Dätwyler übernimmt Premier Farnell für 848 Mio Franken
Paul J. Hälg, CEO Dätwyler Gruppe. (Foto: Dätwyler)
Altdorf – Der Industriekonzern Dätwyler wird dank einer Übernahme in Grossbritannien mehr als doppelt so gross. Für einen Kaufpreis von über 1 Mrd CHF kauft sich Dätwyler die britische Premier Farnell und holt sich damit über 1,3 Mrd CHF an Umsatz ins Haus. Damit rückt Dätwyler als Distributor von elektronischen Komponenten unter die global gesehen fünf grössten Unternehmen vor. Mit dieser Übernahme steigt zudem die Profitabilität von Dätwyler, gleichzeitig aber auch die Verschuldung. In Marktkreisen ist die anfängliche Skepsis bis am Nachmittag einer neutraleren Sichtweise gewichen.
Verschiedene Kommentatoren bezeichneten in ersten Reaktionen den Kaufpreis von 1,09 Mrd CHF inklusive Schulden als teuer. Die Barkomponente des Deals beläuft sich auf 848 Mio CHF. Der per Ende Jahr als CEO abtretende Paul Hälg indes nannte den Preis an einer Medienkonferenz als «sehr attraktiv». «Premier Farnell hat schon länger auf unserer Wunschliste gestanden, die Akquisition passt strategisch perfekt zu Dätwyler», sagte er.
Umsatzverdoppelung
Am Dienstagmorgen hatte Dätwyler die grösste Übernahme der Unternehmensgeschichte publik gemacht. Premier Farnell ist ein Distributor von elektronischen Bauteilen, entsprechend wird er mit der Division Technical Components von Dätwyler zusammengelegt. Der Umsatz dieser Division steigt damit gemessen an den Werten von 2015 auf 1,8 Mrd CHF von 460 Mio für die bisherige Division allein. Inklusive der rund 700 Mio der bisher grösseren Division für Dichtungslösungen, Sealing Solutions, wird sich damit der Gesamtumsatz des Konzerns auf 2,5 von 1,17 Mrd CHF mehr als verdoppeln.
Dätwyler verspricht sich durch diese Übernahme eine Gewinnverdichtung, so soll der Gewinn je Aktie bereits im ersten Jahr deutlich zunehmen, dies ohne den Einfluss von Synergien und Implementierungskosten. Auf Stufe EBITDA werden bis Ende 2019 jährlich wiederkehrende Synergien von 50 bis 70 Mio CHF erwartet, wovon je etwa die Hälfte auf Kosteneinsparungen und auf Synergieeffekte entfallen. Unter Berücksichtigung der Abschreibungen aus den zusätzlichen Investitionen sollen ab Ende 2019 jährliche Synergien auf EBIT-Level im Bereich von 40 bis 60 Mio CHF anfallen.
In den ersten drei Jahren nach der Transaktion werden dafür voraussichtlich zusätzliche Ausgaben von rund 80 Mio CHF für Investitionen in die kombinierte Infrastruktur erforderlich sein und die einmaligen Integrations- und Akquisitionskosten dürften sich über zwei Jahre hinweg auf insgesamt 40 Mio CHF belaufen. Der Vollzug der Transaktion wird für das vierte Quartal 2016 erwartet.
Finanzierung gesichert
Der Finanzierungsbedarf für die Transaktion in Höhe von 848 Mio CHF sei gewährleistet durch 162 Mio CHF an bestehenden Barmitteln, einem langfristigen Darlehen über 286 Mio CHF sowie einem Überbrückungsdarlehen in der Höhe von 400 Mio CHF. Von diesem Überbrückungsdarlehen sollen 140 Mio zu einem späteren Zeitpunkt im öffentlichen Anleihenmarkt und der Rest durch eine Eigenkapitalemission refinanziert werde. Die Eigenkapitalkomponente soll durch eine Kapitalerhöhung in Höhe von rund 200 Mio CHF sowie durch eine Platzierung eigener Aktien mit einem Erlös in Höhe von rund 60 Mio aufgenommen werden. Hälg bezeichnete in diesem Zusammenhang die Finanzierungsstruktur als solid.
Sowohl auf Produkteebene als auch geografisch gesehen würden sich die beiden Unternehmen ideal ergänzen, meinte Hälg. Auch Neil Harrison, Leiter der Division Technical Components, sprach von grossen geografischen Synergien. Zum Beispiel gebe es mit dem Heimmarkt von Premier Farnell, Grossbritannien, keine Überlappungen. Deshalb erwartet Dätwyler auch keinen Widerstand der Wettbewerbsbehörden. (awp/mc/pg)