Deloitte: 33% der europäischen CFOs erwarten Austritt eines weiteren EU-Mitgliedstaates

Deloitte: 33% der europäischen CFOs erwarten Austritt eines weiteren EU-Mitgliedstaates
Michael Grampp, Chefökonom bei Deloitte Schweiz. (Foto: Deloitte)

Zürich – Laut dem jüngsten European CFO Survey von Deloitte berichten die europäischen Chief Financial Officers (CFOs), dass die Stimmung optimistischer und die Risikobereitschaft höher ist. Für den Report führte Deloitte die Ergebnisse der länderspezifischen Umfragen seiner Mitgliedsunternehmen für das Q1 2017 in 19 europäischen Ländern zusammen, in welchen insgesamt 1‘580 CFOs befragt wurden (weitere Einzelheiten über die Schweizer Ergebnisse finden Sie in der kürzlich veröffentlichten Deloitte CFO-Umfrage Schweiz).

Verbesserte Geschäfts- und Umsatzaussichten
Die finanziellen Aussichten für ihr Unternehmen werden von 38% der europäischen Finanzchefs optimistischer eingeschätzt als noch vor drei bis sechs Monaten. Dem gegenüber stehen 26% in der Umfrage für das dritte Quartal 2016. Lediglich 13% (gegenüber zuvor 25%) gaben an, weniger optimistisch zu sein. Die Türkei ist das einzige Land, in dem der Optimismus in den letzten sechs Monaten nachgelassen hat. Die Schweiz liegt knapp unter dem Durchschnitt. Ein Drittel (32%) der Schweizer CFOs gab an, hinsichtlich der finanziellen Aussichten für ihr Unternehmen optimistischer zu sein.

Auch hinsichtlich der Umsätze ihrer Unternehmen bleiben die Finanzchefs zuversichtlich: 69% gehen in den nächsten zwölf Monaten von einem Wachstum aus; vor sechs Monaten waren es noch 65%. Die Zuversicht hinsichtlich ist in Schweden am ausgeprägtesten – dort rechnen 86% der Befragten mit einem Wachstum – und in der Türkei am geringsten: Hier gehen lediglich 53% von einem Wachstum aus. In der Schweiz erwarten 66% der CFOs ein Umsatzwachstum. Dies liegt in etwa gleichauf mit dem europäischen Durchschnitt.

Unsicherheit hält an, doch die Risikobereitschaft steigt
61% der CFOs geben an, dass sich ihre Unternehmen einer hohen Unsicherheit gegenübersehen; vor sechs Monaten waren es noch 67%. In Grossbritannien und Deutschland ist diese Wahrnehmung am stärksten ausgeprägt; in beiden Ländern geben 85% der Finanzchefs ein hohes Mass an Unsicherheit an. Auf dem dritten Platz landet Griechenland mit 82%. Unter den befragten CFOs in der Schweiz schätzen 69% die Unsicherheit als hoch ein. Im Hinblick auf die Unsicherheit scheinen die traditionell risikoscheuen Schweizer CFOs ihren Nachbarstaaten näher zu stehen und sich deutlich von den nordischen Ländern zu unterscheiden. Lediglich 19% der norwegischen CFOs sehen sich einer hohen Unsicherheit gegenüber – der niedrigste Anteil in allen Ländern, gefolgt von Finnland (25%) und Dänemark (30%).

Andererseits geben 33% der europäischen CFOs an, dass nun ein guter Zeitpunkt wäre, Risikoaktiva in ihre Bilanzen zu nehmen. Vor sechs Monaten waren es noch 28%. Am meisten Risikofreudigkeit herrscht in Finnland. Dort halten 59% den Zeitpunkt für günstig, mehr Risiken einzugehen, gefolgt von Spanien (54%) und Russland (47%). Am wenigsten risikobereit sind die Finanzchefs in der Türkei (11%), Griechenland (18%) und Portugal (20%). Die Schweiz befindet sich in dieser Hinsicht mit 38% im Mittelfeld und setzt so den generellen Aufwärtstrend des letzten Jahres fort.

«Aufgrund der jüngsten politischen Veränderungen und der europaweit anstehenden Wahlen hält die Unsicherheit bei den CFOs an. Das tut ihrem Optimismus, ihrer Risikobereitschaft und der positiven Einschätzung der Entwicklung ihrer Unternehmen jedoch keinen Abbruch», so Michael Grampp, Leiter der European CFO Survey und Chefökonom bei Deloitte in der Schweiz.

«Der zunehmende Optimismus ist dem kräftigeren Wachstum in Europa zu verdanken. Die Erholung nahm in Europa im letzten Quartal 2016 Fahrt auf und wurde Anfang 2017 weiter beflügelt: Eine Reihe von Wirtschaftsindikatoren liessen auf eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegenüber der politischen Unsicherheit schliessen. Ferner sind viele der erwarteten Risiken entweder gar nicht eingetreten oder hatten nicht den von einigen befürchteten negativen Schock zur Folge. Ausserdem scheinen einige der geopolitischen und wirtschaftlichen Risiken nunmehr weniger akut zu sein.»

