ChemChina bietet 43 Mrd Dollar für Syngenta
Syngenta-VRP Michel Demaré. (Screenshot)
Basel – Nun begibt sich der Agrarchemiekonzern Syngenta doch in fremde Hände, nachdem noch im Sommer die Avancen des US-Rivalen Monsanto vehement abgewehrt wurden. Die Basler haben nun mit ChemChina ihren Partner gefunden, geben dafür aber ihre Unabhängigkeit auf. An der Börse glaubt man noch nicht so ganz an den Deal.
Mit dem Kauf von Syngenta wird nun ChemChina zu einem wichtigen Mitspieler der Agrochemie-Branche weltweit. Es wäre die bisher grösste chinesische Übernahme im Ausland. Der Syngenta-Verwaltungsrat empfiehlt den Aktionären «einstimmig», das Angebot anzunehmen.
So schnell kann es gehen: Noch vor rund zwei Jahren hat China mehrmals Maislieferungen aus den USA zurückgewiesen, weil sie mit der Syngenta-Maissorte «Agrisure Viptera» verunreinigt waren, was den Baslern eine Klagewelle eingebrockt hat. Nun wird Syngenta im Reich der Mitte mit offenen Armen empfangen. Das Unternehmen soll nämlich Chinas Landwirtschaft technologisch voranbringen.
Chinas Landwirtschaft voranbringen
«Heute verlassen sich die Landwirte in China noch sehr stark auf traditionelle Methoden», erklärte ChemChina-Chairman Ren Jianxin am Mittwoch vor den Medien. Doch sein Land beherberge 22% der Weltbevölkerung, verfüge über nur gut 6% der bewirtschaftbaren Ackerflächen weltweit. China brauche daher eine deutliche Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität. Syngentas Portfolio an Chemikalien und patentgeschütztem Saatgut sollen dabei helfen.
Gemeinsam werde man Lösungen für den weltweit wachsenden Nahrungsmittelbedarf finden, sagte Jianxin. Er und Syngenta-Chairman Michel Demaré betonten, dass man sich im Rahmen der Übernahmeverhandlungen «auf die höchsten Standards zur Corporate Governance» verständigt habe, sowie auf «höchste Umweltstandards». Demaré ergänzte: «Und Syngenta bleibt Syngenta mit Hauptsitz in der Schweiz».
Der Staatskonzern offeriert pro Syngenta-Aktie 480 CHF in bar, damit wird Syngenta mit über 43 Mrd USD bewertet. Zudem kommen die Aktionäre in den Genuss der Dividende von 11 CHF pro Titel für das abgelaufene Geschäftsjahr 2015. Bei 470 CHF je Aktie von Monsanto war Syngenta noch standhaft geblieben.
Laut Jianxin ist derzeit noch offen, wie die Besitzerstruktur von Syngenta künftig aussehen werde. Für die Zukunft hält sich der neue Besitzer die Option offen, zumindest einen Teil der Aktien auch wieder an der Börse handeln zu wollen. Doch derzeit sei die künftige Finanzstruktur offen. Es gebe «eine Vielzahl interessierter Investoren». Diese könnten künftig «in die Transaktion oder in ChemChina investieren».
Zustimmung der USA notwendig?
Demaré geht nicht davon aus, dass der Übernahme seines Unternehmens wesentliche Hürden in den Weg gestellt werden. Als Kernfrage gilt unter Marktbeobachtern, ob das amerikanische Komitee für ausländische Investitionen in den USA (CFIUS) dem Deal zustimmen muss. Das Aufsichtsgremium prüft Übernahmen unter dem Gesichtspunkt der nationalen Sicherheit und gilt als nicht besonders chinafreundlich. «Ich bin mir sicher, dass es keine Probleme gibt», so Demaré.
Für den Fall, dass die Transaktion nicht zustande kommt, wird eine Vertragsstrafe fällig. Sollte der Deal an ChemChina scheitern, liegt die sogenannte «Break-up Fee» bei 3,0 Mrd USD, erklärte Ramsay im Gespräch mit AWP. Im umgekehrten Fall seien es 1,5 Mrd.
Rückläufige Gewinnzahlen
Die Zahlen zum Geschäftsjahr 2015 traten angesichts der Entwicklung in den Hintergrund. Umsatz, operatives Ergebnis und Reingewinn fielen dabei vor allem wegen der gestiegenen Berichtswährung US-Dollar (deutlich) tiefer aus, die EBITDA-Marge legte allerdings zu.
«Das ist ein sehr robustes Zahlenset» kommentierte John Ramsay, Konzernchef ad interim. «Das werden Sie sehen, wenn auch die Zahlen unserer Mitbewerber vorliegen», ergänzte er mit Verweis auf ein «widriges» Marktumfeld.
An der Börse sieht man den Deal derweil offenbar noch nicht in trockenen Tüchern. Nach einem anfänglichen Kurssprung bis auf 420 CHF gingen die Syngenta-Valoren mit einem Plus von 2,7% auf 403,00 CHF und damit deutlich unter dem Angebotspreis aus dem Handel. Neben möglichen regulatorischen Hürden wird im Handel auch auf den in den letzten Wochen wach gewordenen Widerstand im Aktionariat der Basler gegen einen Unternehmensverkauf nach China verwiesen. (awp/mc/pg)