Deutschland: ifo-Geschäftsklima fällt sechsten Monat in Folge
ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. (Foto: ifo-Institut)
München – Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist so schlecht wie seit Ende des Jahres 2012 nicht mehr. Das Ifo-Geschäftsklima trübte sich im Oktober zum sechsten Mal in Folge ein und fiel um 1,5 Punkte auf 103,2 Punkte, wie das Ifo-Institut am Montag in München mitteilte. Dies ist der niedrigste Stand seit dem Dezember 2012. Volkswirte hatten lediglich mit einem Rückgang auf 104,5 Punkte gerechnet. «Die konjunkturellen Aussichten haben sich nochmals verschlechtert», sagte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn.
Der wichtigste deutsche Konjunkturindikator dürfte zuletzt aufgekeimte Hoffnungen auf eine robuste wirtschaftliche Entwicklung wieder dämpfen. Der in der Vorwoche veröffentlichte Einkaufsmanagerindex der deutschen Industrie war überraschend stark angestiegen.
«Der sechste Rückgang des Ifo-Indexes in Folge ist vor dem Hintergrund des überraschend deutlich gestiegenen Industrie-PMIs enttäuschend, zumal die Erwartungskomponente erneut gesunken ist,» kommentierte Ulrich Wortberg von der Helaba. «Eine Belebung der deutschen Wirtschaftsaktivität zeichnet sich in den kommenden Monaten wohl nicht ab.»
Gefährliches Stadium
Die Bewertung der aktuelle Lage sank laut Ifo-Institut von revidiert 110,4 Punkten (zuvor:110,5 Punkte) im Vormonat auf 108,4 Punkte. Die Erwartungen für das nächste halbe Jahr gaben nach von 99,3 Punkten auf 98,3 Zähler. Dies ist der niedrigste Stand seit Dezember 2012. Einziger Lichtblick: Im Auslandsgeschäft des verarbeitenden Gewerbes keimte leichte Zuversicht auf.
«Die grösste Wirtschaft der Eurozone hat ein gefährliches Stadium zwischen einem Schwächeanfall und einer längerfristigen Beinahe-Stagnation erreicht,» kommentierte Carsten Brzeski, Chefökonom von Ing-Diba. Vor allem der Rückgang der Erwartungen gebe Anlass zu weiterer Vorsicht. Die Anleger reagierten negativ auf die Ifo-Zahlen. So gab der Aktienindex Dax seine Gewinne vom Handelsbeginn ab und notierte fast unverändert bei 8986,29 Punkten. Zuvor hatten die Märkte positiv auf die am Vortag vorgelegten Ergebnisse des Banken-Stresstests der Europäischen Zentralbank (EZB) reagiert.
Was macht die EZB?
Die schwach ausgefallenen ifo-Daten dürften auch der Debatte um weitere Konjunkturhilfen der EZB weitere Nahrung geben. Die EZB hat bereits Ankäufe von Pfandbriefen («Covered Bonds») getätigt und prüft den Kauf von Unternehmensanleihen. Einige Experten gehen davon aus, dass die EZB im kommenden Jahr in den Kauf von Staatsanleihen einsteigt, der in Deutschland besonders umstritten ist.
Für Jennifer McKeown, Analystin bei Capital Economics, ist die schlechte Stimmung unter den deutschen Managern vor allem angesichts der zuletzt niedrigen Energiepreise und des schwächeren Euros enttäuschend. Die Daten stellten ihre bisherige Annahme in Frage, dass die deutsche Wirtschaft bis zum Jahresende wieder wachse. (awp/mc/upd/ps)