Julius Bär sieht wirtschaftlichen Wiederaufstieg des Westens

Julius Bär sieht wirtschaftlichen Wiederaufstieg des Westens

Janwillem Acket, Chefökonom der Bank Julius Bär. (Foto: Julius Bär)

Zürich – Die klassischen Industrieländer kommen wieder in Schwung. Gemäss der Bank Julius Bär erlangen derzeit traditionelle Wachstumslokomotiven wie die USA, Deutschland oder Japan wieder mehr Bedeutung in der Weltwirtschaft. Die Schwellenländer beginnen dagegen zum Teil «zu husten».

«Wir können von den entwickelten Ländern etwas mehr Tempo erwarten», sagte der Chefökonom der Vermögensverwaltungsbank, Janwillem Acket, am Mittwoch in Zürich bei der Vorstellung eines Finanzmarktausblicks. Ein wichtiger Grund dafür sei die Politik des billigen Geldes, welche die Notenbanken mit ihren Zinsen nahe Null verfolgen, um die Wirtschaft auf Trab zu bringen.

Wirtschaftswachstum von 2 % im kommenden Jahr möglich
Auch die Schweizerische Nationalbank hält die Zinsen tief. Die Schweiz sei allerdings auch dank der robusten Wirtschaft, wo die Maschinenbau-, Elektro und Metallindustrie deutlich steigende Auftragseingänge verzeichne und der Export an Fahrt gewinne, in der absoluten Spitzengruppe der Wachstumsländer. Ein Wirtschaftswachstum über 2% liegt im nächsten Jahr laut Julius Bär drin.

Frankreich und Italien als Sorgenkinder
Im Aufschwung sieht Julius Bär auch Grossbritannien. Am meisten Sorgen macht sich Acket aber um zwei andere alte Industriemächte: Frankreich und Italien. Die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit und das sich radikalisierende politische Klima liessen vor allem Frankreich zum grössten Unsicherheitsfaktor in der Eurozone werden.

Wettbewerbsfähigkeit steigt
Die Länder der Einheitswährung befinden sich in den Betrachtungen der Bank zwar noch an einer kritischen Stelle der Entwicklung, doch sieht Acket Besserung in den Problemstaaten: «Die klassischen Krisenländer sind gar nicht so schlecht unterwegs», sagte er. Die Lohnstückkosten in Spanien, Irland, Portugal und gar Griechenland näherten sich dem Niveau Deutschlands an, wobei gerade Deutschland Abstriche bei der Wettbewerbsfähigkeit drohte: Eine künftige Regierung würde mit einen flächendeckenden Mindestlohn die Lohnkosten erhöhen und das Land weniger konkurrenzfähig machen.

Etwa in Spanien, das jüngst aus der Rezession herauskam, habe der Privatsektor die Zeichen der Zeit erkannt und sei wettbewerbsfähiger geworden, sagte Acket. Einen Weckruf bräuchte namentlich auch Frankreich, das sich sonst von der Entwicklung abkoppeln könnte.

Geldschleusen werden enger
Von den grossen Schwellenländern kommt nur China in die Gänge. Brasilien, Russland und Indien erleben eine Abkühlung. Während die Notenbanken der Eurozone, Japans, Grossbritanniens und der Schweiz die Zinsen auch 2014 rekordtief halten dürften, mussten etwa die Währungshüter in Indien, Brasilien und Indonesien schon jetzt wegen schwächelnder Währung und Inflation die Zinsen anheben.

Die Wachstumsdifferenz zwischen alten und neuen Volkswirtschaften verkleinert sich stetig, wie Julius-Bär-Chefstratege Christian Gattiker sagte. Betrug diese 2007/2008 noch etwa 7 Prozentpunkte, liegt sie derzeit bei etwa drei Punkten.

Bei Julius Bär ist man indessen überzeugt, dass die Notenbank ihre sperrangelweit geöffneten Geldschleusen bald enger ziehen wird. Massgeblich könnte die amerikanische Federal Reserve (Fed) ihre Anleihenkäufe beenden, wenn die Arbeitslosigkeit auf unter 7% sinkt. Schon die Diskussion um ein Ende des so genannten Quantitative Easing habe die Renditen US-amerikanischer Regierungsobligationen anziehen lassen, sagte Janwillem Acket. Eine erste Zinserhöhung der Fed könnte Ende 2015 oder Anfang 2016 erfolgen, eine Arbeitslosenquote von 6,5% vorausgesetzt. (awp/mc/pg)

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