EU-Schluss: Verluste nach starkem Auftrieb durch EZB-Zinssenkung
London – Die wichtigsten Aktienmärkte in Europa sind nach einem starken Höhenflug in Folge der EZB-Leitzinssenkung wieder ins Minus abgerutscht. Kurzzeitig war der EuroStoxx 50 am Donnerstag nach der überraschenden Massnahme der Europäischen Zentralbank gar auf ein 5-Jahres-Hoch bei 3.106,64 Punkten gesprungen – im weiteren Verlauf gab er seine Gewinne aber wieder komplett ab.
Der Eurozonen-Leitindex schloss 0,44 Prozent niedriger bei 3.042,98 Punkten. In Paris war das Minus im Cac 40 mit 0,14 Prozent auf 4.280,99 Punkte geringer, in London hingegen verlor der FTSE 100 noch stärker um 0,66 Prozent bis auf 6.697,22 Punkte.
Nach der ersten Euphorie um die Zinssenkung hätten die Überlegungen zu den Beweggründen der EZB eingesetzt, sagte ein Portfoliomanager In Düsseldorf. Eine lange Phase niedriger Zinsen bedeute auch einen langen Zeitraum mit sehr schwachem Wachstum in der Eurozone, sagte er. Die meisten Händler seien durch die Entscheidung zudem auf dem falschen Fuss erwischt worden, sagte Händler Nick Dale-Lace vom Broker CMC Markets. Zudem hatten die US-Börsen nach starkem Start deutlich nachgegeben, was zusätzlich etwas belastete. Die EZB hatte ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf das Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt. Die Notenbank will mit der Niedrigzinspolitik die zu geringe Inflation bekämpfen. In der Eurozone war die Inflationsrate im Oktober mit 0,7 Prozent auf den niedrigsten Stand seit fast vier Jahren gefallen.
Im europäischen Sektorvergleich kamen am Donnerstag Autowerte voll auf Touren: Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Automobiles & Parts gewann 1,51 Prozent. Positiv aufgenommene Zahlen des deutschen Zulieferers Continental trieben die Titel mit plus 6,77 Prozent an. Dagegen büsste der Index für die Bau- und Baustoffunternehmen nach einem enttäuschenden Ausblick von HeidelbergCement fast am Ende der Branchenübersicht 0,88 Prozent ein. Die Papiere des Zementkonzerns gaben um 3,79 Prozent nach.
Siemens gewannen nach Quartalszahlen und wegen der Auflage eines Aktienrückkauf-Programms 3,38 Prozent. Damit setzten sich die Aktien des Elektrokonzerns an die EuroStoxx-Spitze. Einen Kurssprung von 3,85 Prozent legten ArcelorMittal hin – hier half wohl die Einschätzung des Stahlkonzerns, dass die Talsohle trotz weiter roter Zahlen durchschritten sei.
Societe Generale gewannen 2,90 Prozent. Die französische Grossbank hatte im dritten Quartal trotz der schwierigen Bedingungen für die Branche erneut zugelegt. Die Papiere des Konkurrenten Credit Agricole, der von einer Erholung des heimischen Privatkundengeschäfts und niedrigeren Kosten berichtet hatte, stiegen mit 4,03 Prozent noch etwas stärker.
Bei Swiss Re stand ein Kursplus von 1,94 Prozent zu Buche, nachdem der Rückversicherer trotz immenser Hagelschäden mehr verdient hatte als erwartet. Dagegen verloren Generali-Aktien 2,66 Prozent. Der italienische Versicherer sieht sich indes trotz teurer Naturkatastrophen im Sommer auf Kurs. Der spanische Ölkonzern Repsol musste einen unerwartet deutlichen Gewinnrückgang verkraften, was die Aktien um 3,03 Prozent ins Minus drückte. (awp/mc/upd/ps)