Inlandbanken bevorzugen Big Bang statt schrittweisen Systemwechsel
Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz. (Bild: Raiffeisen)
Bern – Die Inlandbanken sehen im Expertenbericht Brunetti zur Finanzmarktstrategie viele gute Ansätze, der inländische Markt werde aber vernachlässigt. Bei der Verrechnungssteuer empfehlen sie ein obligatorisches Meldeverfahren. Geringe Bedeutung für die Inlandbanken hat der grenzüberschreitende Marktzutritt.
«Banken sind nicht für die Steuerehrlichkeit der Bürger verantwortlich», erklärte Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz am Donnerstag an der Medienkonferenz der «Koordination Inlandbanken» in Bern. Steuerehrlichkeit sei zuerst eine Bürgerpflicht und deren Kontrolle eine hoheitliche Aufgabe des Staates.
Der Bundesrat presche mit der angestrebten Reform der Verrechnungssteuer unnötig vor. Der vorgeschlagene Wechsel vom Schuldner- zum Zahlstellenprinzip bringe für die grosse Mehrzahl der Banken keine Vorteile. Es handle sich um eine sehr aufwendige und teure «Übergangslösung», betonte Vincenz.
«Big Bang statt Zwischenschritt
«Im Endeffekt führen die angedachten Massnahmen zum gleichen Ergebnis. Die Banken werden aber in der Übergangsphase der verlängerte Arm der Steuerbehörden», sagte Vincenz. So habe der direkte Weg zu einem obligatorischen Meldeverfahren für natürliche Personen – der «Big Bang» – durchaus Vorteile. Er wäre für alle Beteiligten die effizienteste und konsequenteste Lösung zur Stärkung des Schweizer Kapitalmarkts.
Im Brunetti-Bericht und der am 17. Dezember eröffneten Vernehmlassungs-Vorlage des Bundesrates fehlen zudem nach Ansicht der «Koordination Inlandbanken» die Gesamtschau über weitere zentrale steuerliche Regulierungsvorhaben und Entwicklungen auf dem Schweizer Finanzplatz.
Nach Ansicht der Inlandbanken muss auch die Too-big-to-fail-Problematik für systemrelevante Banken noch gelöst werden. Mittels neuer Kapitalstandards sei sicherzustellen, dass die Grossbanken über genügend Kapital verfügten, um Verluste sowohl vor als auch während einer Krise absorbieren zu können.
Systemrelevanz von ZKB und Raiffeisenbanken
Urs Müller, Präsident des Verbandes Schweizer Kantonalbanken, stellte fest, dass UBS und CS immer noch beträchtliche Risiken für die Schweizer Volkswirtschaft eingingen. Im internationalen Vergleich lägen deren Eigenmittel im Verhältnis zur gesamten Bilanz mit rund 4% am unteren Ende der Skala. In den USA betrügen diese beispielsweise zwischen 5 und 6%.
Der Bericht Brunetti befasse sich zwar mit den Grossbanken und fordere auch einen Krisenplan für nicht-systemrelevante Banken, er sei aber lückenhaft bei den national systemrelevanten Banken, betonte Müller.
Es müsse noch geklärt werden, wie stark die öffentlich-rechtliche Zürcher Kantonalbank (ZKB) und die genossenschaftlich organisierten Raiffeisenbanken betroffen wären. Wichtig sei dabei insbesondere auch deren Rechtsform. Die heutige Regelungen seien nämlich auf Aktiengesellschaft zugeschnitten.
Nach Ansicht der Inlandbanken muss die Systemstabilität durch höhere Eigenkapitalvorschriften für die Grossbanken erhöht werden. National sollte das System aber differenziert werden. Für kleine Regionalbanken reichten 3% vollständig, stellte Müller fest.
Nur Kosten udn wenig Nutzen
Zentral ist auch der Vorwurf der Inlandbanken, der Brunetti-Bericht trage dem Umstand zu wenig Rechnung, dass es in der Schweiz überwiegend inlandorientierte Banken gibt. Diese Banken seien nicht oder kaum im Ausland aktiv. Der aktive Marktzutritt habe für sie daher kaum Bedeutung.
Harald Nedwed, Präsident der Geschäftsleitung der Migros Bank, bemängelte, dass die Inlandbanken von allfälligen Verbesserungen beim Marktzutritt kaum profitierten. Die Kosten, die sich aus Konzessionen der Schweiz gegenüber dem Ausland ergäben, müssten sie aber vor allem im Inland tragen. (awp/mc/ps)
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