Griechen tragen ihr Geld laut Varoufakis wieder zur Bank

Griechen tragen ihr Geld laut Varoufakis wieder zur Bank

Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis. (Foto: Europäische Union)

Athen – Nach der Einigung zwischen Griechenland und der Eurogruppe über eine Verlängerung des Hilfsprogramms kehrt offenbar das Vertrauen der griechischen Bürger in das Finanzsystem des Landes zurück. Sie bringen ihr Geld wieder zur Bank. Derweil hat Finanzminister Varoufakis erneut den Ärger der deutschen Regierung auf sich gezogen.

Allein am Dienstag, als die Einigung erzielt wurde, seien 700 Mio EUR bei den griechischen Banken eingezahlt worden, sagte Finanzminister Giannis Varoufakis am Donnerstag dem Sender Bloomberg TV. Es gebe nun eine regelrechte «Flucht» ins griechische Finanzsystem, sagte er.

Notkredite der EZB
Die Bankkunden in dem Krisenland hatten seit Anfang Dezember Schätzungen zufolge mehr als 20 Mrd EUR abgehoben. Viele Griechen überwiesen auch Geld ins Ausland. Um die geschwächten griechischen Banken finanziell über Wasser zu halten, gewährt die Europäische Zentralbank (EZB) ihnen Notkredite.

Zuversicht bei der griechischen Zentralbank
Die griechische Zentralbank gab am Donnerstag eine vergleichsweise optimistische Bewertung der Lage ab. Das Land habe nach Jahren der Rezession und harten Zeiten für die Bürger derzeit «relativ wenige Probleme». Es bestehe jetzt die Chance, in die «nächste Phase» einzutreten, «in denen das Wachstumspotenzial der Wirtschaft deutlich besser ausfallen wird», erklärte Zentralbankchef Giannis Stournaras.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde 2015 wachsen und 2016 noch stärker zulegen, prognostizierte der frühere Finanzminister. 2014 hatte Griechenland erstmals nach sechs Jahren Rezession wieder ein Wirtschaftswachstum von 0,7% verzeichnet.

Neuer Ärger über Athen
Trotz neuer Verärgerung über die griechische Regierung wird derweil der deutsche Bundestag am Freitag den Weg für eine Verlängerung des Hilfsprogramms um vier Monate frei machen. In Sondersitzungen stimmten die Fraktionen von CDU/CSU und SPD mit grosser Mehrheit für eine Bereitstellung der Kredithilfen der Euro-Partner bis Ende Juni. Bei der Union waren 22 Abgeordnete dagegen, fünf enthielten sich. Das sind mehr Abweichler als früher. Die SPD war geschlossen für eine Verlängerung des Hilfspakets. Die bisherigen Hilfen für Griechenland belaufen sich auf 240 Milliarden Euro, etwa 55 Milliarden Euro entfallen auf Deutschland.

Finanzminister Wolfgang Schäuble sowie die Fraktionschefs von Union und SPD, Volker Kauder (CDU) und Thomas Oppermann, warnten am Donnerstag die griechische Regierung eindringlich, die erst kürzlich gemachten Zusage wieder zurückzunehmen. So hatte Finanzminister Gianis Varoufakis am Mittwoch einen Schuldenschnitt wieder ins Gespräch gebracht, obwohl Athen erst vergangene Woche den Euro-Partnern zusagte, die Forderungen aller Gläubiger zu bedienen. Varoufakis hatte mit Blick auf den Schuldenberg von 320 Milliarden Euro bereits im Januar von einer möglichen Umschuldung gesprochen.

Schäuble reagiert heftig – Kauder: «halbstarke Sätze aus Athen»
Schäuble reagierte ungewöhnlich scharf auf neue Varoufakis› Forderungen nach einem Schuldenschnitt. Die Solidarität der Europäer werde durch solche Äusserungen stark strapaziert, sagte Schäuble nach Angaben von Teilnehmern in der Sondersitzung. Falls Griechenland gegen die Absprachen verstosse, seien diese hinfällig. Kauder sprach mit Blick auf Varoufakis von einer unangemessenen Form des Umgangs miteinander und von «halbstarken Sätzen» aus Athen.

Kritik innerhalb der griechischen Regierungspartei
In der regierenden griechischen Linkspartei Syriza wird Kritik an den Vereinbarungen mit der Eurogruppe laut. Abgeordnete kritisieren, die Regierung breche Wahlversprechen. Regierungs- und Parteichef Alexis Tsipras bekräftigte, man könne nicht alles sofort umsetzen. Er hatte in seiner Regierungserklärung versprochen, Mindestlöhne schrittweise zu erhöhen sowie Entlassungen im öffentlichen Dienst rückgängig zu machen. Renten sollen nicht angetastet und für die Ärmsten erhöht werden.

Neues Finanzloch
Griechenland steht vor einem akuten Finanzloch. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Finanzministeriums erfuhr, muss Athen im März Verpflichtungen im Umfang von gut 6,85 Milliarden Euro erfüllen. Die Regierung habe bereits das Problem mit der Europäischen Zentralbank (EZB) erörtert, hiess es: «Wir suchen nach einer Lösung.»

Spekulationen über drittes Hilfspaket
Griechenland hatte sich mit den Europartnern auf eine Verlängerung des eigentlich Ende Februar auslaufenden Hilfsprogramms verständigt. Mit der grundsätzlichen Einigung sind aber keine kurzfristigen neuen Hilfszahlungen verbunden. Die bisher blockierten Gelder werden erst ausgezahlt, wenn Athen das aktuelle Hilfsprogramm abgeschlossen hat.

Das kann erst Ende Juni sein. Im Sommer steht die Rückzahlung weiterer Milliarden-Kredite an den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die EZB an. Daher wird bereits über ein drittes Hilfspaket spekuliert – im Umfang von 20 Milliarden Euro. (awp/mc/pg)

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