Aryzta will 49% an Picard übernehmen
Aryzta-CEO Owen Killian.
Zürich – Aryzta will den millionenschweren Erlös aus dem Verkauf eines Teils ihrer Origin-Beteiligung von letzter Woche gleich wieder investieren. Der Spezialitätenbackwaren-Konzern möchte knapp 50% am französischen Tiefkühllebensmittel-Konzern Picard übernehmen, mit Option auf eine Mehrheit in drei bis fünf Jahren.
Aryzta teilte am Dienstag mit, dass man mit der Beteiligungsgesellschaft Lion Capital in «exklusiven Verhandlungen» zum Kauf eines Anteils von 49% an Picard für 446,6 Mio EUR stehe. Die Finanzierung soll zum grossen Teil mit den Erlösen aus dem Teilverkauf von Origin geschehen. Aryzta hatte vor kurzem rund 49 Mio Aktien ihrer Beteiligung an der irischen Agrartochter für netto rund 400 Mio EUR verkauft.
Das Picard-Geschäft sei abhängig von gewissen Bedingungen, unter anderem der Zustimmung durch die Wettbewerbsbehörden, heisst es. Picard werde ausserdem den Betriebsrat in diesem Zusammenhang konsultieren.
Umsatz von 1,37 Mrd EUR
Im Geschäftsjahr 2015 rechnet Picard mit einem Umsatz von 1,37 Mrd EUR und einem EBITDA von 192 Mio EUR (Run Rate Stand März). Insgesamt wird der französische Spezialitätenlebensmittel-Hersteller mit einem Unternehmenswert von 2,25 Mrd EUR bewertet, wie es heisst. Dabei weist das Unternehmen Nettoschulden von 1,34 Mrd EUR (brutto: 1,42 Mrd) sowie Eigenkapital von 909 Mio EUR aus, wie bekannt wurde.
Im Rahmen der Vereinbarung würde Aryzta ausserdem das Recht erhalten, in drei bis fünf Jahren (GJ 2019 bis 2021) das Unternehmen ganz zu übernehmen, heisst es in der Mitteilung weiter. Picard werde dabei separat geführt und mit Schulden finanziert, die sich nicht auf Aryzta beziehen. Aryzta stünden aber zwei Verwaltungsratssitze zu, heisst es.
Picard würde in der Aryzta-Rechnung unter «Associates» geführt und dürfte gemäss den Angaben einen Gewinnbeitrag von 3% auf dem zugrundeliegenden Gewinn pro Aktie (EPS) auf annualisierter Basis beitragen und damit rund die Hälfte aus dem Wegfall von Origin (6%) wettmachen.
Marktführer in Premium-Spezialitäten-Nahrungsmittel
Laut der Aryzta-Mitteilung ist Picard Marktführer in Premium-Spezialitäten-Nahrungsmittel in Frankreich, mit einem 40-jährigen Track Record von Umsatz- und EBITDA-Wachstum sowie Marktanteilsgewinnen. Ausserdem betreibe Picard ein Unternehmensmodell, dass auch international betrieben werden könne. Über 90% der knapp 1000 Geschäfte von Picard sind in Frankreich, ausserdem gibt es einige in Italien, Belgien und Schweden. Das Produktangebot enthält neben Backwaren auch Fertiggerichte, Fisch, Fleisch, Gemüse etc.
Aryzta-CEO Owen Killian zeigt sich an der Telefonkonferenz begeistert von Picard. «Das Unternehmen passt mit seinem Fokus auf Spezialitäten und seiner Innovations-Kultur hervorragend zu Aryzta», sagte er. Wie Finanzchef Patrick McEniff sagte, gebe es mit diesem Zukauf keine Integration-Risiken und keine ausserordentlichen Kosten. «Wir ersetzen ein gut voraussehbares Agro-Geschäft mit einem ebenso gut voraussehbaren Nahrungsmittel-Investment». Strategisch sei es eine Aufwärts-Bewegung in der Wertschöpfungskette hin zum Konsumenten.
Die Aryzta-Aktie legte am Dienstag in den ersten Minuten relativ klar zu und notiert gegen 09.40 Uhr 0,8% höher auf 65,70 CHF. Die Kommentare aus der Analystengilde sind derzeit noch eher zurückhaltend. Die ZKB meint etwa, dass Aryzta nach dem Teilverkauf von Origin bereits wieder im Übernahmemodus sei, was angesichts der doch recht hohen Verschuldung nicht ohne Risiko sei. Aufgeworfen wird in Analystenkreisen auch die Frage, ob Aryzta sich damit weg vom Backwaren-Spezialisten hin auch zu benachbarten Produktkategorien bewege. (awp/mc/ps)