Argentinien will US-Gerichtsurteil mit Anleihetausch aushebeln
Argentiniens Staatspräsidentin Cristina Fernández de Kirchner. (Foto: Presidencia de la Nacion)
Buenos Aires – Im Dauerstreit mit aggressiven US-Hedgefonds versucht Argentinien ein neues Manöver. Das Land will seine Staatsanleihen in Buenos Aires bedienen und eventuell unter nationales Recht stellen, wie Staatschefin Cristina Fernández de Kirchner am Dienstagabend bei einer Fernsehansprache erklärte. Geht der Plan auf, so könnten die Urteile von US-Gerichten umgangen werden. Dafür müsste aber erst ein grosser Anleihetausch gelingen.
Eine entsprechende Gesetzesvorlage sollte noch am Mittwoch dem Parlament vorgelegt werden. Den Gläubigern der Umschuldungen von 2005 und 2010 solle die Auszahlung über Treuhandkonten in Argentinien gesichert werden. Auf diese Weise würde die Blockierung des Schuldendienstes an internationale Gläubiger über die Bank of New York durch amerikanische Richter ausgehebelt werden. Die Gesetzesvorlage umfasst vorwiegend eine Verlegung des Zahlungsorts nach Buenos Aires, erklärte Wirtschaftsminister Axel Kiciloff am Mittwoch. Die Änderung der Gerichtsbarkeit auf argentinisches Recht sei nur eine weitere Option, die den Gläubigern vorgestellt werden soll. Auch könnten die Gläubiger einen alternativen Zahlungsweg vorschlagen, sagte der Minister.
Streit vor US-Gericht
Argentinien ringt seit Jahren mit einer von den New Yorker Hedgefonds NML Capital und Aurelius angeführten Investorengruppe um die Rückzahlung von Schulden, die aus der Staatspleite von Ende 2001 resultieren. Die Hedgefonds halten einen Teil der 7,6 Prozent der Auslandsschuld, die nicht in die Umschuldungen von 2005 und 2010 eingangen sind. Man streitet vor US-Gerichten, weil die Anleihen unter amerikanischem Recht aufgelegt worden waren. So sollten sie für ausländische Anleger attraktiver gemacht werden. Die Auszahlungsvollmacht der Bank of New York Mellon soll jetzt zurückgenommen werden.
Technische Zahlungsunfähigkeit
Die US-Richter haben entschieden: Solange Argentinien die von der Regierung als «Geier» bezeichneten Fonds nicht bezahlt hat, dürfen auch andere Gläubiger nicht bedient werden. Deshalb ist das Land in die technische Zahlungsunfähigkeit geraten. Grosse Ratingagenturen bewerten Argentinien inzwischen als Pleitefall, weil es Rechnungen wegen des Streits mit den Hedgefonds nicht bezahlen darf.
Kirchners angekündigte Gesetzesvorlage sieht nun vor, den Anlegern die Zahlungen über ein Treuhandkonto der argentinischen Zentralbank sicherzustellen. Argentinien muss sich beeilen, damit am 30. September nicht erneut Zahlungen ausfallen.
Die angekündigte Gesetzesvorlage sieht ausserdem vor, dass auch die Gläubiger, die die Umschuldungen nicht akzeptiert hatten, auf einem Treuhandkonto der argentinischen Zentralbank Auszahlungen mit denselben Abstrichen der Umschuldung bereitgestellt werden. Auch NML-Eigner Paul Singer könne dort sein Geld mit einer Gewinnmarge von 300 Prozent über den von ihm bezahlten Kaufpreis der Wertpapiere abholen, sagte Kiciloff.
Hohes Risiko
Argentinien hat den Plan, die Staatspapiere in Titel unter heimischem Recht umzuwandeln, schon lange in der Schublade. Allerdings müssen die betroffenen Gläubiger erst einmal zustimmen. Mit einem Wechsel der Auszahlung und der Gerichtsstandorts von New York nach Buenos Aires würden sie ein hohes Risiko eingehen. Die Alternative – überhaupt kein Geld zu bekommen – ist allerdings auch alles andere als verlockend. (awp/mc/pg)