Schweizer kaufen immer mehr regionale Lebensmittel
Gemäss der aktuellen A.T. Kearney-Studie gelten Geschmack und Frische als Hauptgründe für regionale Lebensmittel.
Zürich – Die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln in der Schweiz, Deutschland und Österreich ist ungebrochen hoch. Das geht aus einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney hervor, für die im Juni dieses Jahres 1000 Konsumenten in der Schweiz, Deutschland und Österreich (DACH) befragt wurden. Gegenüber dem Vorjahr kaufen 35 Prozent mehr Konsumenten wöchentlich regionale Lebensmittel. Zudem ist der Anteil Konsumenten, bei denen regionale Lebensmittel einen Anteil von 20 Prozent und mehr am Warenkorb ausmachen, innerhalb eines Jahres um 10 Prozent gestiegen.
Die Befragten nennen vor allem Geschmack und Frische als die wichtigsten Faktoren bei ihrer Kaufentscheidung. Zwar hat der Einzelhandel im letzten Jahr schon viele Massnahmen ergriffen, um von diesem wachsenden Markt zu profitieren. Zusätzliche Potenziale kann er jedoch erschliessen, in dem er weiterhin für eine differenzierte Preisgestaltung sorgt, das Angebot ausweitet und mit mehr Transparenz das Vertrauen der Konsumenten stärkt.
Grösseres Gesundheitsbewusstsein
Mirko Warschun, Partner bei A.T. Kearney und Leiter des Beratungsbereichs Konsumgüterindustrie und Handel in Deutschland, Österreich und der Schweiz, erklärt: „Im Zuge eines grösseren Gesundheitsbewusstseins und einer insgesamt gestiegenen Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit ist auch die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln in der Schweiz, Deutschland und Österreich im letzten Jahr weiter gestiegen. Unsere repräsentative Studie zeigt, dass immer mehr Konsumenten regionale Produkte kaufen und ihr Anteil am Warenkorb kontinuierlich wächst.“
Von den Befragten gaben über 80 Prozent an, dass sie mehrmals im Monat regionale Lebensmittel kaufen (2013: 72 Prozent), 65 Prozent tun dies sogar wöchentlich (2013: 48 Prozent).
Der Einzelhandel setzte 2013 in der DACH-Region Lebensmittel im Wert von rund 210 Milliarden Euro um (Deutschland: 164 Mrd., Schweiz: 27 Mrd., Österreich 19 Mrd.). Welcher Anteil davon auf regionale Lebensmittel entfällt, lässt sich schwer beziffern, was nicht zuletzt auf das uneinheitliche Verständnis von Regionalität zurückzuführen ist. Ob Lebensmittel als regional einzustufen sind, hängt von ihrer Herkunft ab. Das gilt sowohl für Produkte aus konventioneller Erzeugung als auch für Bioprodukte. Nach wie vor aber hat sich keine einheitliche Definition von Regionalität etabliert.
Dass der Marktanteil wächst, scheint beim Blick in den Warenkorb allerdings unstreitig: Der Anteil Konsumenten, bei denen regionale Lebensmittel einen Anteil von 20 Prozent und mehr am Warenkorb ausmachen, ist innerhalb eines Jahres um 10 Prozent gestiegen.
Identifikation mit der eigenen Region
Die Studie legt nahe, dass die Identifikation mit der eigenen Region ein starker Treiber für den Kauf regionaler Lebensmittel ist. Durchschnittlich 80 Prozent der Konsumenten, die sich „sehr stark“ und etwas mehr als 60 Prozent derer, die sich „stark“ mit ihrer Region identifizieren, kaufen wöchentlich regionale Lebensmittel ein.
Regionale Lebensmittel besser erkennbar
Am ehesten erkennen die Konsumenten regionale Lebensmittel an ihrer Verpackung/Aufschrift. Das gaben mehr als zwei Drittel der Befragten an. Über die Hälfte der Befragten erkennt sie an der Direktvermarktung etwa auf Wochenmärkten, in Hofläden und über Abo-Kisten. Fast die Hälfte der Konsumenten identifiziert sie anhand von regionalen Handelsmarken. Insgesamt werden regionale Handelsmarken überwiegend mit guter Qualität assoziiert. Dies gilt für alle drei untersuchten Länder und in besonderem Masse für die Schweiz.
Andreas Liedtke, Partner und Managing Director von A.T. Kearney Schweiz, erläutert: „Bekannte Handelsmarken haben bei den Schweizern und Österreichern einen höheren Erkennungswert als bei deutschen Konsumenten. In Deutschland und Österreich indes spielt die Direktvermarktung eine grössere Rolle als in der Schweiz.“
Konsumenten kaufen am liebsten in grossen Supermärkten
Fast jeder zweite Konsument in DACH kauft regionale Lebensmittel vor allem in grossen Supermärkten ein, 43 Prozent auf Wochenmärkten/bei Biobauern, 39 Prozent in kleinen Supermärkten und 29 Prozent bei Discountern. Dazu Liedtke: „Im Ländervergleich lassen sich Unterschiede erkennen. So kaufen schweizerische und österreichische Konsumenten vor allem in grossen Supermärkten, während deutsche Konsumenten es bevorzugt auf Wochenmärkten oder bei Biobauern tun.“
Interessant ist die Rolle von Discountern. Während sie in Deutschland als POS für regionale Lebensmittel verlieren, haben sie im Jahresvergleich in der Schweiz und in Österreich an Bedeutung gewonnen.
