Gipfel in der Türkei: G20-Staaten wollen Front gegen Terror machen
Recep Tayyip Erdogan, türkischer Staatspräsident.
Belek – Nach den blutigen Anschlägen in Paris wollen die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) auf ihrem Gipfel in der Türkei entschlossen auf den Terrorismus reagieren. Führer der G20-Staaten verurteilten die «barbarischen Terrorakte». Der türkische Staatspräsident und G20-Gastgeber Recep Tayyip Erdogan forderte einen internationalen Konsens im Kampf gegen Terrorismus.
Der Gipfel der Staats- und Regierungschefs findet am Sonntag und Montag unter besonders strengen Sicherheitsvorkehrungen im Küstenort Belek nahe Antalya statt. 12’000 Sicherheitskräfte sind zum Schutz der 13’000 Teilnehmer im Einsatz. Kanzlerin Angela Merkel wird am Sonntagmittag in Belek erwartet.
Gedrängtes Programm
Das Gipfelprogramm ist dicht gedrängt: Neben dem Kampf gegen den Terrorismus wollen die G20-Führer am Sonntag auch nach Wegen suchen, wie der Flüchtlingszustrom nach Europa gebremst und Frieden in Syrien erreicht werden kann. Als höchstes Wirtschaftsforum wird der Gipfel auch über eine Ankurbelung der Weltwirtschaft debattieren und einen Plan für ein gerechteres globales Steuersystem verabschieden.
Um im Syrienkonflikt voranzukommen, müsste es allerdings zu einer Annäherung zwischen den USA und Russland kommen. Ob sich US-Präsident Barack Obama und Russlands Präsident Wladimir Putin zu einem persönlichen Gespräch treffen, war aber offen. Die USA und der Westen kritisieren die Luftschläge der Russen in Syrien. Sie treffen aus ihrer Sicht weniger die Terrormiliz Islamischer Staat, sondern eher die Rebellen und stabilisieren damit den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.
G20-Gipfel im Vorfeld des Weltklimagipfels
Zwei Wochen vor dem Weltklimagipfel in Paris hofft Kanzlerin Angela Merkel auf dem G20-Gipfel auch auf «viel Rückenwind» für den Kampf gegen die Erderwärmung, wie ein Regierungsbeamter schilderte. Mit den Franzosen und den anderen G7-Partnern setze sich Deutschland für ein «starkes Signal» der G20 ein. Es müsse ferner neue Zusagen für den Klimafonds geben, der ab 2020 jährlich 100 Milliarden Euro für Entwicklungsländer vorsieht, damit sich diese an den Klimawandel anpassen können.
Der G20-Gipfel könne «Vorschläge für wichtige Kompromisse vorformulieren», sagte der Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Niemand sollte sich etwas vormachen», sagte Bals. «Wenn der Klimawandel nicht deutlich unter zwei Grad oder gar 1,5 Grad abzubremsen ist, wird dies das Gesicht und die Risikolage der Welt massiv verändern.»
Absage an Logik «mein Terrorist ist gut, Deiner ist schlecht»
Die Terroranschläge in Paris drängten aber andere wichtige Themen in den Hintergrund. Gastgeber Erdogan sagte, die Türkei kenne den Terror aus eigener leidvoller Erfahrung. Terrorismus müsse universell verurteilt werden. Die Logik «mein Terrorist ist gut, Deiner ist schlecht» dürfe nicht mehr gelten. «Terrorismus hat keine Religion, keine Nation, keine Rasse, kein Vaterland.» Erdogan sprach am Telefon mit Frankreichs Präsidenten François Hollande, der wegen der Anschlagsserie in Paris seine Teilnahme am Gipfel abgesagt hat.
Schlechte wirtschaftliche Zustände tragen aus chinesischer Sicht auch zum Aufblühen von Terrorismus bei. Chinas Vizefinanzminister Zhu Guangyao sagte in Belek, indem die Industrie- und Schwellenländer für stabiles Wachstum sorgten, «kann der Nährboden für Terroristen wie in Paris beseitigt werden». Die G20 müssten ihre Wirtschaftspolitik koordinieren und jeweils «ihr eigenes Haus in Ordnung bringen».
Ungewöhnlich deutlich äusserte Zhu Guangyao seine Sorge über die Lage der Weltwirtschaft. «Dieses Jahr ist das schwierigste seit der Finanzkrise 2009.» Wachstum und Handel seien schwach. Geopolitische Risiken machten sich in der Wirtschaft bemerkbar. «Fallende Rohstoffpreise zeigen, dass sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite etwas nicht stimmt.» (awp/mc/ps)