Telecom-Italia-Chef Marco Patuano tritt im Streit mit Grossaktionär ab
Telecom Italia-Chef Marco Patuano. (Foto: Telecom Italia)
Rom – Telecom-Italia-Chef Marco Patuano hat den Machtkampf mit dem französischen Grossaktionär Vivendi verloren. Seit längerem lag Patuano mit Vivendi-Verwaltungsratschef Vincent Bollore über Kreuz. Nun tritt der Italiener zurück, wie der ehemalige italienische Staatsmonopolist am Montag mitteilte. Vivendi hatte sich in den vergangenen Monaten mit knapp 25 Prozent der Anteile ein stimmgewichtiges Aktienpaket zusammengekauft und auf den Verkauf von Unternehmensteilen gedrängt.
Offiziell nannte Telecom Italia zunächst keine Gründe für den Rückzug an der Konzernspitze. Der Zwist zwischen Patuano und Bollore war aber ein offenes Geheimnis. Letztlich konnte der Italiener dem Druck des machtbewussten Franzosen nicht mehr standhalten. Berichten der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge könnte Patuano den Ausstieg mit 7 Millionen Euro versüsst bekommen, wenn das Unternehmen den Rücktritt formal absegnet. Der Aktienkurs legte in Madrid am Nachmittag um mehr als 3 Prozent zu.
Knackpunkt Brasilien-Strategie
Knackpunkt war die Strategie in Brasilien. Bollore hat sich immer wieder für einen Verkauf des dortigen Geschäfts und eine stärkere Konzentration auf den italienischen Markt ausgesprochen. Mit dem Mobilfunker Tim Brasil ist Telecom Italia die Nummer zwei im vielversprechenden brasilianischen Markt. In Italien hat der ehemalige Staatsmonopolist auch unter Patuano in dessen zweieinhalbjähriger Amtszeit die Kehrtwende nicht hinbekommen – die Umsätze schwinden weiter. Im vergangenen Jahr stand unter dem Strich gar ein Verlust.
Der Milliardär Bollore gilt als Aktionär, der sich stark in die Geschäfte seiner Beteiligungen einmischt. Zuletzt soll er nach den kräftigen Vivendi-Investitionen in Telecom Italia die Geduld mit Patuano verloren haben. Der französische Medienkonzern, der unter anderem den Bezahlfernsehsender Canal Plus und den Musikverlag Universal Music kontrolliert, hatte zuvor bereits wichtige Posten im Verwaltungsrat der Italiener besetzt und verlangte hinter den Kulissen wohl auch weitere Kostensenkungen.
Verwaltungsratschef Giuseppe Recchi übernimmt interimistisch
Zuletzt hatten sich die Anzeichen für ein baldiges Aus Patuanos verdichtet. So bekam die Presse Wind davon, dass Vivendi-Vorstandschef Arnaud de Puyfontaine sich bereits mit möglichen Nachfolgekandidaten Kontakt aufgenommen haben soll.
Bis ein Nachfolger für Patuano gefunden ist, soll dem Vernehmen nach Verwaltungsratschef Giuseppe Recchi die operative Leitung des Konzerns übernehmen. Favorit für den Posten des Vorstandschefs ist Flavio Cattaneo, der derzeit den Hochgeschwindigkeitszug-Betreiber Nuovo Trasporto Viaggiatori leitet. Ebenfalls im Gespräch sei der frühere Chef des italienischen Telekomanbieters Wind, Luigi Gubitosi. (awp/mc/upd/ps)