Artur P. Schmidt: Near Field Communication

Artur P. Schmidt: Near Field Communication

Von Artur P. Schmidt

Was verbirgt sich hinter NFC?
Near Field Communication (im deutschen „Nahfeldkommunikation“, Abkürzung NFC), ist ein internationaler Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten per Funktechnik über kurze Distanzen von wenigen Zentimetern bei einer Datenübertragungsrate von maximal 424 kBit/s. Die Lösung, die bisher für Micropayment zum Einsatz kommt, hat das Potential zahlreiche neue Anwendungen hervorzubringen, die das Bezahlwesen revolutionieren können. Die Übertragung erfolgt entweder verbindungslos (mit passiven HF-RFID) oder mit Verbindung zwischen gleichwertigen aktiven Transmittern. Im Gegensatz zur verbindungslosen Nutzung ist die Lösung mit Verbindung bei Bezahlvorgängen sicher. Die ersten Entwürfe für eine Norm wurden 2002 gemeinsam von NXP Semiconductors (ehemals Philips) und Sony veröffentlicht. NFC ermöglicht den Austausch unterschiedlichster Daten, wie z. B. Telefonnummern, Bilder, MP3-Dateien oder digitale Berechtigungen zwischen zwei kurzzeitig ohne besondere Anmeldung gepaarten Geräten, die nicht allzu weit voneinander entfernt sind. NFC kann hierbei mit aktiven Geräten im Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs (z.B. Google Wallet), bei papierlosen Eintrittskarten, Reisetickets, im Online-Streaming oder bei Zugangskontrollen eingesetzt werden.

Die Nachfrage steigt
NFC erobert mittlerweile die Weltmärkte. Sogar die sonst eher zurückhaltenden Banken fokussieren sich zunehmend auf die neue Technologie. Da Google für das Betriebssystem Android NFC-Unterstützung bietet sowie Samsung für das Bada-System, dürfte die Verbreitung in den kommenden Jahren stark zunehmen.  Wegen der extrem kurzen Reichweite ist NFC keine Konkurrenz zu Bluetooth oder Wireless LAN, jedoch kann es dort eingesetzt werden, wo zwei Geräte kryptografisch gesichert miteinander kommunizieren wie z.B. bei einer Bezahl-Anwendung. Die Firmen NXP Semiconductors, Sony und Nokia haben 2004 gemeinsam das NFC-Forum gegründet, welches die Implementierung, Standardisierung und Kompatibilität der NFC-Technik vorantreiben soll. Seit August 2012 sind alle neuen EC-Karten (Girokarten) des Sparkassenverbands und der Genossenschaften mit NFC-fähigen Chips ausgerüstet. Mittlerweile führen MasterCard (PayPass), Visa (PayWave) und weitere Zahlkartenorganisationen neue Karten mit einem NFC-Chips ein, um auch in diesem Wachstumsmarkt präsent zu sein. Wurden 2012 zwischen 110 und 115 Millionen NFC-fähige Handys verkauft, wird für 2013 eine Absatzzahl von 285 Millionen Handsets mit NFC erwartet. Es dürfte wohl nicht mehr lang dauern, bis sich auch Apple dem neuen Trend anschliessen muss. NFC ist insbesondere für neue Business-Modelle im B2B- und B2C-Umfeld interessant. Selbst in Headsets, Lautsprechern, Mäusen, Monitoren und WLAN-Access-Points wird die Technik mittlerweile integriert. Unter dem Slogan «Tap to share» sollen Anwender ihre Geräte auf einfache Weise koppeln können. Mit Tap to share können die Anwender schnell auf Netzwerke zugreifen, ohne lange und schwer zu merkende WLAN-Schlüssel eingeben zu müssen. In einem Hotel muss der Kunde nur noch sein Endgerät gegen einen NFC-Tag halten und er ist vollautomatisch mit dem WLAN verbunden. Wegen der geringen Reichweite von NFC hat dies zudem den Vorteil, dass es nicht ohne weiteres aus der Ferne angegriffen werden kann.

