Fast ein Drittel der Arbeiter in der Schweiz zu wenig qualifiziert
Genf – Der Arbeitsmarkt in Europa leidet laut einer Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) unter einem starken Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Die Schweiz weist mit einem Drittel einen der höchsten Anteile von zu wenig qualifizierten Arbeitnehmern auf.
Die Studie untersuchte 24 europäische Länder. Den Ergebnissen zufolge sind zwischen 10% und 20% aller Arbeitnehmer überqualifiziert und zwischen 15% und 25% zu wenig qualifiziert für ihre Stelle. Diese Kluft sei durch die Krise verstärkt worden und erschwere nun die wirtschaftliche Erholung, erklärte Studienautor und Chefökonom beim ILO, Theo Sparreboom.
Frustration und häufige Stellenwechsel als Folge von Überqualifikation
Zwischen 2002 und 2012 stieg die Überqualifikation im Grossteil der Länder an. Durchschnittlich erhöhte sie sich um 3,6 Prozentpunkte. Das sei eine beunruhigende Entwicklung infolge der Krise, so Sparreboom. Die Menschen akzeptierten Anstellungen unter ihrem Qualifikationsniveau. Dies führe zu Frustration und häufigen Wechsel der Angestellten in den Unternehmen.
In der gleichen Zeit ging der Anteil der zu wenig qualifizierten Arbeitskräfte in den untersuchten Ländern um durchschnittlich fast 9 Prozentpunkte zurück. Die Arbeitsorganisation erklärt zwar, dass die Berechnungen je nach Erhebungsmethode variierten. Allzu grosse Unterschiede seien jedoch nicht feststellbar.
In der Schweiz nur wenig Arbeitskräfte überqualifiziert
In neun Ländern ist mehr als ein Viertel der Mitarbeiter zu wenig qualifiziert, unter ihnen auch die Schweiz mit einem Anteil von 30%. Umgekehrt sind in der Schweiz nur 5,7%t der Arbeitskräfte überqualifiziert. Die Arbeitergeber bekundeten Mühe damit, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden, um mit der schnellen technologischen Entwicklung Schritt halten zu können, führt Sparreboom aus.
Während Jugendliche seltener zu wenig qualifiziert sind als Erwachsene, finden sich in der Gruppe der überqualifizierten Arbeitskräfte überproportional viele Frauen und junge Arbeitnehmer. Laut der Studie spielen dabei mehrere Faktoren eine Rolle. So seien vom Standard abweichende Anstellungsverhältnisse in diesen beiden Gruppen stärker verbreitet, wie beispielsweise Teilzeitarbeit.
Die Studie weist zudem auf die Kosten hin, die das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt für Unternehmen verursache. Die Regierung und die Sozialpartner sollten deshalb Dienstleistungen für eine effektivere Jobvermittlung und Weiterbildungsmöglichkeiten fördern. Weiter solle der Dialog zwischen den Bildungssystemen, der Weiterbildung und der Arbeitswelt verstärkt werden. (awp/mc/pg)