EZB verlängert Anleihekauf-Programm bis März 2017

EZB verlängert Anleihekauf-Programm bis März 2017
EZB-Chef Mario Draghi. (Foto: EZB)

EZB-Chef Mario Draghi. (Foto: EZB)

Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Geldschleusen am Donnerstag noch weiter geöffnet. Die Laufzeit des milliardenschweren Anleihekaufprogramms der Notenbank werde verlängert, sagte EZB-Präsident Mario Draghi bei einer Pressekonferenz in Frankfurt. Zuvor hatte die EZB bekanntgegeben, dass mit dem Einlagensatz einer der wichtigsten Leitzinsen abgesenkt wird. Obwohl die EZB ihre Geldpolitik weiter gelockert hat, reagierten die Märkte enttäuscht. Die Anleger hatten offenbar noch drastischere Massnahmen erwartet.

Die Laufzeit des milliardenschweren Wertpapierkaufprogramms der EZB werde mindestens bis März 2017 verlängert, sagte Draghi. Bislang war als Auslauftermin September 2016 geplant gewesen. Damit steigt das geplante Gesamtvolumen des Programms rechnerisch von bisher 1,14 auf 1,5 Billionen Euro. Zudem sei eine weitere Verlängerung über den neu festgesetzten Termin möglich, sagte Draghi. Das Programm werde auf jeden Fall laufen, bis der EZB-Rat eine nachhaltige Rückkehr der Teuerungsrate zum angestrebten Zielwert nahe zwei Prozent als gegeben ansehe.

Das monatliche Kaufvolumen bleibt gleich. Seit März kauft die Notenbank monatlich Wertpapiere im Volumen von durchschnittlich 60 Milliarden Euro. Draghi sagte am Donnerstag, dass die Palette an Wertpapieren, die für das Kaufprogramm infrage kommen, auch auf regionale und kommunale Anleihen ausgeweitet werde.

Einlagensatz weiter abgesenkt
Kurz vor der Pressekonferenz hatte die EZB bekanntgegeben, dass der derzeit besonders bedeutsame Einlagensatz auf minus 0,3 Prozent abgesenkt wird. Bislang hatte dieser bei minus 0,2 Prozent gelegen. Der Einlagensatz ist der Zinssatz, den Banken normalerweise für überschüssiges Geld erhalten, das sie bei der EZB parken. Seit Juni 2014 liegt der Satz aber im negativen Bereich. Dadurch wirkt er wie eine Gebühr, die die Banken dazu bringen soll, ihr überschüssiges Geld an Unternehmen zu verleihen anstatt es bei der EZB zu bunkern.

Der eigentlich wichtigste Leitzins, zu dem sich die Banken für eine Woche Zentralbankgeld leihen können, beträgt weiter 0,05 Prozent. Der Zinssatz zur Spitzenrefinanzierung liegt unverändert bei 0,3 Prozent.

Märkte reagieren enttäuscht
Die beschlossenen Massnahmen bedeuten zwar eine weitere geldpolitische Lockerung. Die Märkte hatten aber offenbar mehr erwartet. Der Eurokurs legte nach den Äusserungen Draghis stark zu. In der Spitze stieg die Gemeinschaftswährung um vier Cent auf 1,0942 Dollar. An den europäischen Aktienmärkten ging es deutlich bergab und die Renditen auf Staatspapiere legten zu. Dies sind Reaktionen, die üblicherweise auftreten, wenn die Geldpolitik unerwartet gestrafft wird.

«Draghi liess viele Marktteilnehmer enttäuscht zurück wie kleine Kinder, die zu Weihnachten weniger und kleinere Geschenke bekommen als erwartet», meint Carsten Brzeski, Chefökonom der Bank Ing-Diba. Entscheidend sei weniger gewesen, was die EZB geliefert habe, sondern was sie nicht geliefert habe: eine stärkere Absenkung des Einlagensatzes, eine Absenkung des Hauptrefinanzierungssatzes oder eine Aufstockung des monatlichen Volumens der Wertpapierkäufe.

Die grösste Überraschung sei gewesen, dass das monatliche Anleihekaufvolumen nicht aufgestockt worden sei, meint Christian Lips, Analyst bei der Landesbank Nord/LB. Dass Draghi den Erwartungen nicht folgte, sei aber nicht schlecht. «Wenn man so will, ist es ein wirklich gutes Zeichen, dass sich der Rat nicht von den Märkten treiben lässt.»

Draghi sieht wirtschaftliche Lage optimistisch
Ein Grund für die eher zaghafte geldpolitische Lockerung dürfte sein, dass Draghi die wirtschaftliche Lage positiv sieht. Er rechne mit einer Fortsetzung der wirtschaftlichen Erholung, sagte der EZB-Präsident. Die Aussichten für das wirtschaftliche Wachstum seien weitgehend unverändert. Zuletzt habe es weitere Verbesserungen bei der Kreditvergabe gegeben. Die erneute Lockerung der Geldpolitik stärke die Widerstandsfähigkeit der Eurozone.

Bei der Inflation gebe es allerdings Abwärtsrisiken, sagte Draghi. Die Notenbank habe ihre Inflationsprognosen abgesenkt. «Wir werden alles tun, um die Inflation in die Richtung von zwei Prozent zu bringen», sagte der Notenbanker. Im November lag die Teuerungsrate im Euroraum bei nur 0,1 Prozent.

Rätselraten um weiteren Kurs der EZB
Experten rätseln nun wie es künftig weiter geht. Der EZB-Chef hat sich jedenfalls die Tür für weitere Lockerungen offen gehalten. Allerdings habe er eingeräumt, dass die Entscheidung im Rat nicht einstimmig gefallen sei, hebt Holger Schmieding, Chefökonom bei der Berenberg Bank, hervor. «Die Debatte war scheinbar recht kontrovers.» (awp/mc/pg)

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