IHAG-Kommentar: Herbststürme an den Börsen
Zürich – Die abgelaufene Börsenwoche war volatil mit Verkaufsdruck bei zyklischen Werten. Der S&P 500 verlor die wichtige 2000er Marke und am Donnerstag auch noch die 50-Tage Linie bei 1980. Am Freitag erfolgte eine leichte Erholung. Über die Woche ergab sich ein Minus von 1.4%. Der SMI gab lediglich 0.7% nach. Allerdings wird dieser Index nur noch von den beiden Pharmawerten Novartis und Roche getragen. Zyklische Werte wie Adecco (-4.4%) kamen unter die Räder. Dasselbe Bild im DAX, welcher 3.2% verlor.
Sichere Bonds waren wieder gefragt und die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen sanken in den USA 6, in Deutschland 6 und in der Schweiz 4 Basispunkte.
Während in den USA und Grossbritannien die Zeichen auf steigende Zinsen stehen, schürte Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, erneut die Hoffnung auf eine noch lockerere Geldpolitik, um die schwächelnde Konjunktur im Euro-Raum anzukurbeln. Damit setzte der Euro die Talfahrt zum USD fort und ging am Freitag bei 1.27 aus dem Handel. Die SNB kann den CHF / EUR nun seit mehreren Wochen über 1.2050 halten. Der Schlusskurs lag bei 1.2070. Der USD setzt seine Stärke fort. Für einen USD mussten kurz bereits 95 Rappen bezahlt werden.
Ölpreis stabilisiert sich
Trotz schwachen Börsen und gestiegener Unsicherheit konnte der Goldpreis nur kurz hochzucken, schloss aber im Wochenvergleich unverändert bei USD 1215 die Unze. Der Ölpreis konnte sich bei USD 97 pro Barrel Brent stabilisieren. Mit dem herannahenden Winter könnten die Jahrestiefstwerte erreicht sein.
Am Dienstag belasteten Sorgen um die Weltkonjunktur die Börsen und v.a. zyklische Werte, allen voran aus dem Automobilsektor kamen unter die Räder. Der Einkaufsmanagerindex in der Eurozone fiel auf 52.3 Punkte, dem tiefsten Stand im laufenden Jahr. Zum Absacker am Donnerstag an den Börsen wurde kein eindeutiger Grund gefunden. Verkaufsdruck kam wohl auch von Meldungen aus Russland, die eine weitere Zuspitzung der Ukraine-Krise befürchten liess. Einer Moskauer Zeitung zufolge liegt dem russischen Parlament der Entwurf für ein Gesetz vor, das dem Staat die Konfiszierung ausländischer Vermögenswerte im Zusammenhang mit den westlichen Sanktionen gegen das Land erlauben soll. Auch warnte der britische Notenbankchef Mark Carney, dass die erste Zinsanhebung nach der Finanzkrise früher kommen könnte als bislang erwartet.
Europäische Konjunktur dürfte auch im H2 schwach bleiben
Es mehren sich die Zeichen, dass die europäische Konjunktur im zweiten Halbjahr schwach bleibt. Der Wirtschaftsmotor stottert und zyklische Aktien sind unter Verkaufsdruck, insbesondere diejenigen, welche für eine Reduktion der Gewinnschätzung exponiert erscheinen. Dagegen bleiben solide Wachstumsaktien, allen voran im Pharmabereich, gesucht und notieren auf historisch hohem Niveau. Sollte sich die Wirtschaft weiter abkühlen, sind Herbststürme an den Börsen vorprogrammiert. Die Breite der Börsenhausse ist bereits dünn. Im SMI wird der Index von beiden Pharmagiganten Novartis und Roche getragen, welche eine Avance 2014 von 22%und 12% aufweisen. Dazwischen liegen Givaudan, Geberit und Swisscom. Die Mehrheit der SMI-Titel liegt abgeschlagen darunter.
Wir haben diese Woche die Zyklizität in unseren Verwaltungsdepots verringert, weil das negative Sentiment und die hohe Volatilität noch ein paar Monate anhalten könnten. Einen Einbruch der Wirtschaft sehen wir nicht, aber das nachlassende Momentum mahnt zur Vorsicht. Die meisten Titel konnten sich von tiefen Kursen von anfangs August erholen, aber die Erholung war oft schwach (Daimler) oder die damaligen Supports wurden gar verletzt (BASF, Swatch) mit weiterem Abgabedruck.
Fresenius SE im Fokus
Ein sicherer Wert, welcher noch nicht zu teuer ist, findet sich in Fresenius SE. Das 1. Semester war etwas besser als erwartet und die Guidance wurde leicht erhöht. Mit der Übernahme der Spitäler von Rhön ist Fresenius der Leader im strukturell wachsenden Spitalmarkt Deutschland. Die 30% Beteiligung der kotierten Fresenius Medical Care sollte sich nach den Turbulenzen um neue Vergütungspauschalen für Dialyse in den USA wieder positiv entwickeln. 46% vom EBIT stammt vom Bereich Kabi, wo intravenöse Generika, Nahrung und Verbrauchsgüter für Spitäler verkauft werden. Kabi ist hier ein führendes Unternehmen und es eröffnen sich in den kommenden Jahren weitere Opportunitäten durch Milliarden grosse Patentverfälle. Die Bewertung ist bei einem P/E 2015 von 16.5x sowie einem EV/EBITDA von 9x für diese Wachstumsgesellschaft noch nicht ausgereizt.
Als übertrieben erachten wir den Kurssturz bei Allianz, welche am Freitag Nachmittag in der Spitze 7.7% einbrach. Grund war, dass der legendäre, aber in letzter Zeit weniger erfolgreiche Fundsmanager bei der Tochter Pimco, Bill Gross, das Unternehmen verlassen hatte. Allianz verlor EUR 4.5 Mrd, welches in keinem Verhältnis zu Pimcos Ergebnisbeitrag steht. (IHAG/frp/mc/ps)