Pro-Service-public-Initiative bei Linken und SVP-Anhängern populär
(Bild: Onidji)
Bern – Die von Bundesrat und allen Parteien im Parlament bekämpfte Pro-Service-public-Initiative würde derzeit vom Volk angenommen. Bei Linken und SVP-Anhängern ist das Anliegen gemäss der ersten SRG-Trendumfrage populär. Abgestimmt wird am 5. Juni.
Bestimmt für oder eher für die Initiative waren 58% der vom Forschungsinstitut gfs.bern Befragten. 26% waren dagegen, wie aus der am Freitag veröffentlichten Kurzstudie zur Abstimmung hervorgeht. Einen gleich hohen Ja-Anteil hatte schon die eine Woche zuvor veröffentlichte gewichtete Online-Umfrage der Medien des Tamedia-Konzerns ermittelt.
Gemäss der SRG-Trendumfrage punktet die Initiative vor allem bei Wählern der SP (70% Ja) und der Grünen (68%). Die Linke hatte sich in der Vergangenheit stets für den Service public stark gemacht, lehnt diese Initiative aber ab. Diese verlangt, dass der Bund in der Grundversorgung nicht nach Gewinn strebt.
Doch auch 62% der SVP-Anhänger sind dafür. Bei den CVP-Anhängern wollen 55% Ja stimmen und bei den FDP-Wählern derzeit immerhin noch 48%.
Hohe Managerlöhne bei SBB und Post
Die Initiative verlangt auch, dass in bundesnahen Betrieben nicht mehr verdient werden soll als in der Bundesverwaltung. Dies ist gemäss gfs.bern das populärstes Argument. 70% der Teilnahmewilligen meinten, ein höherer Lohn als jener der Bundesrätinnen und Bundesräte sei stossend. Weitere 69% wollen den Leistungsabbau bei SBB, Post und Swisscom stoppen.
Die Initiativ-Gegner finden dagegen zu 82%, die Grundversorgung funktioniere gut. Und rund die Hälfte stören sich am Gewinnverbot. Noch keine Meinung hatten 16%. Da nur die Hälfte der Befürworter sicher Ja stimmen will, kann das Resultat bis zum 5. Juni noch drehen.
Das Forschungsinstitut befragte zwischen dem 18. und 23. April in allen Landesteilen 1209 Teilnahmewillige per Telefon.
Ja zur Asylgesetzrevision
Mit 59% Ja oder eher Ja und 30% Nein bereits beschlossene Sache zu sein scheint die Asylgesetzrevision, gegen die die SVP das Referendum ergriffen hat. Doch auch hier legen sich die Meinungsforscher nicht fest: «Im Normalfall» dürfte zwar ein Ja resultieren; im Spezialfall sei der «Ausgang aber offen», schreibt gfs.bern.
Einen Umschwung könnten Ereignisse im In- wie Ausland bringen, wie aus der am Freitagabend veröffentlichten Langfassung der gfs-Studie hervorgeht. Die Autoren verweisen dabei auf das «Kippen der Stimmung zur Willkommenskultur in Deutschland».
Auf die «Schweizer Stimmungslage übersetzt sehen wir vor allem die Fragen des militärischen Grenzschutzes und der Obergrenzen für Asylsuchende als virulent an, verbunden mit der Unterbringung von Flüchtlingen in den Gemeinden, denn diese macht Asylfragen am ehesten direkt erlebbar.»
Pro und contra Rechtsberatung
Die von den Tamedia-Medien publizierte Online-Umfrage hatte bei der Asylgesetzrevision keine so deutliche Zustimmung gesehen: Demnach waren nur 43% dafür und 35% dagegen. Populärste Botschaft der Ja-Seite ist laut gfs.bern die Beschleunigung der Entscheidungen. 80% aller Befragten fänden dies richtig.
Bei den von der SVP als «Gratisanwälte» bekämpften Rechtsberatung taten sich Widersprüche auf: Zwar befürworteten 69% eine Rechtsberatung der Asylsuchenden, um korrekte und faire Verfahren zu garantieren. Zugleich stimmten aber 59% der Aussage zu, die Finanzierung von «Gratisanwälten» über Steuergelder sei abzulehnen. Kritik äusserten auch 70% an möglichen Enteignungen.
Gfs.bern folgert, beide Seiten hätten mehrheitsfähige Botschaften. Die Stimmenden wägen noch ab.
Autofahrer dafür
Spannend dürfte es auch bei der Milchkuh-Initiative werden: Der Nein-Anteil liegt bei 47%, der Ja-Anteil bei 42%.
Die Befürworter lassen sich auf folgende Formel bringen: Wenn jemand zwei oder mehr Autos besitzt, in der lateinischen Schweiz wohnt und SVP- oder FDP-Wähler ist, ist die Chance gross, dass er ein Ja in die Urne legt. Lebt dagegen jemand in der Deutschschweiz, besitzt kein Auto und ist einer linken oder grünen Partei zugeneigt, dann dürfte diese Person Nein stimmen.
In der Tamedia-Online-Umfrage hatten der Initiative «Für eine faire Verkehrsfinanzierung» gar knappe 52% der Teilnehmenden zugestimmt. Die Initiative verlangt, dass Einnahmen aus dem Strassenverkehr nur noch für die Strasse verwendet werden.
Grundeinkommen chancenlos
Bei beiden Erhebungen keine Chance hatte die Initiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen». Bei gfs.bern/SRG lehnten 72% der Befragten diese ab, bei Tamedia noch 57%.
Beim Fortpflanzungsmedizingesetz (PID) fragte nur Tamedia nach: Dort waren 44% dafür; 36% dagegen. An der Online-Umfrage nahmen am 18. und 19. April rund 20’000 Personen teil. (awp/mc/ps)