Rafael Waber, Geschäftsführer SwissShrimp AG, im Interview
Rafael Waber, Geschäftsführer SwissShrimp AG. (Foto: zvg)
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Waber, die SwissShrimp AG hat in ihrer Pilotanlage in Luterbach (SO) rund 200 kg Shrimps «geerntet» und den Beweis der technischen Machbarkeit erbracht. Wie kommt man auf die Idee, weitab vom Meer eine Shirmps- resp. Garnelenzucht betreiben zu wollen?
Rafael Waber: Viele wertorientierte Konsumenten haben das Vertrauen in die Ware verloren und die Gourmets wünschen sich frische statt monatealte, tiefgefrorene oder bereits gekochte Ware. Die Ursprungsidee war, Shrimps in der Schweiz auf transparente Art zu produzieren und fangfrisch anbieten zu können, sodass Schweizerinnen und Schweizer mit gutem Gefühl eine lokale Delikatesse geniessen können.
Was hat Ihnen der Pilotbetrieb über die reine Machbarkeit hinaus aufgezeigt? Wo lagen die grössten Schwierigkeiten?
Wir wollten herausfinden, welches die Kostentreiber sind, und mit eigenen Händen anpacken. Jetzt können wir künftige Projekthürden besser einschätzen und wissen wovon wir sprechen – wir haben es am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet Shrimpsfarmer zu sein. Die grössen Schwierigkeiten waren die Dauerbereitschaft (24h pro Tag, jeden Tag im Jahr) und die Vermeidung von schnellen Schwankungen der Wasserqualität.
«…wir haben es am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet Shrimpsfarmer zu sein.»
Rafael Waber, Geschäftsführer SwissShrimp AG
Die erste Ernte ging an Unterstützer und Investoren, aber auch an ausgewählte Gastronomiebetriebe. Wie war das Feedback?
Von sehr geschmacksvoll über hervorragend bis «wie am Meer».
Welche Art Garnelen züchten Sie?
Pacific White Shrimp.
Werden Sie die Larven auch weiterhin aus Florida beziehen?
Vorerst ja. Mittelfristig wollen wir, sobald erhältlich, aus Deutschland beziehen. Langfristig schliessen wir gar eine eigene Zucht nicht aus.
Nun plant SwissShrimp auf dem Areal der Schweizer Salinen in Rheinfelden den Aufbau einer professionellen Zucht. Was spricht für den gewählten Standort?
Wir können überschüssig vorhandene Abwärme für das Beheizen unserer Becken einsetzen – Energierecycling ohne CO2 Emissionen – und setzen heimisches Salz ein. Beides stammt von unserem Standortpartner, der Schweizer Salinen AG.
Können Sie uns den Produktionsprozess etwas näher bringen?
Larvenimport: Hunderttausende Larven werden monatlich aus Florida per Flugfracht importiert, am Flughafen Zürich vom Kantonstierarzt untersucht und anschliessend freigegeben. Gesundheitstest: Die Larven durchlaufen einen systematischen, fünfstufigen Fit-Check und werden erst eingewässert, wenn der Gesundheitszustand als positiv beurteilt wird. Wachstum: Täglich regelmässig gefüttert, wachsen die Larven in warmem Salzwasser (28°C) während sechs Monaten zu kugelschreiberlangen, daumendicken Shrimps heran. Ernte: Die erntereifen Tiere werden aus dem Becken gefischt, in einem speziellen Wasserbehälter mit Elektroschock betäubt und direkt im Anschluss im Eiswasser schmerzfrei getötet. Verpackung: Nach einer Haltbarkeitsbehandlung im Zitronenwasserbad werden die Shrimps in einer Tiefziehschale unter Schutzatmosphäre verpackt, um schliesslich fangfrisch ausgeliefert zu werden.
«Wir rechnen mit einem Kapitalbedarf von 7 Mio Franken für die Realisierung des Projekts.»
Wie gross ist der Investitionsbedarf und wie weit sind Sie mit der Finanzierung?
Wir rechnen mit einem Kapitalbedarf von 7 Mio Franken für die Realisierung des Projekts. Im Winter 2016 findet eine Erhöhung des Aktienkapitals statt. Wir haben bestehende Investoren, die wir berücksichtigen. Allenfalls erweitern wird den Kreis, wollen diesen aber klein halten. Hinzu kommt auch ein Teil Fremdkapital, welches via Bürgschaft aufgenommen wird.
Der Produktionsbeginn ist für 2017 vorgesehen. Welche Mengen wollen Sie jährlich produzieren und welchen Marktanteil möchten Sie erreichen?
Wir planen den Bau einer Anlage mit einer Kapazität von 60 Jahrestonnen. Diese ist modular erweiterbar. Daraus resultiert ein Marktanteil von rund 1% des Schweizer Marktes.
Heute werden in der Schweiz jährlich 8000 bis 9000 Tonnen Garnelen gegessen, alles reine Importware, zum Teil auch aus fragwürdigen Zuchten in Asien oder Südamerika. Sie legen grossen Wert auf artgerechte Haltung – was bedeutet das konkret?
Grundsätzlich legen wir Wert auf nachhaltige und ökologisch sinnvolle Produktionsprozesse, sodass wir als eigenverantwortlicher Schweizer Produzent offen kommunizieren können. Einer der Verantwortungsbereiche betrifft das Tierwohl. Wir orientieren uns dabei jeweils an der natürlichen Umgebung der Shrimps und versuchen dies – soweit in einer geschlossenen Salzwasser-Kreislaufanlage möglich – in unserer Shrimpsfarm umzusetzen. Ein wichtiger Punkt ist die Tötung. Diese soll schnell und «respektvoll» erfolgen.
«Wir wollen wertorientierte Konsumentinnen und Konsumenten ansprechen. D.h. Personen, die sich für Kriterien wir Tierwohl, Ökologie und soziale Fragen interessieren.»
Die Qualität und Frische Ihrer Produkte wird Ihren Preis haben. An wen richten Sie Ihr Angebot in erster Linie? Wo erwarten Sie, Ihre Shrimps platzieren zu können?
Wir wollen wertorientierte Konsumentinnen und Konsumenten ansprechen. D.h. Personen, die sich für Kriterien wir Tierwohl, Ökologie und soziale Fragen interessieren. Hinzu kommen Geniesser, die frische Ware der tiefgefrorenen Importware vorziehen, weil der Geschmack deutlich besser ist. Absatzkanäle sind der Detailhandel mit bedienter Frisch-Theke und der gehobene Comestibles-Handel.
Letzte Frage: Muss man selber ein Liebhaber von Garnelen sein, um ein solches Projekt über Jahre von Null aufzubauen?
Ja, aber wenn, dann frische Garnelen. (lacht) Und, ein Projekt von der Pike auf mit einem motivierten Team geradlinig zu verfolgen, kann auch sehr genussvoll sein.
Herr Waber, herzlichen Dank für das Interview.
Zur Person:
Rafael Waber, 1980, Eidg. Dipl. Marketingleiter und Fachlehrperson (Math., Deutsch, Franz.). Nach dem Studium zur Fachlehrperson und zwei Jahren Berufserfahrung als Klassenlehrperson, Funktion als Project Leader Visual Merchandising International bei Rado Uhren S.A.. Ab 2012 Aufbau und Geschäftsführer der Direktvertriebsplattform für Schweizer Lebensmittel- und Kunsthandwerker Authentica Schweiz. Seit 2011 Jungunternehmer im Dienste des Start-up SwissShrimp.