Chinas Premier stellt Konjunkturhilfen in Aussicht
Chinas Ministerpräsident Li Keqiang.
Peking – Die schlechte Konjunktur setzt China unter Druck. Auch das heruntergeschraubte Ziel von «rund sieben Prozent» Wachstum sei «auf keinen Fall einfach zu erreichen», warnte Regierungschef Li Keqiang zum Abschluss der Jahrestagung des Volkskongresses am Sonntag in Peking. Trotz aller Widerstände wolle seine Regierung aber die Reformen vorantreiben. Der Premier bereitete das Milliardenvolk auf schmerzhafte Umstrukturierungen vor. Sollte sich das Wachstum aber weiter als erwartet verlangsamen, habe die Regierung «ziemlich viel Spielraum» für Konjunkturhilfen, sagte Li Keqiang.
Die knapp 3000 Delegierten des nicht freigewählten Volkskongresses billigten zum Ende ihrer elftägigen Sitzung in der Grossen Halle des Volkes wie üblich mit grosser Mehrheit den Haushalt und das niedrigere Wachstumsziel. So langsam ist Chinas Wirtschaft seit 25 Jahren nicht mehr gewachsen. 2014 waren es 7,4 Prozent. Trotz der schwachen Konjunktur sollen die Rüstungsausgaben kräftig um 10,1 Prozent auf 886 Milliarden Yuan (umgerechnet rund 130 Milliarden Euro) zulegen.
Wegen der Spannungen um Inseln im Ostchinesischen und Südchinesischen Meer verfolgen Chinas Nachbarn die Aufrüstung mit Sorge. Der Zuwachs ist niedriger als im Vorjahr (12,2 Prozent), aber im fünften Jahr in Folge zweistellig und höher als das Wirtschaftswachstum. Damit steht China auch auf Platz zwei hinter den USA und vor Russland.
Weniger Staat und mehr Markt
Bei einer sorgfältig orchestrierten, zweistündigen Pressebegegnung versprach der Regierungschef weniger Staat und mehr Markt. Er räumte ein, dass die Umstrukturierungen auch qualvoll seien. «Die Schmerzen sind weiter da und werden noch heftiger und an mehr Stellen spürbar.» Er warnte vor Widerstand durch mächtige Interessengruppen.
Der Delegierte Li Dongsheng, Präsident der Technikkonzern TCL, bestätigte: «Es gibt Widerstand, aber die Reformen und der Kampf gegen Korruption lassen sich nicht stoppen.» Ähnlich äusserte sich der Delegierte und Finanzmanager Li Yinquan: «Es wird Widerstand geben, der aber leicht überwunden werden kann. Da bin ich sicher.»
Der «Abwärtsdruck» auf die zweitgrösste Volkswirtschaft der Erde sei «beträchtlich», warnte Li Keqiang. Es müsse ein Gleichgewicht zwischen «Wachstum und strukturellen Anpassungen» gefunden werden. Er nutzte seinen Auftritt, um das Vertrauen von Investoren zu stärken.
Viel Raum für Konjunkturstützen
In den vergangenen Jahren habe es keine grösseren Stimulusprogramme gegeben, so dass die Regierung viel Raum für Konjunkturstützen habe, falls das Wachstum abrutschen sollte oder nicht genug Jobs geschaffen werden, versicherte der Premier. So sind in vier Monaten zweimal die Leitzinsen gesenkt und die Mindestreservesätze verringert worden.
In der Kontroverse um die schlimme Umweltverschmutzung versprach Li Keqiang energische Massnahmen. «Unsere Fortschritte sind weit davon entfernt, die Erwartungen des Volkes zu erfüllen.» Umweltsünder müssten einen Preis bezahlen, «der zu hoch ist, um ihn zu ertragen».
Einer Frage nach dem aufsehenerregenden Umweltfilm «Unter der Glocke» und dem Widerstand grosser staatlicher Ölunternehmen wie Sinopec und Petrochina gegen den Umweltschutz wich Li Keqiang aber aus. Der Film war 200 Millionen mal angeklickt worden, bevor ihn Videoportale blocken mussten und die Zensur die Diskussion abwürgte. (awp/mc/ps)