EU ist bereit für die Brexit-Verhandlungen

EU ist bereit für die Brexit-Verhandlungen
EU-Chefunterhändler Michel Barnier.

Brüssel – Die Europäische Union hat ihre Forderungen für die Brexit-Gespräche mit Grossbritannien endgültig festgezurrt und ist nun startklar für die erste Verhandlungsrunde ab dem 19. Juni. Genau ein Jahr nach der historischen Entscheidung der britischen Wähler für den EU-Austritt beginnt damit das Ringen um die komplizierten Details der Trennung, die Millionen Bürger direkt berühren und die für Deutschland auch erhebliche finanzielle Folgen haben könnten.

«Wir sind bereit und wir sind gut gewappnet», sagte Chefunterhändler Michel Barnier am Montag in Brüssel. Zuvor hatten Vertreter der 27 bleibenden EU-Länder offiziell ihre Zustimmung zur Eröffnung der Brexit-Verhandlungen gegeben und Barnier ein Mandat dafür erteilt. Beginnen können die Gespräche aber erst nach der britischen Parlamentswahl am 8. Juni und nach der Regierungsbildung.

Die Gespräche würden äusserst schwierig, sagte der deutsche Europa-Staatsminister Michael Roth. Beide Seiten könnten beim Brexit nur verlieren. «Es ist eine Lose-Lose-Situation», sagte der SPD-Politiker. Die bleibenden EU-Länder müssten ihre Interessen wahren. Allerdings wolle auch niemand Grossbritannien für den Austritt bestrafen.

Ein zentrales Ziel der EU ist, bis zum Herbst eine Einigung über die Schlussrechnung für das Vereinigte Königreich nach 40 Jahren Partnerschaft zu erreichen. London soll seinen Anteil an allen finanziellen Verpflichtungen tragen, die das Land während seiner Mitgliedschaft gemeinsam mit den EU-Partnern eingegangen ist.

Milliardenpoker
Offiziell nennt die EU keine Summe. Inoffiziell kursieren aber Berechnungen von 100 Milliarden Euro oder mehr. Die britische Regierung hält solche Summen für völlig überzogen.

Die beiden anderen zentralen Punkte für die EU: Sie will für die 3,2 Millionen EU-Bürger in Grossbritannien und die 1,2 Millionen Briten in der EU Garantien für weitere Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse. Und sie will keine feste Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland, um ein Wiederaufflammen des Nordirland-Konflikts zu vermeiden.

Erst wenn die EU bei diesen drei Punkten Fortschritte verzeichnet, will sie über die künftigen Beziehungen des Staatenbundes zu Grossbritannien reden. Damit behält sie sich ein Druckmittel vor, denn die britische Premierministerin Theresa May hat erklärtermassen grosses Interesse an einem ambitionierten Freihandelsabkommen mit der EU.

May hat allerdings gedroht, die Gespräche lieber platzen zu lassen, als ein für Grossbritannien schlechtes Verhandlungsergebnis zu akzeptieren. Vor einem Scheitern warnte EU-Unterhändler Barnier. Niemand könne die Folgen abschätzen, wenn kein Austrittsvertrag zustande komme. «Kein Vertrag, das ist nicht meine Option», sagte Barnier. «Meine Option ist, dies zum Erfolg zu führen.»

Wie viel Geld Grossbritannien noch an die EU zahlt, ist auch für Deutschland von grosser Bedeutung, weil bei einer Lücke in den EU-Haushalten neue Forderungen an den Nettozahler Bundesrepublik laut werden könnten. Österreich, das selbst ebenfalls mehr in die EU-Haushalt einbringt als es herausbekommt, mahnt bereits vorsorglich zu Einsparungen und Reformen. Wenn die EU kleiner und schwächer werde, könnten die Strukturen nicht gleich bleiben, sagte Aussenminister Sebastian Kurz. (awp/mc/ps)

Schreibe einen Kommentar