Jeder sieht die Welt durch seine eigene Brille
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Zürich – Wie lässt sich die öffentliche Meinung im Sinne des Klimaschutzes beeinflussen? Dieser Frage geht der ETH-Politikwissenschaftler Thomas Bernauer in einer aktuellen Studie nach. Seine ernüchternde Antwort: Es gibt kein Patentrezept.
Die Politik ist gefragt, Massnahmen gegen den drohenden Klimawandel zu ergreifen. Doch der Erfolg solcher Massnahmen setzt die Akzeptanz und Unterstützung durch die Öffentlichkeit voraus. Daher suchen Politiker ebenso wie Klimawissenschaftler nach Wegen, um das Thema und die damit verbundenen kostspieligen politischen Massnahmen greifbarer und verständlicher zu machen. «Wir sind der Frage nachgegangen, ob und wie sich die Einstellung der Öffentlichkeit zur Klimapolitik und den Risiken des Klimawandels allenfalls beeinflussen lässt», berichtet Thomas Bernauer, Professor für Politikwissenschaft an der ETH Zürich.
«Vor allem wollten wir wissen, ob es besser ist, ökonomische Begründungen wie positive Effekte der Klimapolitik auf technologische Innovation und den Arbeitsmarkt sowie persönliche Aspekte wie den Schutz der Gesundheit in den Mittelpunkt zu stellen, anstatt wissenschaftliche Fakten und Risiken des Klimawandels zu kommunizieren». Vorangegangene Studien anderer Forscher hatten darauf hingedeutet, eine emotionalere und persönlichere Darstellung könnten die Akzeptanz politischer Massnahmen gegen den Klimawandel erhöhen.
Jeder hört nur, was er hören will
Das Ergebnis der aktuellen Studie: Es gibt kein Patentrezept, um Klimapolitik besser zu «verkaufen». «Jeder sieht die Welt durch seine eigene ideologische Brille», erklärt Bernauer. Nicht die konkrete Begründung sondern die Voreinstellung sei entscheidend, ob Menschen Klimaschutz für wichtig und richtig halten oder eben nicht. «Je nach Sozialisierung, politischer Einstellung sowie Aspekten wie Alter, Geschlecht und Bildung variiert die Meinung zur Klimapolitik». Wer bislang grüne Politik unterstütze, finde seine Sicht durch jegliche Art von Argumenten bestätigt. Während derjenige, der auch bisher schon dem Klimawandel skeptisch gegenübergestanden habe, sich auch durch ökonomische und gesundheitsbezogene Begründungen für den Klimaschutz nicht beeinflussen lasse.
Die Basis für dieses Studienergebnis lieferte eine Online-Befragung unter mehr als 1600 US-Amerikanern. Dabei wurden den Befragten unterschiedliche Begründungen für (kostspielige) Klimaschutzmassnahmen nach dem Zufallsprinzip zugewiesen und die Auswirkungen dieser Begründungen auf Einstellungen zum Klimaschutz erfasst. Die Befragung ist Teil eines fünfjährigen Forschungsprojekts zum Thema Klimawandel. Im Rahmen eines Advanced Grants des europäischen Forschungsrats ERC erforscht Bernauers Team hierbei die öffentliche Meinung zum Klimaschutz in den USA, China, Brasilien, Indien, Deutschland und der Schweiz.
Nicht ein einzelnes Argument ist entscheidend
«Natürlich ist das Ergebnis der Befragung in gewisser Hinsicht ernüchternd», gibt der ETH-Professor zu. Aber nur, wenn man es aus Sicht der Klimaschützer betrachte. «Im Grunde ist es gut, dass Menschen sich nicht so einfach beeinflussen lassen», betont Bernauer. Für die Kommunikation in der Klimapolitik bedeute das Forschungsergebnis, dass weiterhin eine umfassende Mischung aus Informationen zum Klimawandel und Begründungen für den Klimaschutz notwendig sei. Wissenschaftliche Informationen zu den Risiken seien genauso wichtig wie Botschaften zu Gesundheits-, Technologie- und Arbeitsmarktaspekten. (ETH/mc/pg)