Japans Wirtschaft rutscht erneut in Rezession
Japans Regierungschef Shinzo Abe.
Tokio – Japans Wirtschaft ist zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit in eine Rezession geschlittert. Wie die Regierung am Montag auf Basis vorläufiger Daten bekannt gab, sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal um eine annualisierte, also auf ein Jahr hochgerechnete Rate von saisonbereinigt 0,8 Prozent. Analysten hatten mit einem Minus von 0,2 Prozent gerechnet. Die Entwicklung im zweiten Quartal fiel allerdings nicht ganz so schwach aus wie bislang vermutet. Anstatt annualisierten Rückgangs um 1,2 Prozent ergibt sich nach neuen Zahlen ein Rückgang um 0,7 Prozent.
Ohne Annualisierung, wie dies etwa bei europäischen Wachstumsdaten üblich ist, fiel die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal saisonbereinigt um 0,2 Prozent. Erwartet wurde ein Rückgang um 0,1 Prozent. Auch in dieser Betrachtung wurden die Zahlen zum zweiten Quartal etwas besser ausgewiesen als bislang bekannt. Statt um 0,3 Prozent fiel das BIP demnach um 0,2 Prozent. Fällt die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge, sprechen Volkswirte von einer Rezession.
Zweite Rezession innert kurzer Zeit
Mit dem neuerlichen Abschwung ist Japan schon zum zweiten Mal seit dem Amtsantritt von Ministerpräsident Shinzo Abe Ende 2012 in eine Rezession gerutscht. Die Entwicklung kommt jedoch nicht überraschend, viele Ökonomen hatten damit gerechnet. Belastet wird die Konjunktur der weltweit drittgrössten Volkswirtschaft vor allem von der wirtschaftlichen Schwäche vieler asiatischer Schwellenländer, insbesondere Chinas. Letztmalig war Japan im vergangenen Jahr in die Rezession gefallen, als eine Mehrwertsteuererhöhung den privaten Verbrauch einbrechen liess.
Im laufenden vierten Quartal wird zwar wieder mit Wachstum gerechnet. Dennoch könnte der Druck auf die Regierung und die Notenbank steigen, neue Konjunkturspritzen zu verabreichen und die Geldschleusen noch weiter aufzureissen. Zumindest die Notenbank blieb entsprechende Signale bisher aber schuldig. Obwohl sie ihr selbstgesetztes Inflationsziel von zwei Prozent schon zum wiederholten Male verschoben hat, macht sie bisher keine Anstalten, ihre bereits extrem expansive Geldpolitik weiter zu lockern.
Kritik an Politik-Mix
Die Konjunkturdynamik Japans bleibe leblos, kommentierten Volkswirte von der BayernLB. Wie auch viele andere Beobachter ausserhalb Japans verweist die Landesbank auf den wenig ausgewogenen Politik-Mix der Regierung: Die Wachstumsschwäche könnte darauf zurückzuführen sein, dass bisher vor allem auf geldpolitische Lockerungsmassnahmen gesetzt wurde, meint Expertin Christiane von Berg. Strukturelle Reformen und fiskalpolitische Massnahmen würden dagegen nur zögerlich durchgesetzt.
Zu dem erneuten Rückgang der Wirtschaftsleistung trug zum einen bei, dass die Unternehmen ihre Investitionen drosselten. Die Kapitalausgaben sanken im zweiten Quartal in Folge, und zwar um 1,3 Prozent. Zum anderen wirkte sich ein Abbau der Lagerbestände dämpfend aus. Das heisst, die Unternehmen bedienten die Nachfrage nach ihren Gütern nicht durch neu hergestellte Güter, sondern durch bereits produzierte Waren, die auf Halde lagen. Ein derartiger Lagerabbau belastet das Wachstum ebenso, wie der vorangegangene Lageraufbau das Wachstum erhöht.
Börse reagiert mit Verlusten
Hinzu kam, dass sich der private Konsum, der zu rund 60 Prozent zur Wirtschaftsleistung Japans beiträgt, mit einem Anstieg von real 0,5 Prozent lediglich relativ schwach erholte. Die Exporte stiegen um 2,6 Prozent, nachdem sie im Vorquartal noch um 4,3 Prozent zurückgegangen waren. Die Börse in Tokio reagierte mit Verlusten auf die Zahlen. Der japanische Yen gab zum Dollar spürbar nach. (awp/mc/upd/ps)