SNB: Franken weiterhin deutlich überbewertet

SNB: Franken weiterhin deutlich überbewertet

SNB-Direktoriumspräsident Thomas Jordan. (© SNB)

Bern – Gut drei Monate nach Aufhebung des Euro-Mindestkurses hat sich der Franken nicht im erhofften Ausmass abgeschwächt. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hält ihn weiterhin für «deutlich überbewertet». Sie will daher bei Bedarf erneut am Devisenmarkt aktiv werden.

Die jüngste Entwicklung zeige, dass der Franken in der aktuellen Phase der Unsicherheit rund um die Schuldenproblematik Griechenlands zeitweilig wieder an Wert gewinnen könne, sagte SNB-Präsident Thomas Jordan am Freitag an der Generalversammlung der Notenbank in Bern. Die am 15. Januar erfolgte Aufhebung des Mindestkurses bedeute nicht, dass sich die SNB nicht mehr um die Devisenkurse kümmere: «Wir verfolgen diese Entwicklung und die potenziellen Auswirkungen auf die Schweiz sehr aufmerksam», erklärte Jordan. «Bei Bedarf sind wir auch künftig am Devisenmarkt aktiv, um die monetären Rahmenbedingungen zu beeinflussen.» Insgesamt sei der Franken «deutlich überbewertet». Dies sollte sich laut Jordan über die Zeit korrigieren.

Der stärkere Franken führe nun zu sinkenden Importpreisen, hinzu komme der massive Rückgang der Ölpreise. Beide Effekte seien jedoch temporär. So rechnet die SNB für 2015 weiterhin mit einer negativen Teuerung von minus 1,1%. «Eine anhaltende negative Inflation oder gar eine Deflationsspirale ist nicht zu erwarten», sagte Jordan.

Situation weiterhin angespannt
Die unmittelbare Kursreaktion nach der Aufhebung des Mindestkurses hatte Jordan als «massives Überschiessen» bezeichnet. Damals war der Euro unter die Parität zum Franken gefallen. Im Februar stieg der Euro wieder auf über 1,07 CHF an.

Hoffnungen von Bundesräten, Wirtschaftsverbänden und insbesondere der Export- und Tourismusindustrie auf Wechselkurs von mindestens 1,10 CHF haben sich aber zerschlagen. Seit Anfang März hat sich der Euro wieder abgeschwächt. Zuletzt nahm er erneut Kurs in Richtung Gleichstand zum Franken, Anfang Woche notierte die Gemeinschaftswährung noch bei gut 1,02 CHF.

Etwas entspannt hat sich die Situation seit Mittwoch. Die SNB kündigte an, sie verkürze die Liste der Giroguthaben, die von den Negativzinsen ausgenommen sind. Neu müssen auch die Pensionskassen des Bundes Publica und der SNB selbst – oberhalb der Freibeträge – den Strafzins von 0,75% zahlen, wenn sie Geld bei der Nationalbank parkieren. Nach dieser Ankündigung zog der Euro leicht an, am Freitagnachmittag notierte er bei 1,0350 CHF. Analysten erklärten dies weniger mit der Massnahme selbst, deren Tragweite beschränkt sei. Eher spekulierten die Märkte darauf, dass die SNB bei anhaltender Frankenstärke weiter am Negativzins drehen könnte.

Negativzinsen auch für Inländer
Kritik von Investoren und insbesondere von Schweizer Pensionskassen wies Jordan erneut zurück: Der Negativzins erfülle den sehr wichtigen Zweck, den Aufwertungsdruck auf den Franken zu dämpfen und so die Schweizer Wirtschaft zu unterstützen. Der Schweizer Zins könne nicht höher liegen als im Rest der Welt, sonst würden grosse Zuflüsse in den Franken drohen. Für die Frankenstärke könnten auch nicht ausschliesslich ausländische Investoren verantwortlich gemacht werden. Seit der Finanzkrise investiere der inländische Privatsektor sehr zurückhaltend im Ausland, zudem würden sogar Teile der Auslandsvermögen in die Schweiz zurück gebracht.

Auf die Frage eines Aktionärs, ob die SNB auch das Horten von Bargeld verteuern werde, sagte Jordan: Die Nationalbank habe nicht die Kompetenz, ein Entgelt auf Papiergeld zu erheben.

Der oberste Schweizer Währungshüter anerkannte, dass das heutige Tiefzinsumfeld insbesondere für Pensionskassen sehr anspruchsvoll sei. Die SNB gehe aber davon aus, «dass sich die Wirtschaft weiter erholen wird und die Zinsen weltweit wieder ansteigen werden». Erste Anzeichen dafür gebe es in den USA. (awp/mc/upd/pg)

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