Allianz bremst trotz Gewinnsprung die Euphorie
München – Geringe Schäden und ein starkes Lebensversicherungsgeschäft haben die Allianz im Sommer ein deutliches Stück vorangebracht. Auch der Abfluss von Kundengeldern bei der US-Fondstochter Pimco ist vorerst gestoppt. Die Führungsspitze von Europas grösstem Versicherer sieht die Bäume dennoch nicht in den Himmel wachsen. Für 2016 stellte Finanzchef Dieter Wemmer am Freitag weiterhin einen operativen Gewinn in der Mitte zwischen 10 und 11 Milliarden Euro in Aussicht. Die Anteilseigner können sich auf einen milliardenschweren Aktienrückkauf freuen.
Unter dem Strich verdiente die Allianz in den Monaten Juli bis September knapp 1,9 Milliarden Euro und damit rund 37 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Während der Umsatz um ein halbes Prozent auf 27,7 Milliarden Euro wuchs, legte der operative Gewinn um 18 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro zu. Dabei warfen alle Sparten mehr ab als im Sommer 2015. «Unsere Bemühungen, das Geschäft in einem sehr schwierigen Umfeld weiterzuentwickeln, zahlen sich aus», sagte Wemmer. In vielen Geschäftsbereichen machte er ein nachhaltiges profitables Wachstum aus.
Nach drei Quartalen weiter im Rückstand
Auf die ersten neun Monate gesehen liegt die Allianz jedoch weiterhin leicht hinter dem Vorjahr zurück. Beim operativen Ergebnis beträgt der Rückstand rund zwei Prozent, beim Überschuss rund ein Prozent. Dies lag vor allem an hohen Katastrophenschäden durch die schweren Unwetter in Deutschland und Frankreich im Mai und Juni sowie dem geplanten Verkauf des Südkorea-Geschäfts, das zur Jahresmitte hohe Abschreibungen in der Bilanz verursacht hatte.
Für das Gesamtjahr zeigte sich Wemmer zuversichtlich, zumal auch die Zerstörungen durch Hurrikan «Matthew» im Oktober die Allianz nach seiner Schätzung höchstens 20 Millionen Euro kosten dürften. Dennoch wollte er nicht versprechen, dass der operative Gewinn die Mitte der angepeilten Spanne – also 10,5 Milliarden Euro – in diesem Jahr merklich überschreitet. Im vergangenen Jahr hatte die Allianz operativ noch 10,7 Milliarden Euro verdient. Für 2016 gingen Analysten zuletzt von 10,4 Milliarden aus.
Geringe Grossschäden
Im dritten Quartal blieb der Versicherer von teuren Schäden durch Naturkatastrophen weitgehend verschont. Die Erdbebenwelle in Italien im August kostete die Allianz laut Wemmer nur 1,5 Millionen Euro. Am teuersten schlugen Überschwemmungen im US-Bundesstaat Lousiana zu Buche. Im Schaden- und Unfallgeschäft verdiente die Allianz daher operativ vier Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Bei den Lebens- und Krankenversicherungen schoss das Ergebnis um gut die Hälfte nach oben, nachdem zuvor Rückstellungen für das Südkorea-Geschäft belastet hatten. Dabei kamen dem Versicherer höhere Gewinnspannen bei der Kapitalanlage in den USA und Frankreich zugute.
In der Vermögensverwaltung gelang es der Allianz, den jahrelangen Abfluss von Milliardensummen bei ihrer kalifornischen Fondstochter Pimco zu stoppen. Auch beim Gewinn der gesamten Vermögensverwaltung ging es wieder leicht aufwärts. Pimco verzeichnete im dritten Quartal die ersten Nettomittelzuflüsse externer Anleger von 4,7 Milliarden Euro – die ersten seit dem zweiten Quartal 2013. Vor allem nach dem Rauswurf des Pimco-Mitgründers Bill Gross 2014 hatten Kunden hohe Summen abgezogen. «Dass jetzt alle Zahlen immer aufwärts gehen, glaube ich allerdings nicht», sagte Wemmer und hatte dabei das Verhalten der Anleger nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl im Auge.
Aktienrückkauf in Sicht
Die Allianz-Aktionäre können sich derweil auf einen milliardenschweren Geldsegen einstellen. Denn der Versicherer wurde auf der Suche nach grösseren Übernahmezielen bislang nicht fündig. 2,5 Milliarden Euro stehen laut Wemmer für Zukäufe bereit, doch die Preise interessanter Unternehmen sind nach Ansicht der Münchner zu hoch. Sollte sich bis Jahresende kein Zukauf abzeichnen, werde der Versicherer mit dem Geld eigene Aktien zurückkaufen, sagte Wemmer. Die Allianz hatte sich 2014 eine regelmässige Überprüfung ihres Übernahmebudgets verordnet. (awp/mc/pg)