Finanzmärkte reagieren verschnupft auf absehbare Fed-Straffung

Finanzmärkte reagieren verschnupft auf absehbare Fed-Straffung

Frankfurt am Main – Die internationalen Finanzmärkte haben am Donnerstag verschnupft auf eine absehbare zusätzliche Straffung in der amerikanischen Geldpolitik reagiert. Nachdem die US-Notenbank Fed am Mittwochabend einen perspektivisch strafferen Kurs andeutete, gerieten die Aktienkurse in den USA, in Asien und auch in Europa unter Druck. Gefragt waren dagegen als sicher empfundene Anlagen wie Staatsanleihen von hoher Bonität und Gold.

Die Aktienmärkte in den USA reagierten mit moderaten Verlusten, während die Reaktionen in Asien und Europa etwas deutlicher ausfielen. Mit am stärksten fielen die Kursverluste am japanischen Aktienmarkt aus, weil der Yen als typischer sicherer Hafen zulegte und die Exportaussichten der japanischen Unternehmen trübte. In der Schweiz tendierte der Aktienindex SMI im Vormittagshandel mit einem halben Prozent im Minus.

Fed deutet weitere Straffung an
Auslöser der Börsenverluste waren deutliche Hinweise aus der amerikanischen Notenbank, dass neben Zinsanhebungen künftig auch die nach wie vor hohe Geldflut ins Auge gefasst werden soll. Der Mitschrift zur jüngsten Zinssitzung ist zu entnehmen, dass die meisten US-Notenbanker einen solchen Schritt im späteren Jahresverlauf gehen wollen. Ranghohe Notenbanker hatten dies in den Tagen zuvor in öffentlichen Auftritten bereits angedeutet.

Konkret geht es um die Verringerung der auf 4,5 Billionen US-Dollar aufgeblähten Bilanz der Notenbank. Die ist eine Folge der jahrelangen und seit längerem beendeten Wertpapierkäufe der Fed, die während der Finanzkrise zur Stützung der Konjunktur begonnen wurden. Die Fed reinvestiert weiterhin Erträge aus fälligen Wertpapieren, was die Geldflut im Finanzsektor zwar nicht erhöht, aber extrem hoch hält. Diese «Reinvestitionspolitik» soll demnächst beendet oder verlangsamt werden, mit der Folge, dass die Geldflut langsam abnimmt.

Ryan dämpft Erwartungen an Steuerreform
Am amerikanischen Anleihemarkt sorgte die Aussicht auf eine straffere Geldpolitik aber nicht – wie eigentlich zu erwarten gewesen wäre – für steigende, sondern fallende Marktzinsen. Im Gegenzug stiegen die Kurse amerikanischer Staatsanleihen. Einige Analysten begründeten dies auch damit, dass die Verringerung der Fed-Bilanz ein geringeres Tempo in der Zinsstraffung mit sich bringen könnte. In diese Richtung hatte sich vor knapp einer Woche auch der einflussreiche Notenbankchef von New York, William Dudley, geäussert. Er sprach von einer «kleinen Pause», die die Fed bei Zinsanhebungen einlegen könnte, wenn sie beginne, ihre Bilanzsumme zu verringern.

Marktteilnehmer nannten weitere Gründe für die schlechte Aktienmarktstimmung und den Zustrom in sichere Anlagen. In erster Linie wurde auf Äusserungen von Paul Ryan, Sprecher des US-Repräsentantenhauses, verwiesen. Ryan hatte Medienberichten zufolge gesagt, dass die avisierte Steuerreform mehr Zeit in Anspruch nehmen dürfte als die Gesundheitsreform. Da es schon bei letzterer der Regierung nicht gelungen war, im Parlament eine Mehrheit auf die Beine zu stellen, reagierten Anleger um so kritischer mit Blick auf die herbeigesehnte Steuerreform. Von dieser werden sich konjunktureller Schwung und damit steigende Aktienkurse erhofft. (awp/mc/pg)

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