Ukraine-Krise: Konflikt eskaliert – Dutzende Tote in Odessa
Vormarsch ins Stocken geraten: Urkainische Regierungstruppen am Freitag vor Slawjansk.
Kiew – Der Konflikt in der Ukraine spitzt sich immer weiter zu. In dem bisher vergleichsweise ruhigen Odessa am Schwarzen Meer starben am Freitag nach Polizeiangaben mindestens 38 Menschen, als ein Gewerkschaftsgebäude in Flammen aufging.
Schon zuvor waren in der Stadt vier Menschen bei Kämpfen zwischen prorussischen Aktivisten und Anhängern der Regierung getötet worden.
Der Polizei zufolge starben einige Menschen, als sie aus dem brennenden Gebäude sprangen. Andere erlagen Rauchvergiftungen. Nach den Ausschreitungen im Verlauf des Tages hatte die Polizei am Abend gemeldet, ein Gewerkschaftshaus sei in Brand gesteckt worden. Über die Täter wurde zunächst nichts bekannt.
Das überwiegend von russisch sprechenden Menschen bewohnte Odessa liegt unweit der Krim-Halbinsel, deren umstrittener Anschluss an Russland im März die Ukraine-Krise weiter eskalieren liess.
Vormarsch auf Slawjansk
Ukrainische Soldaten rückten am Freitag in Vororte der ostukrainischen Stadt Slawjansk vor. Die Vormachtstellung der Rebellen dort konnten sie aber nicht brechen. Die Separatisten warfen den Soldaten vor, bei dem Vormarsch drei Rebellen und zwei Zivilisten getötet zu haben. In der 130’000 Einwohner zählenden Stadt werden auch die OSZE-Beobachter festgehalten.
Ein Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin erklärte, die ukrainischen Sicherheitskräfte hätten aus der Luft auf Zivilisten gefeuert und mit ihrer «Strafaktion» den internationalen Friedensplan für die Ukraine torpediert.
Nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes SBU wurde ein Kampfhelikopter mit einer tragbaren Boden-Luft-Rakete abgeschossen. Dies belege, dass «trainierte, gut ausgebildete ausländische Spezialisten» auf Seiten den Separatisten kämpften. Russland hat bislang jede direkte Beteiligung an den Aufständen abgestritten.
In den vergangenen Wochen hatten prorussischen Kräfte Verwaltungsgebäude im Osten der Ukraine unter ihre Kontrolle gebracht. Die Moskauer Regierung hat erklärt, die russisch-stämmige Bevölkerung schützen zu wollen, und hat an den Landesgrenzen Truppen zusammengezogen.
Drohung mit weiteren Sanktionen
In Washington forderte US-Präsident Barack Obama, Russland müsse seinen Einfluss geltend machen und militärische Gruppen zur Aufgabe bewegen. Die für den 25. Mai geplante Wahl dürfe nicht gestört werden, sonst drohten weitergehende Sanktionen für ganze Wirtschaftszweige. Beobachtern zufolge gelten die Energie- und die Bankenbranche als wahrscheinlichste Ziele.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel forderte in Washington, Russland müsse seiner Verantwortung besser gerecht werden. Man werde alles daransetzen, dass die Wahlen stattfinden. Sollte Russland sich daran nicht beteiligen, werde es weitere Strafen geben. Eine diplomatische Lösung werde weiter angestrebt und Sanktionen seien kein Selbstzweck. Es gebe aber breit gefächerte Möglichkeiten für wirtschaftliche Sanktionen.
US-Verteidigungsminister Chuck Hagel forderte alle NATO-Staaten zu höheren Rüstungsausgaben auf. Die Ukraine-Krise habe den Mythos zerstört, dass Konflikte in Europa nach dem Ende des Kalten Krieges ausgeschlossen seien. (awp/mc/upd/ps)