Ausblick für Einstellungen verbessert sich
34% der befragten europäischen Finanzchefs geben an, ihr Unternehmen werde im nächsten Jahr ihre Mitarbeiteranzahl wahrscheinlich erhöhen. Zuvor hatte dieser Anteil bei 32% gelegen. Gleichzeitig erwarten nur 22% einen Abbau der Mitarbeiteranzahl. Dieser Anteil lag letztes Mal noch bei 27%. Auch hier waren die britischen CFOs am wenigsten zuversichtlich: Nur 12% rechnen mit einer Zunahme der Neueinstellungen während 40% von einem Abbau ausgehen. Die irischen CFOs zeigen sich weiterhin am optimistischsten: 67% gehen von einem Zuwachs aus und nur 4% von einer Kürzung. Die Schweiz liegt mit ihren Erwartungen dazwischen; 40% gehen von einem Zuwachs und 23% von einem Abbau aus.

Hinsichtlich der künftigen EU-Integration sind die CFOs geteilter Meinung
CFOs schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten fünf Jahren ein weiteres Mitglied die EU verlässt, auf 33%. Mit 45% der Befragten schätzen die italienischen Finanzchefs den Austritt eines weiteren Landes als am wahrscheinlichsten ein. Ihre Kollegen in den Niederlanden (20%) und Belgien (18%) halten dieses Szenario für am unwahrscheinlichsten. Mit einem Durchschnitt von 34% liegt die Schweiz auch hier im mittleren Bereich.

Die CFOs wurden auch danach gefragt, mit welchen Massnahmen man den zukünftigen Erfolg der EU sicherstellen könnte. 47% würden ein Europa-Modell „der verschiedenen Geschwindigkeiten“ mit einer weitergehenden Integration zwischen bestimmten Mitgliedstaaten bevorzugen, während 38% für eine verstärkte Integration für die gesamte EU sind. Nur 5% sind der Meinung, dass es für die EU am besten wäre, wenn es keine Veränderungen gäbe. Die Unterstützung für eine EU-weite Integration ist mit 80% in Griechenland am stärksten, gefolgt von Spanien und Portugal mit 68% bzw. 66%. In Deutschland sprechen sich hingegen 69% für eine Integration mit verschiedenen Geschwindigkeiten aus, gefolgt von Belgien (65%) sowie der Schweiz, den Niederlanden und Österreich (alle 57%).

Dazu Michael Grampp: «Die Tatsache, dass die CFOs die Wahrscheinlichkeit eines weiteren EU-Austritts in den nächsten fünf Jahren mit 33% einschätzen, zeigt, dass die Möglichkeit eines solchen Ausgangs zwar unwahrscheinlich, aber doch nicht zu vernachlässigen ist. Die Kluft zwischen den Ländern ist gross. Die Finanzchefs in den südeuropäischen Ländern favorisieren eine weitergehende Integration, während ihre Kollegen im Norden eher zu einer Zukunft mit verschiedenen Geschwindigkeiten tendieren.» (Deloitte/mc/ps)

Über den European CFO Survey von Deloitte
Dies ist der fünfte halbjährliche European CFO Survey von Deloitte. Im Rahmen der Umfrage werden die Erkenntnisse der von den Mitgliedsunternehmen von Deloitte in Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Irland, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Russland, Schweden, der Schweiz, Spanien und der Türkei durchgeführten Umfragen zusammengetragen. Insgesamt nahmen 1.580 CFOs an diesen Umfragen teil, die zwischen Februar und März 2017 durchgeführt wurden. Die in diesem Bericht angeführten Prozentangaben sind nach dem BIP gewichtet, um genaue Vergleiche zuzulassen. Dabei wurde das BIP der einzelnen Länder im Verhältnis zum Gesamt-BIP der 19 teilnehmenden Länder berücksichtigt.
Die vollständigen Umfrageergebnisse, einschliesslich der Aufschlüsselungen nach den einzelnen Ländern und der früheren Umfragen finden sich auf www.deloitteresearchemea.com.

Über Deloitte in der Schweiz
Deloitte ist ein führendes Prüfungs- und Beratungsunternehmen in der Schweiz und bietet branchenspezifische Dienstleistungen in den Bereichen Audit & Risk Advisory, Consulting, Financial Advisory sowie Tax & Legal. Mit über 1‘700 Mitarbeitenden an den sechs Standorten Basel, Bern, Genf, Lausanne, Lugano und Zürich (Hauptsitz) betreut Deloitte Unternehmen und Institutionen jeder Rechtsform und Grösse aus allen Wirtschaftszweigen. Deloitte AG ist eine Tochtergesellschaft von Deloitte LLP, dem Mitgliedsunternehmen in Grossbritannien von Deloitte Touche Tohmatsu Limited (DTTL). Über DTTL sind deren Mitgliedsunternehmen mit über 245‘000 Mitarbeitenden in mehr als 150 Ländern vertreten.

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