Neuer Lufthansa-Chef zieht Reissleine
Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr. (Foto: Lufthansa)
Frankfurt am Main – Der neue Lufthansa-Chef Carsten Spohr streicht die von seinem Vorgänger Christoph Franz ausgegebenen Gewinnziele für 2014 und 2015 deutlich zusammen. Wegen mehrerer Streiks und einer überraschend schwachen Umsatzentwicklung im Passagier- und Frachtgeschäft dürfte der operative Gewinn im laufenden Jahr statt 1,3 bis 1,5 Milliarden lediglich rund 1 Milliarde Euro erreichen, teilte Europas grösste Fluggesellschaft am Mittwoch in Frankfurt mit.
Für 2015 geht der Vorstand «bei stabilen Rahmenbedingungen» noch von 2 Milliarden Euro aus, obwohl mit dem Ende des Sparprogramms «Score» bislang 2,65 Milliarden angepeilt worden waren. An der Börse sorgten diese Nachrichten für einen deutlichen Kursrutsch. Die Aktie stürzte um bis zu 16 Prozent ab. Die Warnung erwischte den Markt einem Händler zufolge auf dem falschen Fuss, nachdem die Stimmung für die Papiere der Lufthansa positiv gewesen sei.
Strukturelle Krise
Für die schwachen Zahlen musste Finanzchefin Simone Menne geradestehen, während der im Mai angetretene neue Lufthansa-Chef Carsten Spohr weiterhin daran festhält, seine strategischen Planungen im Juli vorzustellen. Die nun revidierten Ziele stammten noch von seinem Ende April ausgeschiedenen Vorgänger Christoph Franz. Spohr habe die Ziele nun so gesteckt, dass er damit kein Risiko eingehe, meinte Analyst Jürgen Pieper von der Privatbank Metzler.
Es handele sich um eine strukturelle Krise und nicht um kurzfristige Entwicklungen, sagte Menne. Die Überkapazitäten vor allem auf den Nordatlantikverbindungen führten zu einem deutlichen Preisverfall vor allem im bislang lukrativen Segment der spät buchenden Geschäftskunden, die nunmehr eine weit grössere Auswahl vorfänden.
Erlöse bleiben hinter den Erwartungen zurück
Der Verkehr über die Drehkreuze sei weit stärker betroffen als die Tochter Germanwings, die weiterhin auf Kurs sei, die Gewinnzone in diesem Jahr zu erreichen. In Europa leide man unter den zunehmenden Direktverkehren auch der Billigflieger, während auf der Langstrecke vor allem die Fluggesellschaften vom arabischen Golf Kapazitäten in den Markt drückten.
Die Erlöse seien sowohl im Passagier- als auch im Frachtgeschäft hinter den Erwartungen zurückgeblieben, sagte Menne. Für Europa nannte sie einen Erlösrückgang von 1,0 bis 1,5 Prozent. Auch die schwachen Vorausbuchungen hätten den Vorstand zur Rücknahme der Ziele veranlasst. Weitere Kostenbelastungen von jeweils 60 Millionen Euro seien durch den Pilotenstreik im April und durch Wertberichtigungen auf Forderungen in Venezuela hinzugekommen. Auf der Kostenseite würden die Ziele des Sparprogramms sämtlich erreicht.
Keine Fortschritte bei Verhandlungen mit den Piloten
Lufthansa werde ihr Flugangebot im kommenden Winterflugplan «spürbar reduzieren», kündigte Menne an. Möglicherweise werde dies auch im kommenden Jahr fortgesetzt. Deswegen würden auch sämtliche Flugzeugbestellungen unter die Lupe genommen, ob sie verschoben oder gar abgesagt werden müssten. Dies betreffe sämtliche Order bei den Herstellern Boeing und Airbus .
Keine Fortschritte konnte Menne von den Verhandlungen mit den Piloten über deren Übergangsrenten vermelden. Man sei mit Hilfe eines Moderators in konstruktiven Verhandlungen. (awp/mc/pg)