Sanierung nach Bilanzskandal brockt Toshiba Rekordverlust ein
Toshiba-CEO Masashi Muromachi.
Tokio – Die radikale Sanierung nach einem schweren Bilanzskandal bringt dem Technologieriesen Toshiba den höchsten Verlust seiner Geschichte ein. Der Fehlbetrag dürfte zum Bilanzstichtag 31. März 2016 bei 550 Milliarden Yen (4,2 Mrd Euro) liegen, wie das japanische Unternehmen am Montag mitteilte.
Rund 10’000 Arbeitsplätze werden gestrichen, die Produktion von Fernsehern im Ausland eingestellt und Fabriken geschlossen. Auch die ebenfalls verlustbringende PC-Sparte sowie das Geschäft mit Haushaltsgeräten werden konsolidiert. Damit zieht sich der japanische Traditionskonzern angesichts scharfer Konkurrenz schrittweise aus dem Geschäft mit Verbraucherelektronik zurück.
Der Umbau bei Toshiba folgt auf einen schweren Bilanzskandals, der Anfang des Jahres aufgeflogen war. Eine Untersuchungskommission kam zu dem Schluss gekommen, dass der Konzern den Nettogewinn über sieben Jahre um mehr als 155 Milliarden Yen aufgebläht hatte. Der Gewinn vor Steuern war um 224,8 Milliarden Yen zu hoch ausgewiesen worden. Der Skandal kostete mehrere Top-Manager den Job. 50 Aktionäre reichten kürzlich gegen drei frühere Präsidenten und zwei Finanzchefs Schadenersatzklage ein.
Japanische Hersteller massiv unter Druck
Die Sanierung kommt zudem zu einer Zeit, da Rivalen aus Südkorea wie Samsung und LG sowie zahlreiche junge Wettbewerber aus China die einst mächtigen japanischen Hersteller massiv unter Druck setzen. Toshiba war das erste Unternehmen in Japan, das 1959 einen Farbfernseher entwickelte. Zuletzt war Toshiba die Nummer drei im japanischen Markt nach Sharp und Panasonic. Die Fernsehgeräte-Produktion in Japan war bereits vor einigen Jahren eingestellt worden. Jetzt verkauft Toshiba auch seine TV-Produktionsstätte in Indonesien und überträgt eine weitere Fabrik in Ägypten auf den örtlichen Joint-Venture-Partner El Araby Group.
Das Geschäft mit Fernsehgeräten wird von hohen Überkapazitäten und einem scharfen Preiskampf bestimmt. China wurde inzwischen zum wichtigsten Markt für Fernseher mit besonders hoher Ultra-HD-Auflösung und zum grössten Hersteller entsprechender Panels. Den japanischen Anbietern machen die höheren Produktionskosten zu schaffen – und in den vergangenen Jahren zeitweise auch der starke Yen. Besonders hart traf es den LCD-Pionier Sharp, auch Sony verlor jahrelang viel Geld mit Fernsehgeräten und bekam das Geschäft erst durch harte Sparmassnahmen in den Griff.
Radikalumbau
Nun baut auch Toshiba radikal um. So wird das Entwicklungszentrum für Fernseher und Personal Computer im Westen Tokios geschlossen und verkauft. Die Anlage hatte eine entscheidende Rolle bei der Vermarktung des weltweit ersten Laptop-Computers im Jahre 1985 gespielt.
Toshiba war auch das Unternehmen, das als erster Konzern in Japan 1930 eine elektrische Waschmaschine entwickelte. Heute baut Toshiba Haushaltsgeräte in Ländern wie China und Indonesien. Im Zuge der anstehenden Konsolidierung der Geschäftssparte streicht Toshiba jedoch jetzt 6800 Stellen sowie weitere 1000 Arbeitsplätze in der Verwaltung. Eine Waschmaschinenfabrik in Indonesien wird verkauft.
Das Unternehmen hatte zuvor bereits Pläne bekanntgegeben, 2300 Stellen in der Halbleiter-Sparte zu streichen, nachdem das Geschäft mit Bildsensoren an den heimischen Konkurrenten Sony verkauft worden war. Während sich Toshiba damit langsam aus dem Geschäft mit Verbraucherelektronik zurückzieht, konzentriert man sich zunehmend auf die Atomkraft und andere Geschäfte mit Unternehmenskunden. Schon das vergangene Geschäftsjahr hatte der Konzern mit einem Verlust abgeschlossen. (awp/mc/upd/ps)