Hinsichtlich der Sicherheit der angebotenen Lebensmittel geniessen Wochenmärkte/Biobauern das grösste Vertrauen der Kunden (4,1 auf einer Skala von 1 bis 5, wobei 5 für „am vertrauenswürdigsten“ steht). Es folgen mit etwas Abstand Biosupermärkte (3,6) und kleine Supermärkte (3,5). Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Bewertung der Produktqualität durch die Konsumenten: Die regionalen Produkte mit der höchsten Qualität kommen ihrer Ansicht nach vor allem von Wochenmärkten/Biobauern (4,2), gefolgt von Biosupermärkten (3,6) oder kleinen und grossen Supermärkten (3,5).
Geschmack und Frische
Die DACH-Konsumenten nennen vor allem Geschmack (4,4 auf einer Skala von 1 bis 5, wobei 5 für „am wichtigsten“ steht) und Frische (4,3) als die wichtigsten Gründe für den Kauf regionaler Lebensmittel. Auch der Preis der Produkte (3,9) spielt beim Einkauf eine Rolle, wobei die Konsumenten in der Schweiz und in Österreich mehr Wert darauf legen als in Deutschland.
Vor allem bei Frischeprodukten spielt die Qualität bei der Kaufentscheidung eine grössere Rolle als der Preis. Das gilt insbesondere für Gemüse, Fleisch, Obst, Eier und Fisch. Bei weniger gesunden Lebensmitteln wie Spirituosen und Fertigprodukten hat der Preis ein stärkeres Gewicht als die Qualität.
Mehr regionale Produkte gewünscht
Die Zufriedenheit der Konsumenten mit dem Standardangebot ist niedriger als im Vorjahr. Nur noch 26 Prozent der Konsumenten sind damit zufrieden, wobei die deutschen und österreichischen Konsumenten deutlich unzufriedener sind als die Konsumenten in der Schweiz.
Liedtke erklärt: „In der Schweiz wünschen sich die Konsumenten vor allem bei Gemüse und Obst ein grösseres regionales Angebot. Im Vergleich dazu wünschen es sich die Konsumenten in Deutschland vor allem beim Fleisch.“
Handel kann noch stärker von Regionalität profitieren
Zwar hat der Detailhandel schon viele Massnahmen ergriffen, um vom Wachstumsmarkt Regionalität zu profitieren. Zusätzliche Potenziale lassen sich jedoch über folgende Hebel erschliessen:
1. Differenzierte Preisgestaltung vornehmen
60 Prozent der Befragten in DACH würden mehr regionale Lebensmittel konsumieren, wenn sie günstiger wären. Vor allem die Konsumenten in Österreich wünschen sich niedrigere Preise.
Dem gegenüber stehen Konsumenten, die durchaus bereit wären, für bestimmte Produkte aus der Region höhere Preise zu bezahlen. Für Fleisch, Eier, Wurst/Schinken, Obst und Gemüse würden dies durchschnittlich 35 Prozent der befragten DACH-Konsumenten tun.
Da die Zahlungsbereitschaft je Produktkategorie unterschiedlich ist, braucht es vonseiten der Händler differenzierte Preisstrategien, etwa für frische und nicht frische Produkte. Es hat sich gezeigt, dass die Konsumenten bereit sind, einen Preisaufschlag von bis zu 10 Prozent zu akzeptieren. Allerdings sollten die Preise für regionale Produkte nicht über
denen von Bioprodukten liegen.
2. Angebot gezielt ausweiten
58 Prozent der befragten DACH-Konsumenten würden mehr regionale Produkte kaufen, wenn das Angebot grösser wäre. Da die Konsumenten in DACH Regionalität nicht bei allen Produktkategorien als gleich wichtig erachten, kommt es darauf an, die Kategorien gezielt auszuwählen, für die das Angebot vergrössert werden soll.
3. Mit Transparenz Vertrauen stärken
31 Prozent der befragten DACH-Konsumenten geben an, dass bessere Informationen über die Lebensmittelherkunft ihren Konsum an regionalen Lebensmitteln erhöhen würden. Um die Transparenz über die Herkunft der Produkte zu erhöhen, empfiehlt es sich für Detailhändler, Vertriebskooperationen mit lokalen Landwirten einzugehen oder diese auszuweiten. Wesentlich ist dabei, diese Kooperationen richtig zu kommunizieren und auf den Produkten kenntlich zu machen.
Zusätzlich kann die prominente Platzierung im Laden zu einer raschen Erkennung der regionalen Produkte beitragen. Häufiger als im Vorjahr wurde die Auffindbarkeit regionaler Ware seitens der DACH-Konsumenten als problematisch bezeichnet. Es empfiehlt sich daher, regionale Ware beispielsweise gesondert oder in einer ausgewiesenen Regionalecke zu platzieren. (A.T. Kearney/mc/ps)