Frankreichs Élysée-Kandidaten stimmen Anhänger auf Endspurt ein
Paris – Mit einem Appell für ein «zuversichtliches Frankreich» hat der sozialliberale Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron seine Anhänger auf den Wahlkampf-Endspurt eingestimmt. «Von elf Kandidaten wollen uns zehn zu einer Fantasievorstellung der Vergangenheit zurückführen», sagte Macron am Montag vor Tausenden Menschen in einer Pariser Konzerthalle. Der parteilose frühere Wirtschaftsminister gilt als einer der Favoriten für den ersten Wahlgang am kommenden Sonntag und die Einführung einer Stichwahl am 7. Mai. Er verteidigte erneut seine pro-europäische Linie: «Ich entscheide mich gleichzeitig für ein starkes Frankreich und ein ehrgeiziges Europa.»
Auch die Rechtspopulistin und EU-Gegnerin Marine Le Pen wollte am Montagabend mit einer grossen Kundgebung in der Hauptstadt um Stimmen werben – eine Art Fernduell der beiden laut Umfragen aussichtsreichsten Kontrahenten. Allerdings war der Vorsprung der beiden zuletzt zusammengeschrumpft. Laut einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Instituts Opinionway für «Les Echos» und Raio Classique kämen Macron und Le Pen derzeit auf 22 Prozent. Der Konservative François Fillon liegt mit 21 Prozent ganz knapp dahinter, der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon kommt auf 18 Prozent.
Vor allem Mélenchon hatte in den vergangenen Wochen stark dazugewonnen, andere Institute sahen ihn zuletzt sogar noch näher bei Macron und Le Pen. Er ging am Montag mit einer Bootstour auf einem Kanal in Paris auf Stimmenfang. Der Konservative François Fillon trat in Nizza auf und warb für sein weitgehendes Spar- und Reformprogramm: «Wir müssen unseren Staat von seinen Schulden befreien, und wir müssen unsere Wirtschaft von seinen Abgaben und Normen befreien», sagte er laut seinem Twitter-Account.
Deutschlands Wirtschaft in der Kritik
Macron, der bei seiner Kundgebung immer wieder von Rufen «On va gagner» («Wir werden gewinnen») unterbrochen wurde, warb erneut für eine «solide und ausgewogene Allianz» mit Deutschland. Zuvor hatte er allerdings die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft attackiert. Deutschland müsse zu der Einsicht kommen, «dass seine wirtschaftliche Stärke in der jetzigen Ausprägung nicht tragbar ist», sagte der unabhängig von den traditionellen Parteien antretende Kandidat den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Deutschland profitiere vom Ungleichgewicht in der Eurozone und erziele sehr hohe Handelsüberschüsse. «Die sind weder für seine eigene Wirtschaft gut noch für die Wirtschaft der Eurozone. Hier muss ein Ausgleich geschaffen werden», sagte er, ohne konkreter zu werden.
Macron bekräftigte, Deutschland erwarte vor allem, dass Frankreich endlich strukturelle Reformen einleite. Laut Umfragen könnte der 39-Jährige die Rechtspopulistin Le Pen im entscheidenden zweiten Wahlgang klar schlagen. (awp/mc/ps)