Neue Anwendungen
Neue Einsatzfelder für NFC sind Mobile Payment, Ticketing oder Zugangskontrollen. Auch im Austausch von Bitcoins könnte NFC neue Massstäbe setzen und so die Umlaufgeschwindigkeit dieser neuen Währung steigern. Eine Aktie steht aktuell im Mittelpunkt dieser Entwicklung. Für David Gardner von Motley Fools ist sie sogar der Rulebreaker, der die gleich Bedeutung erlangen könnte wie seinerseits Intel für die PC-Industrie. Die Aktie ist NXP Semiconductor (Nasdaq: NXPI), eine holländische Chipfirma. Heute hält NXP, die in mehr als 25 Ländern vertreten ist, mehr als 14,000 Patente und beschäftigt mehr als 28,000 Personen. Die Aktie, die wegen Apples Verweigerungshaltung zu NFC nach unten gepushed wurde, könnte geradezu im Preis explodieren, wenn Apple seine Haltung zu NFC verändert. Zwar wird NXPI vom US Unternehmen Broadcom, dem schweizerischen Unternehmen STMicroelectronics und dem japanischen Unternehmen Renesas herausgefordert, jedoch ist das Unternehmen mit seinem Marktanteil von 70 % in einer exzellenten Ausgangsposition um vom anhaltenden Boom in NFC Chips zu profitieren. Die Entwicklung, dass immer mehr Chips an immer mehr Stellen eingesetzt werden, spielt NXP Semiconductors in die Hände. Das Wachstumspotential ist riesig, auch für kleinere Firmen wie Invensense oder On Track Innovation. Kein Wunder, dass zahlreiche Analysten NXPI jetzt schon als das aussichtsreichste Investment für das Jahr 2014 proklamieren. Aber auch das japanische Unternehmen Renesas Electronics ist sehr innovativ. So liefert Renesas die erste drahtlose NFC-Ladelösung der Branche, die Datenübertragung und Leistungsaufnahme über eine einzige Antenne ermöglicht. Das drahtlose Near Field Communication Ladesystem von Renesas benötigt kein Stromkabel mehr für den Ladevorgang. Die drahtlose Ladetechnik wird vor allem bei Smartphones immer beliebter. Die drahtlose Renesas NFC-Ladetechnologie vergrössert hierbei den Ladebereich auf ca. 10 cm.

Was macht Apple?
Die Zukunft wird zeigen, wer den Markt beherrschen wird. Der Kampf zwischen Broadcom und NXP Semiconductors wird jedenfalls heiss werden, jedoch wird dies dem Wachstumspotential des Marktes keinen Abbruch tun. Immer wieder kommt das Gerücht auf, dass das iPhone 6 mit NFC-Technik ausgestattet sein wird. Derjenige, der den Auftrag von Apple erhält, wird davon massiv profitieren, deshalb macht es Sinn in die beiden Innovationsführer NXPI und BRCM zu investieren. Aktuell scheint es eher unwahrscheinlich, dass Apple eine andere Firma für die Chips auswählen wird, aber wer weiss, Apple hat den Markt auch schon oft überrascht und zieht vielleicht ein anderes Ass aus dem Ärmel. In den USA gibt es auch das kleine Unternehmen On Track Innovation (OTIV), das eine führende Stellung im Bereich NFC-Technologie, unter anderem bei kontaktlosen SMART Cards für den Landesschutz, elektronische Pässe, nationale Identitätskarten, Ölzahlungen und bei anderen Anwendungen einnimmt. Bisher hat OTI Lösungen für mehr als 20 Millionen Karten und 130.000 Lesegeräte geliefert. Das neue NFC Produkt von OTI für Mobilgeräte heisst COPNI (Contactless Payment and NFC Insert). Mobilgeräten, die an eine bestehende SIM Karte gekoppelt sind, erlaubt COPNI elektronische Bezahlungen. Es sind diese elektronischen Geldbörsen, die das Wachstum des Unternehmens weiter beschleunigen können, insbesondere wenn ein Unternehmen wie Apple auf  Lösungen von OTI setzen würde.

Marktausblick
Near Field Communication (NFC) wird viele Produkte (NFC Chip, Micro SD Card, Integrated SIM, Reader & Middleware) und Anwendungen (Mobile Payment, Ticketing, Buchungen, Zugangskontrolle, Data Sharing, Infotainment, Werbung) revolutionieren. Während 2011 erst 5 % aller Mobiltelefone mit NFC ausgestattet waren, wird diese Zahl bis 2016 auf etwa 46 % ansteigen. Damit ist ein exponentielles Wachstum in den nächsten Jahren vorprogrammiert. Insbesondere in Asien wird es sehr hohe Wachstumsraten geben, gehören doch Länder wie Japan, China und Süd-Korea zu den frühsten Anwendern dieser Technologie. Der Markt für NFC-Anwendungen dürfte von etwa 8 Milliarden USD im Jahr 2011 auf etwa 35 Milliarden USD im Jahr 2016 ansteigen. Hierbei dürfte der Bereich der mobilen Bezahlungen das interessanteste Marktsegment sein. Besonders interessant werden auch die Marktsegmente des Ticketing und der Zugangskontrolle sein. Die Zukunft wird entscheiden, wer die meisten Marktanteile bei NFC gewinnen wird, am besten positioniert dürften die drei Unternehmen NXP Semiconductors (Niederlande), Broadcom (U.S.) und Renesas (Japan) sein. Aber auch kleinere Unternehmen können das grosse Los ziehen, sollte sich Apple für keinen der grossen Anbieter entscheiden. Es ist kaum anzunehmen, dass Apple beim iPhone 6, welches frühestens im Juli nächsten Jahres herauskommen wird, nochmals auf die NFC Technologie verzichten wird. Immerhin weisen Patente von Apple auf ein iWallet-System hin, das die Vorteile der NFC-Technologie nutzen kann.

Über Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit  der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag erschienen ist, heisst  «Unter Bankstern».
Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com, www.wallstreetcockpit.com und thenavigator.mobi sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH. Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.

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