassung hatte der Bundesrat vorgeschlagen, auch staatlich anerkannte Selbstregulierungsorganisationen für die Prüfung zuzulassen. Darauf verzichtet er nun.
Informationspflicht
Anschliessend müssten die Arbeitgeber die Angestellten über das Ergebnis der Kontrolle und das Ausmass einer allfälligen Lohndiskriminierung informieren. Diese Informationspflicht soll für das Unternehmen einen Anreiz schaffen, Unstimmigkeiten zu korrigieren.
Eine «Lohnpolizei» im Sinne staatlicher Kontrollen und Sanktionen ist jedoch nicht geplant: Der Bundesrat setzt darauf, dass Unternehmen die Löhne anpassen, wenn die Ungleichheit sichtbar wird. Nach harscher Kritik in der Vernehmlassung verzichtet er auch auf die Einführung einer öffentlich zugänglichen «Schwarzen Liste» mit säumigen Arbeitgebern oder einer Meldepflicht an eine staatliche Stelle.
7000 Franken im Jahr
Der Bundesrat hatte Ende 2015 angekündigt, mit einer Änderung des Gleichstellungsgesetzes gegen die Lohndiskriminierung vorgehen zu wollen. Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern sei seit 36 Jahren in der Verfassung verankert, aber noch immer nicht umgesetzt worden, rief Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Mittwoch in Erinnerung.
Noch immer verdienen Frauen für gleichwertige Arbeit weniger als Männer. Der nicht erklärbare Lohnunterschied betrage derzeit 7,4%, was rund 7’000 CHF pro Jahr entspreche. Freiwillige Massnahmen wie der Lohngleichheitsdialog hätten leider nicht zum gewünschten Erfolg geführt.
Thema polarisiert
Nun muss sich zeigen, ob die Vorlage im Parlament eine Mehrheit findet. Vor den Medien in Bern sagte die Justizministerin am Mittwoch, sie könne sich nicht vorstellen, dass die Lohnungleichheit einer Mehrheit im Parlament gleichgültig sei.
In der Vernehmlassung hatten die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen stark polarisiert. Begrüsst wurden sie von der Hälfte der Kantone, der SP, den Grünen, der GLP und den Arbeitnehmerorganisationen. Allerdings hätten sich diese Sanktionen gewünscht.
Gegen eine Regulierung stellten sich die andere Hälfte der Kantone, SVP, FDP, CVP und BDP sowie die Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände. Die Kritiker warnen vor administrativem Aufwand und Kosten für die Unternehmen. Dazu sagte Sommaruga, auch Lohndiskriminierung habe ihren Preis. (awp/mc/pg)