Ethos erachtet Wirkung der Minder-Initiative als überschaubar
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Zürich – Eine erste Auswertung zur Umsetzung der Minder-Initiative zeigt ein gemischtes Bild: Zwar sind die Lohnexzesse kleiner geworden. Doch die Wirkung der neuen Bestimmungen in der Praxis ist begrenzt.
Die Konzernchefs und Verwaltungsräte der börsenkotierten Schweizer Unternehmen verdienten 2014 durchschnittlich 4% mehr als im Jahr davor. Bei den 20 grössten Unternehmen im Leitindex SMI verdiente der Konzernchef im Schnitt 8,2 Mio Franken, der Verwaltungsrat erhielt 2,5 Mio. Das zeigt eine Studie der Anlagestiftung Ethos, die am Donnerstag in Zürich vorgestellt wurde.
Immerhin sind die Vergütungen für die Manager durchschnittlich weniger stark gestiegen als die Börsenkurse ihrer Unternehmen. So hat der Swiss Performance Index SPI , der praktisch alle kotierten Unternehmen der Schweiz umfasst, im vergangenen Jahr satte 13% zugelegt.
Lohnexzesse weniger ausgeprägt
Klar ist auch, dass die Lohnexzesse heute weniger ausgeprägt sind. Die Zeiten, in denen ein Daniel Vasella 44 Mio pro Jahr verdiente, scheinen vorbei zu sein. Sein Nachfolger bei Novartis, Joe Jimenez, kam 2014 auf gut 13 Mio.
Aktionäre nicken ab
Im Zuge der Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) mussten in diesem Jahr erstmals alle Unternehmen die Gesamtbeträge der Vergütungen für das Management einer Abstimmung unterziehen. Die Annahme, wonach die Aktionäre bei den Vergütungen mässigend eingreifen werden, hat sich aber nicht bewahrheitet.
Trotz der oft recht bedeutenden Gesamtbeträge betrug die durchschnittliche Zustimmungsquote laut der Ethos-Studie an den diesjährigen Generalversammlungen 94%. Für die Stiftung relativiert diese Zahl die Wirksamkeit der Umsetzung der Minder-Initiative.
Ethos unterstützt Reform des Aktienrechts
Die eingeschränkte Wirkung zeigt sich auch bei den Abstimmungsmodalitäten. So gingen die Abstimmungen über die Vergütungen bei nur gerade 28% der SPI-Unternehmen retrospektiv, also am Ende des Geschäftsjahrs, über die Bühne. Bei der grossen Mehrheit werden die variablen Vergütungen im Voraus festgelegt. Dieses Vorgehen ist zwar erlaubt – die Verordnung sieht vor, dass jedes Unternehmen selbst über die Abstimmungsmodalitäten für die Vergütungen entscheiden kann.
Für Ethos entspricht die Praxis dennoch nicht dem Geist der Minder-Initiative. Die prospektiven Abstimmungen kämen einem Blanko-Check gleich, weil sie ohne Kenntnis der Geschäftsergebnisse erfolgten, kritisierte Ethos-Präsident Dominique Biedermann vor den Medien. Ethos unterstützt deshalb den Vorentwurf des Bundesrats zur Modernisierung des Aktienrechts, der solche Voraus-Abstimmungen unterbinden will.
Stimmbeteiligung bleibt unverändert
Die VegüV sieht seit dem 1. Januar 2015 bei den Generalversammlungen zudem eine Stimmpflicht für die Pensionskassen vor. Die Ethos-Studie kommt auch hier zu einem ernüchternden Fazit: Die Stimmbeteiligung bei den 50 Unternehmen mit der höchsten Marktkapitalisierung betrug 2015 62% – genau gleich viel wie im Vorjahr, als die Stimmpflicht noch nicht galt.
Dominique Biedermann sieht dafür zwei Gründe. Zum einen hätten viele Pensionskassen schon im letzten Jahr ihre Stimme abgegeben, obwohl sie noch nicht dazu verpflichtet waren.
Zum anderen hätten aber gerade mittelgrosse und kleine Pensionskassen zum Teil ihre Einzelaktien verkauft, weil ihnen die Ausübung der Stimmpflicht zu aufwendig war. Sie hätten stattdessen in Anlagefonds investiert. Für Fonds sehe die VegüV aber keine Stimmpflicht vor, sagte Biedermann. (awp/mc/pg)