Lohnschere zwischen Frauen und Männern nimmt weiter zu

Lohnschere zwischen Frauen und Männern nimmt weiter zu

Auch bei gleichwertigem Profil fällt der Lohnunterschied fast immer zuungunsten der Frauen aus.

Neuchâtel – Gemäss den ersten Ergebnissen der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung des Bundesamts für Statistik (BFS) belief sich der Bruttolohn in der Privatwirtschaft im Jahr 2012 auf 6118 Franken. Innerhalb von zehn Jahren sind die Löhne somit nominal um 13,4 Prozent gestiegen. Der Anteil der variablen Lohnbestandteile ist weiter gewachsen: Mehr als ein Drittel der Arbeitnehmenden erhielt Boni.

Lohnlandschaft 2012 nach Wirtschaftszweigen
Im Jahr 2012 belief sich der Medianlohn in der Schweizer Privatwirtschaft auf 6118 Franken brutto pro Monat. Dies entspricht gegenüber 2010 einer Zunahme von 3,2 Prozent. Die 10 Prozent der Arbeitnehmenden mit den tiefsten Löhnen verdienten weniger als 3886 Franken pro Monat, während die am besten bezahlten 10 Prozent einen Lohn von über 11’512 Franken erhielten. Die Löhne in der Privatwirtschaft variieren nach wie vor stark nach Wirtschaftszweig. Deutlich über dem Medianlohn lagen die Saläre im privaten Sektor in Branchen mit hoher Wertschöpfung wie Forschung und Entwicklung (8905 Franken), Tabakverarbeitung (8939 Franken), Verwaltung und Beratung von Unternehmen (9032 Franken), Pharmaindustrie (9775 Franken) und Bankenwesen (9823 Franken). Nahe beim Medianwert lagen die Löhne in Branchen wie Metallbearbeitung (5766 Franken), Baugewerbe (6024 Franken) oder Gesundheitswesen (6186 Franken). Am unteren Ende der Lohnskala finden sich namentlich die Branchen Detailhandel (4691 Franken), Herstellung von Lederwaren (4442 Franken), Gastronomie (4272 Franken), Beherbergung (4230 Franken) und persönliche Dienstleistungen (3887 Franken).

Entwicklung der Lohnunterschiede im Laufe der Zeit
Zwischen 2002 und 2012 hat der Medianlohn in der Privatwirtschaft um nominal 13,4 Prozent zugenommen. Im gleichen Zeitraum stiegen die Saläre der am besten bezahlten 10 Prozent um  22,5 Prozent. In den mittleren Einkommensgruppen belief sich das Lohnwachstum auf 12,8 Prozent. Bei den 10 Prozent der Arbeitnehmenden mit der tiefsten Entlöhnung erhöhten sich die Löhne um  9,5 Prozent. Der Abstand zwischen der Spitze und der Basis der allgemeinen Lohnpyramide in der Schweiz hat sich somit vergrössert und ist vom Faktor 2,6 im Jahr 2002 auf 3,0 im Jahr 2012 gestiegen.

Anteil der Tieflöhne
2012 gab es in Vollzeitäquivalenten ausgedrückt rund 268’000 Tieflohnstellen (d.h. Stellen mit einem Lohn in Höhe von höchstens 2/3 des Medianeinkommens). Die höchsten Anteile an Tieflohnstellen verzeichneten Branchen wie der Detailhandel (19,7%), die Beherbergung (38,1%) oder die sonstigen persönlichen Dienstleistungen (51,8%). Von 2002 bis 2012 ist der Anteil der Tieflohnstellen im Privatsektor relativ stabil geblieben: Er belief sich im Jahr 2002 auf 10,5 Prozent und auf 10,0 Prozent im Jahr 2012. Von den 339’000 Personen mit Tieflohn im Jahr 2012 waren 66,9 Prozent Frauen.

Kaderlöhne und Saläre der Topmanager
Das Lohnniveau der Kader ist wesentlich von der Hierarchiestufe und vor allem von der Branche abhängig. So belief sich der Medianlohn der oberen Kader 2012 auf 18’831 Franken in der Telekommunikationsbranche, auf 19’925 Franken bei den Versicherungen und auf 21’528 Franken in der Pharmaindustrie, gegenüber beispielsweise 11’955 Franken in der Maschinenindustrie,  8495 Franken im Baugewerbe und 4815 Franken in der Gastronomie. Von 2002 bis 2012 wuchsen die Löhne beim oberen und mittleren Kader um 14,9 Prozent, beim unteren Kader hingegen legten sie mit 21,9 Prozent deutlich stärker zu. Die Topmanager, das heisst die am besten bezahlten 10 Prozent des oberen Kaders, verdienten monatlich über 23’444 Franken. Am höchsten sind die monatlichen Saläre der Topmanager bei den Versicherungen (43’281 Franken), in der Forschung und Entwicklung  (49’589 Franken) und im Bankenwesen (52’151 Franken).

Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern
Zwischen 2010 und 2012 vergrösserte sich das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern in der Privatwirtschaft insgesamt um 0,5 Prozentpunkte von 18,4 auf 18,9 Prozent. Dieses Gefälle ist teilweise mit unterschiedlichen Profilen der beiden Geschlechter zu erklären, beispielsweise hinsichtlich Altersstruktur, Ausbildung oder Verantwortungsniveau am Arbeitsplatz. Allerdings fällt der geschlechterspezifische Lohnunterschied auch bei gleichwertigem Profil fast immer zuungunsten der Frauen aus. So verdienen beispielsweise 40- bis 49-jährige Arbeitnehmerinnen mit hohem Verantwortungsniveau durchschnittlich 25,1 Prozent weniger als gleichaltrige Männer mit demselben Profil. Im Segment der Arbeitsstellen mit niedrigerem Anforderungsniveau sind diese Lohnunterschiede zuungunsten der Frauen ebenfalls zu finden, allerdings weniger ausgeprägt. Beispielsweise verdienen Frauen ohne Führungsposition mit einer Lehre durchschnittlich 12,4 Prozent weniger als Männer derselben Kategorie. Mit anderen Worten wird der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen tendenziell grösser, wenn die Anforderungen und das Verantwortungsniveau zunehmen.

Zunehmende Bedeutung der Boni im Lohnsystem
2012 erhielt mehr als ein Drittel der Arbeitnehmenden im Privatsektor Boni (zusätzlich zum Grundlohn ausbezahlte Jahresprämien). Dieser Anteil ist in Hochlohnbranchen wie Forschung und Entwicklung (41,3%), Pharmaindustrie (72,6%) oder Bankenwesen (80,4%) grösser. Der Anteil der Arbeitnehmenden, die einen solchen flexiblen Lohnbestandteil beziehen, ist von 25,5 Prozent im  Jahr 2002 auf 36,1 Prozent im Jahr 2012 angewachsen. Der durchschnittliche Betrag der Boni ist dabei von 8337 Franken im Jahr 2002 auf 11’143 Franken im Jahr 2012 gestiegen. Die Höhe der Boni variiert beträchtlich je nach Wirtschaftsbranche und beträgt beispielweise durchschnittlich  3731 Franken im Detailhandel und 7333 Franken in der lederverarbeitenden Industrie, gegenüber 26’018 Franken im Bankenwesen und 29’355 Franken in der Verwaltung und Beratung von Unternehmen.

Die Löhne der ausländischen Arbeitskräfte variieren deutlich je nach Aufenthaltsstatus
Mit einem Medianlohn von 6369 Franken verdienen Schweizer Arbeitnehmende mehr als ausländische, unabhängig von deren Aufenthaltsstatus: Ausländerinnen und Ausländer mit Kurzaufenthaltsbewilligung verdienen durchschnittlich 4672 Franken, jene mit Aufenthaltsbewilligung 5552 Franken, jene mit Niederlassungsbewilligung 5671 Franken und jene mit Grenzgängerbewilligung 5896 Franken. In der Kategorie der Führungskräfte mit hohem Verantwortungsniveau erzielen ausländische Arbeitskräfte höhere Löhne als schweizerische. Das Durchschnittssalär beträgt bei schweizerischen Führungskräften dieser Kategorie 9683 Franken, während entsprechende Personen mit Grenzgängerbewilligung 10’505 Franken verdienen, solche mit Niederlassungsbewilligung 10’905 Franken und solche mit Aufenthaltsbewilligung 12’726 Franken. Umgekehrt verdienen Schweizer Arbeitnehmende ohne Führungsverantwortung mit 5729 Franken mehr als vergleichbare ausländische Arbeitskräfte mit Grenzgängerstatus (5488 Franken), mit Niederlassungsbewilligung (5261 Franken) oder mit Aufenthaltsbewilligung (5022 Franken). (BFS/mc/ps)

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