Eurozone: Inflation schwächt sich überraschend ab
EZB–Präsident Mario Draghi. (Bild: EZB)
Luxemburg – Der überraschend schwache Preisauftrieb im Euroraum könnte die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer abermaligen Lockerung ihrer Geldpolitik zwingen. Nach Zahlen des europäischen Statistikamts Eurostat vom Freitag sank die Inflationsrate im Januar von 0,8 Prozent im Dezember auf 0,7 Prozent. Der Rückgang kam überraschend, Bankvolkswirte hatten mit einem Anstieg auf 0,9 Prozent gerechnet.
Die Inflationsrate entfernt sich damit erneut vom Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese strebt mittelfristig eine deutlich höhere Rate von knapp zwei Prozent an, weil sie diese als Garant für stabile Preise ansieht. EZB-Chef Mario Draghi hatte deswegen nach der jüngsten Ratssitzung Anfang Januar klargestellt, dass die Notenbank im Falle eines sich verschlechternden Inflationsausblicks handeln werde. Draghi unterstrich, die EZB müsse ihr Ziel stabiler Preise in beide Richtungen verteidigen – also sowohl nach oben wie nach unten.
Wie reagiert die EZB
Ausschlaggebend für die schwächere Inflation sind den Daten zufolge vor allem rückläufige Energiepreise. Verglichen mit einem Jahr zuvor lagen sie im Januar 1,2 Prozent tiefer. Zudem schwächte sich der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln leicht ab. Ohne Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak zog die Inflation indes leicht an. Diese sogenannte Kernrate stieg von dem im Dezember erreichten Rekordtief um 0,1 Punkte auf 0,8 Prozent.
Wie die Notenbank auf die rückläufige Inflation reagieren könnte, gilt als ungewiss. Beobachter nennen mehrere Möglichkeiten, diese reichen von einer zusätzlichen Zinssenkung über weitere langfristige Geldspritzen für die Banken bis hin zu breitangelegten Wertpapierkäufen im Stil der US-Notenbank Fed. Allerdings gilt der politische Widerstand gegen eine derartige quantitative Lockerung als hoch,vor allem in Deutschland.
Schwache Geld- und Kreditentwicklung
Die EZB ist gegenwärtig zwar der Meinung, dass die Preisrisiken per Saldo ausgewogen sind – also weder nennenswerte Inflation noch Deflation drohe. Allerdings sieht sie auch Gefahren, insbesondere in der schwachen Wirtschaftsentwicklung und dem entsprechend schwachen Wachstum der Geld- und Kreditaggregate. Dies bestätigten jüngste Zahlen vom Mittwoch: Das Geldmengenwachstum, das der Konjunktur zumeist vorausläuft, war im Dezember auf ein Dreijahrestief gefallen. Die Kreditvergabe der Banken an Verbraucher und Unternehmen ist so schwach wie nie zuvor.
Beobachter führen die Entwicklung zum einen auf die konjunkturell bedingt schwache Nachfrage nach Bankkrediten zurück. Als wichtiger Grund gilt aber auch die nach wie vor angespannte Lage im Bankensektor. Nicht zuletzt wegen des anstehenden Stresstests der EZB halten sich viele Banken mit der Kreditvergabe eher zurück. Zumal Kredite an Verbraucher und Unternehmen in angeschlagenen Euroländern als vergleichsweise riskant gelten.
Volkswirte der Commerzbank sehen darin einen entscheidenden Grund, warum die Kreditzinsen in südeuropäischen Ländern wie Italien oder Spanien immer noch deutlich höher liegen als etwa in Deutschland oder Frankreich. Dies lastet insbesondere auf kleinen und mittelgrossen Unternehmen, denen der Zugang zu alternativen Kreditquellen wie der Ausgabe von Anleihen meist verschlossen bleibt. (awp/mc/ps)
Arbeitslosenquote niedriger als erwartet
Derweil ist Arbeitslosenquote in der Eurozone niedriger als gedacht. Laut Zahlen des europäischen Statistikamts Eurostat vom Freitag lag die Quote im Dezember unverändert bei 12,0 Prozent. Ökonomen hatten mit 12,1 Prozent gerechnet. Diesen Rekordwert hatte Eurostat zunächst für den Vormonat ermittelt. Nachdem die Statistiker noch einmal nachgerechnet hatten, korrigierten sie ihre Schätzung für den November nun allerdings auf 12,0 Prozent nach unten. Grund war wohl vor allem eine drastische Revision der Zahlen aus Spanien.
Die niedrigsten Arbeitslosenquoten unter den Euroländern weisen laut Eurostat Österreich mit 4,9 Prozent und Deutschland mit 5,1 Prozent sowie Luxemburg mit 6,2 Prozent auf. Die höchsten Quoten meldeten Griechenland mit 27,8 Prozent (Oktober 2013) und Spanien mit 25,8 Prozent. Die absolute Zahl der Arbeitslosen im Euroraum schätzt Eurostat für den Dezember auf 19,010 Millionen. Das sind 129 000 weniger als im November. Im Vergleich zum Vorjahr wurde jedoch ein Anstieg um 130 000 verzeichnet. (awp/mc/ps)