Regulierung als Chance für Schweizer Privatbanken
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Zürich – In den letzten Jahren sind die Schweizer Privatbanken durch zusätzliche grenzüberschreitende Bestimmungen und steuerliche Forderungen aus dem Ausland weiter unter Druck geraten. Die Entwicklung zeigt, dass transnationale Regulierung für exportorientierte Privatbanken eine Tatsache geworden ist. Die diesjährige Privatbankenstudie von KPMG und der Universität St. Gallen (HSG) zeigt, dass die Branche trotz oder gerade wegen dieser Regulierung auch in Zukunft erfolgreich sein kann.
Die jüngste Privatbanken-Studie von KPMG und dem Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität St. Gallen (HSG) «The Future of Swiss Private Banking – Turning Regulation into Value» analysiert die grossen, teils existenziellen Herausforderungen der Schweizer Privatbanken. Es stellt sich die Frage, wie transnationale Regulierungen als Chance für Banken und deren Kunden genutzt werden können. Dabei soll sich die Umsetzung nach einem prinzipienbasierten Ansatz richten. «Wir gehen davon aus, dass auf operationeller Ebene ein Mehrwert erzielt werden kann. Insbesondere wird die Standardisierung in den Themen Big Data und Digitalisierung helfen», sagt Philipp Rickert, Leiter Financial Services und Mitglied der Geschäftsleitung von KPMG Schweiz. «Durch die Automatisierung der Prozesse wird zudem die Qualität der Verarbeitung besser und effizienter, was sich positiv auf die Dienstleistungen für den Kunden auswirken wird.» Die gewonnenen Daten bieten eine interessante Grundlage zur Ermittlung des Kundenverhaltens, der Kundenwünsche und -bedürfnisse. «Aus diesen Gründen kann die Implementierung von transnationaler Regulierung nicht lediglich als Option betrachtet werden. Vielmehr ist sie von zentraler Bedeutung für ein nachhaltiges und erfolgreiches Schweizer Private-Banking-Modell», sagt Philipp Rickert weiter.
Durchaus positive Haltung der Privatbanken
Die Privatbankenstudie beleuchtet jene Aspekte, die für ein erfolgreiches Privatbankengeschäft in nächster Zeit entscheidend sein werden, und zeigt den damit verbundenen Handlungsbedarf auf. Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie:
- Neun von zehn Befragten sind der Meinung, dass die Umsetzung transnationaler Regulierung die Reputation des Finanzplatzes Schweiz verbessert und die Anerkennung als sauberer Finanzplatz fördert. Doch denken lediglich 26% der Befragten, dass die Schweizer Privatbanken aufgrund der weltweit einheitlichen Regulierung mehr Chancen haben werden, sich international von anderen abzuheben.
- 73% der Befragten haben sich dahin gehend geäussert, dass die Implementierung nach einem prinzipienbasierten und differenzierten Ansatz erfolgen soll. Politik, Regulator und Banken sollen sich frühzeitig und aktiv in den transnationalen Regulierungsprozess einbringen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Privatbankenindustrie zu fördern.
- 66% der Befragten gehen davon aus, dass Regulierung mehr Transparenz für Kunden schafft und sie bei der Auswahl und Beurteilung von Dienstleistungen unterstützt. 84% gehen davon aus, dass das Dienstleistungsangebot umfassender wird und auch nicht-bankübliche Tätigkeiten beinhaltet. Das bestehende Geschäftsmodell muss kritisch hinterfragt und gegebenenfalls angepasst werden.
- 90% der Interviewten sind der Ansicht, dass grössere Datenmengen eine dynamische und viel differenziertere Kundensegmentierung erlauben und sie dadurch die Kundenwünsche und -bedürfnisse besser verstehen. Für die Einhaltung zukünftiger Regulierungen wie zum Beispiel das FIDLEG sind vermehrte Informationen über den Kunden notwendig.
- Nur einer von vier Befragten verwendet häufig elektronische Geräte während Kundenberatungsgesprächen. Für diese angepasste Rolle müssen die Kundenberater der Zukunft geschult und technisch ausgerüstet werden.
- 58% denken, dass Banken von anderen Branchen lernen können, wie effiziente Prozesse und Vertriebswege ausgestaltet sein müssen, um Kosten zu senken. Automatisierung, Standardisierung und Digitalisierung sind Werkzeuge, um ein Gleichgewicht zwischen regulatorischen Anforderungen, Kundenerwartungen und qualitativ hochstehenden Betriebsabläufen sicherzustellen.
- 77% sind der Meinung, dass zwischen dem Kunden und dem Relationship Manager aufgrund der Digitalisierung in Zukunft häufiger und umfassender kommuniziert wird. Aus der Vielzahl von möglichen Kommunikationskanälen sollen den Kunden individuell jene zur Verfügung stehen, welche nachgefragt werden.
Die Herausforderungen des Bankenplatzes Schweiz sind bekannt. Der Zugang zu ausländischen Kunden ist überlebenswichtig. Die Geschäftsmodelle sind zu schärfen und auf Kernmärkte, -produkte und -segmente zu fokussieren. Um effizient zu bleiben und qualitativ hochstehende Dienstleistungen anzubieten, wird Technologie eine zentrale Rolle spielen. Es liegt an den Banken, ihre Kunden wieder vermehrt ins Zentrum zu stellen, sie ihren Wünschen und Bedürfnissen entsprechend zu beraten und transparent, ethisch und mit Engagement zu bedienen. Kunden sind bereit, für gute Dienstleistungen zu bezahlen, wollen im Gegenzug jedoch höchste Qualität in der Kundenbeziehung erleben. Die Schweiz wird auch in Zukunft ein attraktiver Finanzplatz sein, nicht zuletzt wegen der Stabilität, Professionalität und Dienstleistungsqualität. (KPMG/mc/ps)
Methodik
Die Studie «Future of Swiss Private Banking – Turning Regulation into Value» wurde in Zusammenarbeit von KPMG und dem Institut für Betriebswirtschaft der Universität St. Gallen (HSG) erstellt. Sie basiert auf einer Kombination von Interviews und einer Online-Befragung und umfasst rund 50 Banken. In die Studie nicht mit einbezogen wurden die beiden Schweizer Grossbanken.