«Politische Risiken fesseln Finanzmärkte»
Christopher Dembik, Volkswirt bei der Saxo Bank. (Foto: Saxo Bank)
Zürich – „Investoren mussten auf die harte Tour lernen, dass es für die Finanzmärkte keinen ruhigen Sommer geben wird. Seit dem Sieg der Brexit-Befürworter in Großbritannien haben sich die Risiken sichtbar erhöht und die Warnleuchten für die Weltwirtschaft leuchten einmal mehr tiefrot auf“, sagt Christopher Dembik, Volkswirt bei der Saxo Bank.
Der globale ISM-Einkaufsmanagerindex habe jüngst verdeutlicht, dass es für die globale Wirtschaft das schwächste Quartal seit 2012 gewesen sei. Erste Anzeichen einer Rezession in Großbritannien hätten sich angedeutet, zudem nähmen geopolitische Risiken weiter zu. „Diese Entwicklungen dürften die Finanzmärkte und die Weltwirtschaft der kommenden Monate entscheidend prägen“, sagt Dembik.
Zwischen dem 26. September und dem 8. November 2016 finden in Europa und den USA sechs wichtige Wahlen und ein Referendum statt, wobei jede dieser Wahlen für sich genommen eher geringe Auswirkungen habe. „Es ist allerdings die Summe der hiervon ausgehenden Risiken in einer sehr kurzen Zeitspanne, die sich negativ auf die Finanzmärkte auswirken könnte. Ab September werden Investoren kaum Zeit zum Luftholen bekommen“, sagt Dembik.
„Zugleich richten sich im August erneut alle Augen auf die Zentralbanken – insbesondere von der Bank of England und der türkischen Zentralbank sind weitere Lockerungsprogramme zu erwarten“, sagt Dembik. Viele Investoren würden sich zudem auf das Jackson Hole Economic Policy Symposium vom 25. bis 27. August in Wyoming konzentrieren. Zum diesjährigen Motto „Designing Resilient Monetary Policy Frameworks for the Future“ würde Janet Yellens Rede von Investoren sehr genau beobachtet werden. „Es wird darum gehen, Rückschlüsse im Bezug auf die weitere Entwicklung der US-Geldpolitik sowie das mögliche Ergebnis des September-Treffens der Fed zu ziehen. Das Zeitfenster für eine US-Zinserhöhung dürfte zu keinem anderen Zeitpunkt offener stehen als im Herbst“, sagt Dembik.
„Das grosse Paradoxon dieser Zeit ist, dass die Risiken seit sehr langer Zeit nicht mehr so zahlreich waren wie heute und dennoch blicken Investoren einigermaßen zuversichtlich in die Zukunft“, sagt Dembik. Der Macro Risk Index der Citi Group stünde bei 2,24, was auf relativ entspannte Anleger hindeute. „Die Diskrepanz zwischen der Marktwahrnehmung und der makroökonomischen Lage wird so nicht lange bestehen bleiben. Man wird früher oder später auf den Boden der Tatsachen zurückkehren“, sagt Dembik.