Boeing liefert ersten Mittelstreckenjet 737 MAX aus
Seattle – Dem US-Flugzeugbauer Boeing ist bei der Auslieferung seines modernisierten Mittelstreckenjets 737 MAX fast eine Punktlandung gelungen. Nach zwischenzeitlichen Bedenken wegen möglicher Triebwerksprobleme übergab der Konzern die erste Maschine des Typs am Dienstag an die malaysische Fluggesellschaft Malindo Air – nur einen Tag später als geplant. Bei Entwicklung und Testflügen war der Airbus-Rivale aus den USA seinem Zeitplan schon mehrere Monate vorausgeeilt. Bei Bestellungen und Auslieferungen liegt Airbus› Konkurrenzmodell A320neo aber deutlich vorn.
Erst vergangene Woche hatte es so ausgesehen, als ob Boeings Zeitplan doch noch platzen könnte. Wegen möglicher Probleme mit den neuen Triebwerksmodell des französisch-amerikanischen Herstellers CFM hatte der Flugzeugbauer überraschend alle Testflüge mit der «MAX» gestoppt. Boeing sprach von einer Vorsichtsmassnahme wegen potenzieller Qualitätsmängel. Diese konnten offenbar ausgeräumt werden.
Immense Nachfrage
Für Boeing ist die neue Generation der im Grundsatz seit den 1960er Jahren gebauten Boeing 737 von grosser Bedeutung. Die Nachfrage nach den Mittelstreckenjets ist immens, während sich für Boeings riesigen Jumbo-Jet 747-8 und den noch grösseren Airbus A380 kaum noch Kunden interessieren. Dass der US-Hersteller seinen ursprünglichen Zeitplan für den Flieger um Monate übertraf, gilt in der Branche als ungewöhnlich. So ging Boeings Langstreckenjet 787 «Dreamliner» 2011 mit mehr als drei Jahren Verspätung in den Liniendienst, und Airbus musste die Auslieferung seiner Typen A380 und A350 nach hinten verschieben.
Airbus mit Zeitvorsprung
Für die Neuauflage der 737 hatte sich Boeing 2011 entschieden, nachdem der europäische Hersteller Airbus mit der sparsameren Neuauflage seines Konkurrenzjets A320 bei vielen Fluggesellschaften gepunktet hatte. Airbus› Zeitvorsprung bei Aufträgen und Bestellungen konnte Boeing bis heute nicht aufholen. Deren Modellfamilie A320neo kam bis Ende April auf 5054 Festbestellungen, Boeings 737 MAX nur auf 3714. Die erste «neo» lieferte Airbus schon Anfang 2016 an die Lufthansa aus.
Southwest soll erste Maschine im Juli erhalten
Bei der ersten «MAX» handelt es sich um die mittelgrosse Variante 737 MAX 8. Die kleinere 737 MAX 7, die längere 737 MAX 9 und die Billigflieger-Spezialausführung 737 MAX 200 mit Platz für 200 Passagiere sollen folgen. Zudem wird eine noch grössere Version mit dem Namen 737 MAX 10 erwartet. Kundin Malindo gehört zu der Lion Air Group, die vor fünf Jahren 201 MAX-Jets bestellt hatte. Die US-Fluglinie Southwest Airlines, die als erste die «MAX» bestellt hatte, soll ihre erste Maschine im Juli erhalten – zwei Monate früher als eigentlich geplant.
15 bis 20 Prozent Sprit-Einsparung
Boeing wie Airbus bewerben ihre modernisierten Jets vor allem mit einem deutlich niedrigeren Spritverbrauch. Die neuen Triebwerke sind deutlich weniger spritdurstig und zudem leiser als die Turbinen der herkömmlichen Modelle. Bei der «MAX» soll die Spriteinsparung 14 Prozent betragen, bei der «neo» 15 Prozent. Die Lufthansa berichtete bereits, dass der Airbus-Jet die Erwartungen übertreffe – und je Passagier sogar 20 Prozent Einsparung bringe.
Der sogenannte Getriebefan-Antrieb des zu United Technologies gehörenden US-Herstellers Pratt & Whitney macht Airbus aber weiterhin zu schaffen. Wegen Software- und Hitzeproblemen verschob der Flugzeugbauer schon 2016 den Grossteil der Auslieferungen in die zweite Jahreshälfte. Laut Airbus-Finanzchef Harald Wilhelm stand auch vor wenigen Wochen immer noch der Beweis aus, dass die Probleme bei dem Triebwerkstyp behoben sind.
Fluggesellschaften können bei der A320neo allerdings auswählen, ob sie den Pratt-Antrieb oder denjenigen von CFM haben wollen – eines Gemeinschaftsunternehmens des US-Konzerns General Electric und dem französischen Luftfahrtriesen Safran . Das Leap-Triebwerk von CFM wurde einige Monate später zugelassen als der von Pratt und kommt in abgewandelter Form auch bei der Boeing 737-MAX zum Einsatz. Der Verdacht auf Qualitätsprobleme hätte auch dort beinahe die Auslieferung verzögert. (awp/mc/pg)