SNB-Vize Danthine verteidigt SNB-Kommunikation

SNB-Vize Danthine verteidigt SNB-Kommunikation

SNB-Direktionsmitglied Jean-Pierre Danthine. (© SNB)

Bern – SNB-Vizepräsident Jean-Pierre Danthine verteidigt, dass er sich kurz vor Aufhebung des Mindestkurses zum Euro noch zu dem Instrument bekannt hatte. Wäre die Aufhebung angekündigt worden, wäre es nach seiner Einschätzung zu «enormen» Frankenzuflüssen gekommen.

Danthine hatte drei Tage vor der Aufhebung im Westschweizer Fernsehen den Mindestkurs noch als zentrales Instrument der Schweizerischen Nationalbank bezeichnet. Diese Äusserungen waren von Politikern und Wirtschaftsvertretern als schädlich für die Glaubwürdigkeit der Nationalbank kritisiert worden. Danthine verteidigte das Vorgehen nun in einem Interview, das am Dienstag in den Zeitungen «Tages-Anzeiger», «Der Bund», «24 Heures» und «Tribune de Genève» erschien. «Am Wochenende vor diesem Interview war die Presse voller Spekulationen über die Aufhebung des Mindestkurses», sagte er.

Die Spekulationen alleine hätten schon zu «erhöhten Frankenzuflüssen geführt». «Hätte ich das auf den Montag geplante Interview damals abgesagt oder in diesem Interview Zweifel am Mindestkurs geäussert, so hätte die Glaubwürdigkeit des Mindestkurses stark gelitten und die Zuflüsse hätten sich enorm intensiviert», sagte er weiter.

Keine andere Kommunikation möglich
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) habe keine andere Wahl gehabt bei der Kommunikation. «Bei Angelegenheiten wie dem Mindestkurs kann es keine ‹forward guidance›, also keine offene Vorbereitung der Öffentlichkeit und der Finanzmärkte geben», sagte Danthine.

SNB dürfte erneut massiv interveniert haben
Auf die Frage, unter welchen Umständen die SNB nun am Markt interveniere, sagte Danthine: «Wir sind grundsätzlich bereit, auf dem Devisenmarkt zu intervenieren.» Er zeigte sich überzeugt, dass der Markt sich noch nicht eingependelt hat. Es könne noch einige Zeit dauern, bis sich am Devisenmarkt ein neues Gleichgewicht eingestellt habe.

Es gibt Anzeichen, dass die Nationalbank in den vergangenen Tagen in grösserem Ausmass gegen eine weitere Frankenaufwertung interveniert hat. So nahmen die Giroguthaben inländischer Banken um fast 26 Mrd CHF auf 365,5 Mrd zu. Dies ist der stärkste Anstieg seit vielen Monaten. Auch die Sichtguthaben nahmen um 26 Mrd CHF zu.

Vor Danthine hatten bereits die beiden anderen Direktionsmitglieder, Präsident Thomas Jordan sowie Fritz Zurbrügg, öffentlich den Schritt erklärt, mit dem die Nationalbank die Finanzmärkte weltweit überrascht hatte. Zurbrügg sagte, die Verteidigung des Mindestkurses habe immer grössere Interventionen nötig gemacht.

Keine Anbindung an den Euro
Danthine erteilt nach dem Ende des Mindestkurses einer Anbindung des Schweizer Frankens an die Gemeinschaftswährung nach dem Beispiel Dänemarks eine Absage. Dänemark stehe der Eurozone finanziell und politisch näher als die Schweiz, erklärt er. Und die Bindung der Skandinavier zu Europa bestehe seit langem. «Insofern kommt diese Lösung für die Schweiz kaum in Betracht», so Danthine.

Handelsgewichteter Währungskorb?
Das Arrangement von Singapur, das seine Währung anhand eines handelsgewichteten Währungskorbs steuere, verdiene hingegen «nähere Betrachtung», so der SNB-Vize. Entscheidend sei aber immer die langfristige Sicht. Nebst der Schweiz seien auch andere kleine und offene Volkswirtschaften wie Schweden oder Norwegen über die Jahre mit einem flexiblen Wechselkurs gut gefahren, erinnert Danthine.

Entwicklung auf dem Immobilienmarkt offen
Nach der Einführung von Negativzinsen sei die weitere Entwicklung auf dem Immobilienmarkt offen, so Danthine. Einerseits seien die Hypothekarzinsen in den letzten Tagen gesunken und würden vermutlich noch weiter sinken, was tendenziell ungünstig sei. Andererseits hätten die Massnahmen von Bund, SNB, Finma und den Banken bereits zur Stabilisierung beigetragen.

Danthine sieht noch Raum für weitere Massnahmen, aber aktuell keine Notwendigkeit dafür. «Es sei denn, die zuletzt beobachtete Tendenz zur Beruhigung sollte sich wieder umkehren», so der SNB-Vize. «Die SNB ist mit der Finma und dem Finanzdepartement in permanentem Austausch», so Danthine auf die Frage, ob eine Erhöhung des antizyklischen Puffers bei Banken infrage komme.

SNB «so weit gegangen» wie niemals eine Zentralbank  zuvor
Auf die Frage, wie weit die Negativzinsen eigentlich noch sinken könnten, meinte Danthine: «Die SNB ist jetzt so weit gegangen wie niemals eine Zentralbank zuvor.» Die Grenzen der Negativzinsen seien durch die physische Bargeldhaltung gegeben, also durch die logistischen und versicherungstechnischen Kosten der Haltung grosser Mengen von Cash. Ob man mit dem jetzigen Wert von -0,75% schon ziemlich nahe daran sei, ist laut dem bald abtretenden SNB-Direktor «sehr schwierig zu sagen». (awp/mc/pg)

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