Finanzplatz: Sorgfaltspflichten für Händler als Alternative zum Bargeldverbot

Finanzplatz: Sorgfaltspflichten für Händler als Alternative zum Bargeldverbot
KPMG: Banken und Behörden sind mit verschiedenen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen und mit Geldwäschereien konfrontiert. (Foto: Schlierner - Fotolia.com)

(Foto: Schlierner – Fotolia.com)

Bern – Im Streit um strengere Regeln zur Bekämpfung der Geldwäscherei zeichnet sich eine Lösung ab. Der Ständerat hat am Donnerstag einer Sorgfaltspflicht für Händler als Alternative zum Verbot von Bargeldzahlungen über 100’000 CHF zugestimmt. Im Nationalrat war der Vorschlag vergangene Woche nur knapp gescheitert.

Das Verbot hoher Bargeldzahlungen hatte der Bundesrat vorgeschlagen. Es handelt sich um eine der Massnahmen, mit der die Regeln gegen Geldwäscherei an internationale Standards angepasst werden sollen. Damit will der Bundesrat verhindern, dass die Schweiz auf einer schwarzen Liste landet und Schweizer Finanzinstitute von ausländischen Märkten ausgeschlossen werden.

Mehrheit für Vorschlag im Ständerat
Der Ständerat war mit dem Bargeldverbot in den ersten beiden Beratungsrunden einverstanden, der Nationalrat lehnte dieses jedoch zweimal ab. Angesichts der verhärteten Fronten hat die kleine Kammer bei der letzten Beratung des Geschäfts über eine Alternative diskutiert. Sie verwarf jedoch den Vorschlag von Hans Hess (FDP/OW), statt eines Verbots von Bargeldzahlungen eine Sorgfaltspflicht für Händler einzuführen. Die Nationalratskommission nahm die Idee wieder auf, scheiterte vergangene Woche im Plenum aber ebenfalls – wenn auch knapp mit 94 zu 90 Stimmen.

Im Ständerat hat der Vorschlag nun eine Mehrheit gefunden: Händler, die gewerblich mit Gütern handeln und dabei mehr als 100’000 CHF in bar entgegennehmen, sollen die Vertragspartei und die wirtschaftlich berechtigte Person identifizieren und dies dokumentieren müssen. Erscheint das Geschäft ungewöhnlich oder liegen Anhaltspunkte vor, dass das Geld aus einem Verbrechen oder aus Steuerbetrug stammt, müsste der Händler die Hintergründe abklären. Erhärtet sich der Verdacht, muss unverzüglich die Geldwäschereimeldestelle benachrichtigt werden. Zum Tragen kommen dürften die Vorschriften vor allem bei teuren Gütern wie Schmuck, Uhren, Autos, Kunst oder Immobilien.

Koffer voller Geld
Mit dem eindeutigen Entscheid von 36 zu 4 Stimmen hat die kleine Kammer dem Nationalrat nun eine Tür geöffnet zu einem Kompromiss. Die Lösung würde auch die internationalen Anforderungen erfüllen, wie Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf bestätigte. Hingegen warnte sie davor, sich dem Nationalrat anzuschliessen. Viele Schweizer Unternehmen seien im Ausland tätig, «ihnen sollten wir nicht zusätzliche Schwierigkeiten auferlegen», sagte Widmer-Schlumpf. Auch Claude Janiak (SP/BL) warnte davor, wegen einiger arabischer Scheichs oder russischer Oligarchen mit Koffern voller Bargeld den Zugang der Schweizer Finanzinstitute zum EU-Markt zu riskieren.

Eine Minderheit wollte auch vom Kompromiss nichts wissen. Eine Sorgfaltspflicht mache den Kaufmann und den Händler zum Detektiv und zwinge ihnen eine Revisionspflicht auf, sagte Thomas Minder (parteilos/SH). Es werde eine riesige Bürokratie aufgebaut. Zudem werde wohl jedem Kunden die Lust am Kauf vergehen, wenn er zuerst ein «monetäres Striptease» über sich ergehen lassen müsse.

Weitere Differenzen bleiben
Umstritten bleiben auch die Modalitäten, nach welchen Händler Meldung erstatten müssen. Eine Differenz gibt es zudem betreffend Zahlungen an Betreibungsbeamte und bei konkursamtlichen Steigerungen: Nach dem Willen des Ständerats soll dabei eine Bargeldlimite von 100’000 CHF gelten und nicht eine von 200’000 CHF, wie der Nationalrat beschlossen hat.

Über die meisten Punkte der Vorlage haben sich die Räte aber inzwischen geeinigt – meist im Sinne des Ständerats. Zu den zentralen Neuerungen gehört, dass schwere Steuerdelikte als Vortaten zu Geldwäscherei gelten. Damit müssen die Banken bei Verdacht auf ein solches Delikt den Kunden der Geldwäschereibehörde melden. Betroffen sind ausschliesslich Steuerbetrüger nach aktuellem Steuerstrafrecht.

Umstritten war, bei welchem Betrag die Schwelle liegen soll. Dabei hat sich der Nationalrat dem Ständerat angeschlossen: Steuerbetrug gilt künftig als Vortat zu Geldwäscherei, wenn die hinterzogenen Steuern bei 300’000 CHF pro Steuerperiode liegen. Der Bundesrat wollte die Schwelle bei 200’000 ansetzen.

Wer Inhaberaktien einer Gesellschaft erwirbt, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, muss künftig den Erwerb der Gesellschaft melden und sich identifizieren. Die Gesellschaft muss ein Verzeichnis über die Inhaber führen. Der Nationalrat wollte die Vorschrift zunächst auf grosse Gesellschaften beschränken.

Keine Ausnahme im eigenen Interesse
Weiter sollen künftig auch Personen im Inland als politisch exponierte Personen (PEP) gelten – ohne Ausnahme für National- und Ständeratsmitglieder. Bei PEP müssen Banken erhöhte Sorgfaltspflichten wahrnehmen. Anlass für die Gesetzesänderungen waren Empfehlungen der «Groupe d’action financière» (GAFI), einer von den G-7 ins Leben gerufenen Expertengruppe zur Geldwäschereibekämpfung. Der Bundesrat will diese umsetzen. Das nächste Länderexamen steht 2015 an.

Gegen strengere Geldwäschereiregeln stellt sich die SVP, teilweise mit Unterstützung der anderen bürgerlichen Parteien. Die Gegner sprechen von einer Überregulierung. (awp/mc/pg)

Schreibe einen Kommentar