Inflation in Japan bleibt schwach
Tokio – In Japan bleibt die Entwicklung der Verbraucherpreise trotz Negativzinsen und milliardenschwerer Wertpapierkäufe durch die Notenbank schwach. Im Oktober seien Konsumgüter ohne frische Lebensmittel erneut billiger geworden, teilte die Regierung am Freitag in Tokio mit. Dies ist ein Beleg für eine anhaltend schwache Inlandsnachfrage und meist schwache Lohnsteigerungen – sinkende Preise können zudem die Wirtschaft nachhaltig lähmen.
Der Rückgang habe im Oktober landesweit 0,4 Prozent betragen und lag damit im Rahmen der Markterwartungen. Die von der japanischen Notenbank bevorzugt beobachtete Inflationsrate (ohne frische Lebensmittel, aber mit Energie) war damit den achten Monat in Folge negativ. Dies ist die längste Minus-Serie seit fünf Jahren und nach Experteneinschätzung ein Beleg dafür, wie weit die Regierung und die Notenbank von ihrem Ziel einer Teuerungsrate von plus zwei Prozent entfernt sind.
Die japanische Notenbank versucht seit geraumer Zeit mit einer extrem lockeren Geldpolitik gegen die sinkenden Verbraucherpreise vorzugehen. Das angestrebte Inflationsziel von plus zwei Prozent musste bislang immer weiter in die Zukunft verschoben werden. Zudem hat sie signalisiert, auch ein zeitweises Überschiessen über ihr Preisziel hinaus zu tolerieren. Auch das hat bislang nicht geholfen, die schwache Preisdynamik zu verstärken.
Gesamtinflation leicht positiv
Die Gesamtinflation war im Oktober mit 0,1 Prozent zwar wieder leicht positiv. Auch deutet die einen Monat vorauslaufende Inflationsberechnung in der Metropole Tokio nach oben. Dies ist aber im Wesentlichen eine Folge der Ölpreisentwicklung: Nach einem Preisverfall im Vorjahr sind die Ölpreise gegenwärtig recht stabil. Deswegen fällt der starke Vorjahresrückgang Zug um Zug aus der Jahresrate heraus, was die Gesamtinflation quasi automatisch anhebt.
Dieser Effekt habe nichts mir einer «gesunden Inflationsdynamik» zu tun, etwa in Form steigender Löhne, kommentierte Expertin Esther Reichelt von der Commerzbank. Sie betonte auch, dass die Inflationserwartungen – anders als derzeit in den USA und abgeschwächt in Europa – nicht steigen und sich nach wie vor um die Nulllinie herum bewegten. Das spricht gegen künftig steigende Inflationsraten.
In den USA sind die Inflationserwartungen, die eine hohe Bedeutung für die faktische Inflation haben, seit der US-Wahl deutlich gestiegen. Grund ist die vom designierten US-Präsidenten erwartete Finanzpolitik, bestehend aus Steuersenkungen und Ausgabensteigerungen. Analysten sprechen in Anlehnung an Trump von «Trumpflation». Davon sei in Japan nichts zu sehen, urteilte Reichelt.
Zeichen schwacher Inlandnachfrage
Die trübe Preisentwicklung ist unter anderem ein Zeichen einer schwachen Nachfrage im Inland. Sie birgt zum Beispiel die Gefahr, dass Verbraucher Kaufentscheidungen aufschieben und damit die Wirtschaft weiter lähmen. Hinzu kommt, dass die japanischen Unternehmen die Löhne bestenfalls moderat anheben und damit Forderungen von Premier Shinzo Abe nach stärkeren Gehaltssteigerungen nicht nachkommen.
Da die Preise in vielen Ländern auf der Stelle treten, orientieren sich derzeit viele Notenbanken – wie zum Beispiel auch die Europäische Zentralbank (EZB) weltweit bei ihrer Politik an einem Inflationsziel. (awp/mc/upd/ps)