Die Schweizer Altersvorsorge steckt in der Klemme

Die Schweizer Altersvorsorge steckt in der Klemme

Zürich/Basel – In der AHV übersteigen heutige Rentenversprechen die zukünftigen Einnahmen um 173,4% des Schweizer Bruttoinlandprodukts. Die Mehrbelastung der jungen Generationen gegenüber den heutigen Rentnern ist erheblich. Dies zeigt eine neue Studie zur Schweizer Altersvorsorge und Generationenbilanz.

Die Schweizer Altersvorsorge steckt in der Klemme. „Seit dem Scheitern der 11. AHV-Revision und der Ablehnung der Herabsetzung des Umwandlungssatzes im Jahre 2010 ist die Kluft zwischen Reformbedarf und Reformfähigkeit weiter gewachsen,“ sagt Andreas Schlatter, Mitglied der eidgenössischen Kommission für die berufliche Vorsorge und Leiter von UBS Global Asset Management Schweiz. Obwohl in Fachkreisen kaum an der Notwendigkeit einer Reform gezweifelt wird, herrscht in weiten Teilen der Bevölkerung Unsicherheit. Ist unsere Altersvorsorge langfristig finanzierbar? Wie hoch ist die Finanzierungslücke und wie verteilen sich die Lasten zwischen den Generationen?

Vor diesem Hintergrund haben das Forschungszentrum Generationenverträge (FZG) der Universität Freiburg im Breisgau und die Ökonomen des UBS Chief Investment Office WM die langfristigen Perspektiven der Schweizer Altersvorsorgesysteme und des öffentlichen Haushaltes auf Basis der aktuellen Wirtschaftsdaten analysiert. „Der Zusammenhang zwischen der Altersvorsorge und dem öffentlichen Haushalt ist naheliegend – Rentenversprechen, die nicht aus dem Vorsorgesystem heraus finanziert werden können, sind schliesslich eine Verpflichtung des Staates,“ erklärt Veronica Weisser, Ökonomin und Vorsorgeexpertin von UBS. Die sogenannte implizite Staatsverschuldung berechnet sich aus dem zukünftigen Missverhältnis der Ausgaben- und Einnahmenentwicklung des öffentlichen Haushalts. In der Altersvorsorge werden die Beiträge und Rentenzahlungen jeder Generation unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung verglichen.

Die aktuelle UBS-Studie «Schweizer Altersvorsorge und Generationenbilanz: Lasten in die Zukunft verschoben» zeigt deutlich, dass die implizite Staatsverschuldung der Schweiz das Niveau der tatsächlich ausgewiesenen expliziten Schulden massiv übersteigt.

Die zentralen Ergebnisse der Studie sind:

  • AHV-Finanzierungslücke: In der AHV übersteigen heutige Rentenversprechen den Barwert zukünftiger Einnahmen um 173,4% des Schweizer BIP. Umgerechnet entspricht dies etwa einer Billion CHF.
  • Generationengerechtigkeit: Es zeigt sich ein starker Anstieg in der Belastung der AHV nach Jahrgängen. Unter der Annahme, dass die Finanzierungslücke in der AHV durch eine Mehrwertsteuererhöhung ab 2025 geschlossen werden soll, beläuft sich die Mehrbelastung (Beiträge gegenüber empfangenen Leistungen) für eine Person des Jahrgangs 2010 auf CHF 1590 pro Lebensjahr und für eine Person des Jahrgangs 1980 auf CHF 860 gegenüber einer

Person, die heute das Rentenalter erreicht (Jahrgang 1949). Hingegen sind heutige Rentner höheren Alters deutlich bessergestellt. Zum Beispiel hat eine heute 85-jährige Person (Jahrgang 1929) eine Minderbelastung von etwa CHF 680 pro Lebensjahr gegenüber dem heute 65-jährigen Neurentner.

  • Nachhaltigkeitslücke: Die implizite Staatsschuld der Schweiz liegt bei 167,4% des BIP. Zusammen mit den expliziten Schulden in Höhe von 35,5% des BIP im Jahr 2011, beläuft sich die tatsächliche Staatsverschuldung der Schweiz auf 202,9% des BIP. Dies entspricht einer Summe von fast 1,2 Billionen CHF. Rechnet man der tatsächlichen Staatsverschuldung schliesslich die bestehenden expliziten Vermögen in Höhe von 36,9% des BIP im Jahr 2011 entgegen, so beziffert sich die Nachhaltigkeitslücke der Schweiz auf 166,0% des BIP oder etwa 970 Milliarden CHF.

Damit belegt die Studie eindrücklich, dass Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit in der AHV stark in Frage gestellt werden müssen – der Generationenvertrag wankt. „Bei einer Finanzierungslücke in dieser Grössenordnung kann von einer nachhaltigen Finanzierung der AHV keine Rede sein“, betont Prof. Bernd Raffelhüschen, Leiter des Forschungszentrums Generationenverträge. Zukünftige Generationen werden sich daher auf höhere Belastungen einstellen müssen.

Erstes UBS Vorsorge Forum: Debatte um die Generationengerechtigkeit und die Zukunft der Altersvorsorge in der Schweiz
Ein hochkarätiges Panel von Vorsorge-Experten diskutierte am Donenrstag beim UBS Vorsorge Forum, was die deutliche Mehrbelastung der jungen Generationen und die fehlende Nachhaltigkeit im Vorsorgesystem für die Zukunft der Altersvorsorge in der Schweiz bedeutet. Teilnehmer der Diskussion sind die Professoren Bernd Raffelhüschen und Peter Gross, Jérôme Cosandey von Avenir Suisse sowie Daniel Kalt, Veronica Weisser und Andreas Schlatter von UBS.  (UBS/mc/ps)

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